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Full text of "Deutsche Handschriften aus dem Britischen Museum"

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in  2010  with  funding  from 

University  of  Toronto 


littp://www.arcliive.org/details/deutsclieliandschOObaec 


Beechtold, 

Deutsche  Haiidscliriften. 


l^nJ^clt^  |{miri$d(wlfeii 


aus  dem 


Britischen  Museum. 


In   A.uszüg'en 

herausgegeben 


r;; 


^A- 


Dr.  Jacob  Baechtold, 

Professor  der  deutschen  Sprache  und  Literatur  an  der  Kantonsschule  In  Solothurn, 


■^    ■-    ^- 


Schaffhausen 

Vex-lag    ^'on.    C.   33aaclei\ 

1873, 


Druck  von  J.  Westfehling  in  Winterthur. 


An 

ADELBEET  von  KELLER 


TTJBINGhEN 


und 


KONRAD  HOFMANN 


]vixjisroH:E]sr. 


I  n  li  a  1 1. 


I.  Karl  der  Grosse  und  die   schottischen  Heiligen 

1.  Die  Handschriften 

2.  Die  historische  Grundlage 

3.  Das  lateinische  Original 

4.  Die  deutsche  Uebersetzung 

5.  Die  spätere  Legende 
n.  Gedichte  des  XHI.  bis  XV.  Jahrh. 

III.  Mörin,  der  goldene  Tempel  etc.     . 

IV.  Von  den  edeln  Steinen       , 
V.  Schachzabel 


Seite. 

3 

45 

51 

56 

60 

61 

72 

147 

153 

167 


im  Mai  dieses  Jahres  führte  mich  ein  freund- 
Hches  Geschick  von  Paris  aus  nach  London,  wo  ich 
namentlich  eine  Handschrift  der  Harleianisclien  Samm- 
lung von  Williram's  Paraphrase  des  hohen  Liedes, 
von  deren  Existenz  Hoffmann  von  Fallersleben  mir 
gütige  Kunde  gegeben,  für  eine  neue  Ausgabe  zu 
vergleichen  hatte. 

Von  andern  deutschen  Handschriften,  die  mir 
während  meines  freilich  nur  kurzen  Aufenthaltes  im 
britischen  Museum  zu  Gesichte  gekommen  sind,  sei 
mh'  gestattet,  über  die  nachfolgenden,  so  viel  ich 
weiss  bisher  unbekannten,  Nachricht  zu  geben.  Viel- 
leicht dürfte  durch  diese  Auszüge  der  Wunsch  rege 
gemacht  werden,  die  eine  oder  andere  Handschrift 
vollständig  herauszugeben. 


I. 

Karl  der  Grosse  und  die  Scliottisclien 
Heiligen.') 

Harleian.  Manuscript  Ni'o.  3971.  Schöne  Perg.  Hs.  in  fol.  aus 
dem  XIV.  Jahrh.  Der  Titel  fehlt.  G6  Blätter,  daneben  sind  an  Anfang 
und  Ende  mehrere  leer  gelassen.  Jede  Seite  zweispaltig,  die  Spalte  zu 
37 — 38  Versen,  also  im  Ganzen  gegen  10,000  Verse. 

Auf  der  ersten  Seite  befindet  sich  das  Datum:  20.  die  mensis 
Januarii  A.  D.  1721/22. 

In  dem  folgenden  Auszug  gebe  ich  den  Anfang  vollständig:^) 


Vc 


on  alten  Zeiten  her  chomen  ist,  (Bl.  1) 

Als  man  ez  noch  geschriben  list, 

Daz  vier  erweite  stete  sint, 

Als  man  noch  di  warheit  vint, 
5.    Die  nieman  vndertaenich  schüln  wesen, 

Dann  Paebst  vnd  Kayser,  als  wir  lesen. 

Dev  erst  stat  Rom  ist  genant, 

Tuskan  haizzet  da  ir  laut 

Bei  dem  wazzer  Teyuers  genant, 
10.    Daz  in  dem  land  ist  wol  orkant. 

Triere  ist  dev  ander  stat 

In  lutring,  daz  wazzer  den  namen  hat 

Dev  Mosel  ist  ez  alda  genant 

Und  manigem  man  vil  wol  bekant. 
15.    Göln  dev  dritte  Stat  man  nennet, 


*)  »An  historical  poem  on  Charlemagne  and  the  Hibernian  Saints.» 
Der  Gatalog  datirt  die  Handschrift  irrig  aus  dem  XV.  Jahrh. 

^)  An  den  Texten  ist  Nichts  geändert,  als  einige  Schreibfehler 
stillschweigend  verbessert  und  die  Interpunktion  angebracht. 


Poy  Reyn  dem  wazzer  man  si  kennet. 
Regenspurch  dev  vierde  stat, 
Di  vil  groz  wirdichait  hat, 
In  Payrn  ist  si  wol  ain  chron, 
5.    Fei  der  Tvnaw  stet  sie  sclion; 
Daz  selbe  wazzer  vliezzent  gat 
In  daz  Mer,  vier  Porten  ez  hat. 
Als  hievor  geschriben  ist, 
Und  als  man  hernach  wol  list 

10.    Von  der  grozzen  wirdichait, 

Di  den  vier  steten  ist  aufgeleit; 
Rom  dev  stat  vnde  trier, 
Göln,  Regenspurch  di  stete  vier, 
Den  ist  mit  rehter  kür  gegeljen 

15.    Wie  si  mit  eren  schüln  leben, 
Und  wie  sie  gevreiet  sint, 
Als  manz  hernach  geschriben  vint. 


f 


ir  schüln  ze  disen  Zeiten  verdagen 
Rom,  Göln,  trier  vnde  sagen 

20.    Von  Regenspurch,  der  werden  Stat, 
Waz  dev  wird  vnd  ere  hat; 
Als  dev  schritt  beweisen  chan, 
Div  püch,  di  noch  geschriben  stan 
Von  alter  her,  der  siht  ez  wol, 

25.    Waz  reht  dev  stat  haben  schol. 
Flegenspurch  ist  si  genant, 
Und  ist  vil  weite  verr  erkannt 
Von  alter  her,  manige  iar, 
Daz  sag  ich  ev  für  gantze  war. 

30.    Dev  stat  was  mit  gevierten  stainen, 
Mit  vil  grozzen  vnd  niht  chlainen 
Umb  vnd  vmb  alunib  gegeben 
Ze  allen  selten,  schon  vnd  eben 
Mit  gezierd,  mit  vleiz,  darzü 


—     5     — 

Paide  spat  vncle  frü 

Was  ieder  man,  als  er  molite 

Von  zierd  gewandes  als  im  tohte. 

Si  vlizzen  sich  auch  starke  man 
5.    Ze  allen  zelten  daran: 

Si  waren  wol  pei  reichtiiom 

Und  darzü  mit  grozzem  rüm, 

Genüge  silber  vnde  golt 

Gaben  si  vil  grozzen  solt, 
10.    Als  ez  die  haiden  wolten  han 

Nach  iren  willen  frowen  vnd  man. 

Daz  waerte  vil  lang  also 

On  alle  mü  vnd  ane  dro 

Untz  an  künich  karls  zeit 
15.    Der  vertraip  si  dann  mit  grozcm  streit. 


l 


ler  künich  karl  ist  gewesen, 

Als  wir  vil  ofte  habn  gelesen 

Ains  römischen  küniges  herrn  Pypins  sim, 

Der  wart  dar  nach  so  frumcHch  tun, 
20.    Do  sein  vater  künch  pypin  starp, 

Sein  frümichait  aldo  erwarp, 

Daz  man  in  sa  ze  kunige  nam, 

Daz  im  auch  vil  wol  gezam. 

Er  Avas  ain  weiser  gut  rihter, 
25.    Der  witiben  vnd  waisen  schirmer, 

Darzü  gaistleich,  läutgemayn; 

Den  cristen  er  ze  helf  erschayn. 

Bei  des  hcrren  selichait 

Meret  sich  dev  cristenhait, 
30.    Allenthalben  in  dem  lande 

Wüchsen  cristen  ane  schände. 

Ze  denselben  zelten  daz  geschach, 

Daz  vnsers  herren  engel  sprach 

Zu  künch  karl  do  er  im  erscliain 


—     6     — 

In  (Iciu  slat'f,  da  er  lag  ain: 
»Künch  karl,  merk  waz  ich  dir  sag! 
Du  pist  gots  frevnt,  des  niht  verdag, 
Mich  hat  her  zu  dir  gesant 
5.    Got,  daz  ich  dir  tii  bekant 
Disov  wort,  als  ich  dir  sag, 
Di  merke  eben  vnd  darnach  jag, 
Daz  du  mit  reht  also  rihtest 
Und  mit  gotes  vorhte  pflihtest. 
10,    Dar  umbe  minnet  dich  got 

Und  wil  Sterken  mit  seim  gepot 
Dein  Reiche  vnd  deinen  gewalt 
Wider  den  vngelauben  manichualt. 
Di  noch  wider  di  cristen  lebent 
15.    Und  vil  ser  da  wider  strebent 
Ich  main  ivden,  ketzer,  hayden 
Gen  den  allen  dich  scholt  laiden, 
Darzü  hat  dich  got  erweit 
Vil  edeler  getrewer  helt, 
20.    Daz  du  daz  allez  widertreibest 
Und  di  cristenläute  weisest 
Wider  di  vngelauben  haydenschaft, 
Wann  vil  groze  ist  ir  craft. 
Vil  scle  du  erlösent  bist 
25.    Von  helle  weitze  dev  noch  ist. 
Mit  deinen  guten  werchen  bokant 
Gcsigt  dein  gewaltige  hant 
Wider  dein  veinde  allgeleich. 
Wann  ich  dir  von  himclreich 
30.    Bin  dir  gegeben  ze  hclffer 
Und  zu  ainem  schermer: 
Da  von  so  savme  dich  niht  nier 
Vnd  nim  zu  dir  dein  her  mit  wer 
Grauen,  freien,  dienestman. 


—     7     — 

So  du  sie  sterkesl  iiiügst  gehan 
Vnd  var  da  mit  durch  dev  lanl, 
Di  manigen  man  sint  vnbekant: 
Ceciliam  vnd  Galabriam, 
5.    Tuscan  vnd  ytaliam, 

Durch  die  alpen  in  Ahnaniam, 
Da  sitzent  haiden  fraissam. 
Bei  dem  wazzer  ist  Tunaw  genant 
Da  vindest  du  sa  zehant 

10,  Ain  Stat  mit  vierekke  stainen 
Mit  vil  grozzen  vnd  niht  clainen; 
Dar  inne  vindest  du  haiden, 
Di  sint  greuKch  vnbeschaiden, 
Starch  vnd  darzü  wol  gelert 

15.    Ze  vrleugen  vnd  zu  dem  swert, 
Ir  Warnung  ist  auch  vest  vnd  gut 
Vnd  ze  allen  zeiten  wol  behiit; 
Doch  mügent  si  dir  niht  vor  gcsein, 
Wann  ich  binz  der  gevertte  dein. 

20.    ijei  der  stat  gelegen  ist 

Ain  pühel  mit  gar  schön  genist, 
Dar  auf  plümen  vnde  cle 
Da  geschiht  den  hayden  von  dir  we. 
Der  pühel  ist  des  Siges  genant 

25.    Vnd  wird  vil  heilich  noch  bekant 
Mit  heiliger  manne  werch  vnd  tat, 
Als  ez  got  geordent  hat. 
Vnd  swenne  du  auch  chomest  dar, 
So  nim  vil  reht  eben  war, 

30.    Daz  du  mit  deinem  gezelde  da. 
Ligest  vnd  niendert  anderswa 
Vnd  scholt  auch  daz  gewis  han, 
Daz  dir  nihts  mag  Aviderstan. 


—     8     - 

Du  gewinnest  sig  vnd  rach  groz 
An  Gotes  veinden  der  eren  ploz.» 


D. 


)o  der  engcl  disev  wort  (Bl,  2.) 

Het  gesprochen  also  dort 
5.    Zu  künch  Karl  dem  rainen  man, 

Der  von  dem  slof  erwachte  san 

Vnd  gedacht  in  seins  hertzen  grünt 

Dev  selben  wort,  di  im  het  kunt 

Getan  der  engel,  als  hie  vor  stet. 
10.    Deheinen  zweifei  er  daran  het 

Vnd  gedahte  aber  wider  sich 

Vnd  sprach:  her  ich  pite  dich 

Durch  di  angest  vnd  die  not 

Vnd  durch  den  pitterleichen  tot, 
15.    Den  du  durch  mich  hast  erliten, 

Daz  du  wol  allez  best  verniiten, 

Wer  ez  dein  wille  gewesen. 

Als  wir  noch  hevte  hören  lesen, 

Daz  du  mich  der  vart  niht  wendest 
20.    Und  zu  den  hayden  sendest 

Mit  deiner  helffe  vnde  trost, 

Daz  wir  von  sunden  werden  erlost. 

Dos  morgens  er  ain  snelle  vart 

Zu  braht  vnd   niht  lange  gespart 
25.    Zu  dem  pabst  Gelestino  genant. 

Der  ain  heilig  cristen  was  erkant. 

Dem  sagt  er  von  wort  ze  worte, 

Daz  er  von  dem  engel  horte 

Vnd  bat  in  Rat  vnd  helff  darzü, 
30.    Darvmb  er  im  sjiat  vnde  frii 

Wolte  dienen  naht  vnd  tach. 

Als  verr  sein  dienst  geziehe)!  mach. 


D 


er  pabst  mit  trewen  antwürte  do; 


—     9     — 

»Mein  liebster  sun !  mein  Rat  ist  so, 

Daz  du  nach  gots  gepote  lebst 

Vncl  darwider  niht  enstrebst. 

Als  dir  der  engel  hat  kunt  getan, 
5.    Des  scholt  du  wesen  vndertan, 

Darzu  gib  ich  dir  meinen  segen. 

Der  schol  dein  ewicleichen  pflegen. 

Mein  pot  appollinus  genant, 

Ain  heilich  weiser  man  bekant, 
10.    Der  schol  dein  gelaite  sein 

In  gantzen  trewen  reht  als  mein, 

Daz  du  volpringest  disev  tat, 

Div  dir  got  selb  geboten  hat.« 

Do  der  pabst  im  also  riet, 
15.    Künch  karl  hin  wider  haim  schiet, 

Ain  vrlaup  er  von  dem  pabstc  nam. 

Als  seinen  eren  wol  gezam. 

Und  do  künch  karl  haim  gerait 

Der  edel  herr  gar  vnuerzait, 
20.    Zehant  sein  poten  er  avz  sande 

Mit  briefen  in  di  lande 

Und  enpot  dar  an  den  seinen 

Hertzogen,  fursten,  grauen,  ft-eien, 

Daz  sie  zu  im  schölten  chomen, 
25.    Des  müstens  ymmer  nemen  fromen 

Und  allen  seinen  Ratgeben, 

Daz  sie  im  auch  rieten  eben 

Umb  semleich  sache  auf  ain  frist, 

Daz  mir  hainlich  geoffent  ist. 
30.    Kurtzleich  sein  Rat  zesampn  wart  praht 

Zu  im  auf  ainen  tag  vnd  naht. 

Den  er  allen  chvnt  da  tet. 

Wie  der  engel  geredet  het. 

Als  hie  vor  geschriben  ist. 


—      10     — 

Daz  gepol  im  iesus  crisl. 
Fürsten,  graven,  freien,  her 
Di  weisten  mit  ir  witzc  1er 
Antwürten  im  der  rede  geleich 
5.    Mit  verdahten  müt  gemainleich 
Alle  auz  ainem  mvnde 
Mit  willen  da  ze  stunde. 
Und  sprachen  zu  dem  .kayser  do, 
Daz  si  wern  gewis  vnd  fro, 

10.    Guts  gelükkes  vnd  der  milte, 
Dev  in  von  im  nie  bevilte 
Vnd  der  waren  engeis  tete, 
Daz  got  erbärmicleichen  hete 
Ainem  tötleichen  menschen  gesendet 

15.    Saemlichez  zaichen,  an  in  wendet 
Sein  engellische  potschaft 
Von  der  hohen  gotes  craft, 
Darvmb,  herr  künch  karl  reich, 
Gehaizzen  wir  ev  all  gcleich 

20.    Vnd  setzen  got  ze  pfände 

Vnd  ewr  wirdichait  ze  hande, 
Vns  selben,  daz  vns  niht  geschiht, 
Seit  got  hat  mit  vns  allen  pfliht 
Von  so  milter  angevangner  vart. 

25.    Leib  vnd  gut  wirt  niht  gespart, 
E  wir  werden  überwunden, 
Vns  müst  geschehen  groze  wunden. 
Wir  müzzen  gesigen  oder  verderben 
Oder  wir  müzzen  alle  sterben 

30.    Mit  ev,  swaz  ir  greiffet  an 

Daz  welle  Avir  ev  sein  vndertan. 

Uo  der  künich  karl  also 
Ir  aller  antwürt  horte  do. 
Des  frewet  er  sich  innecleiche 


—    11    — 

Vnd  was  von  hertzen  freudenreiche 

Vnd  lobte  Got  seiner  genaden 

Di  er  auf  in  het  geladen; 

Zehant  ruft  er  den  kamerern 
5.    Vnd  sprach:  ich  wil  niht  empern 

Ain  grozze  vart  volpringen, 

Dar  an  mir  schol  gelingen. 

Ir   schult  palde  gahen, 

Ere  vnd  selichait  wil  vns  nahen. 
10.    Eylt  vnd  pringt  vil  drate 

Avz  der  grozen  kemenate 

Silber,  golt,  claynöd  darzü, 

Daz  wil  ich  geben  spat  vnd  frü 

Den  fürsten,  die  ez  dienen  wellen 
15.    Vnd  auch  andern  guten  gesellen, 

Er  wer  junch,  stark  oder  alt. 

Di  waren  zu  der  rayse  palt, 

Swi  di  all  genennet  sint, 

Die  verwagen  sich  weib  vnde  kint 
20.    Vnd  gelobten  trew  vnde  stet. 

Als  er  si  gepaeten  het. 

Darzü  gab  er  in  harnasch  gut 

Jedem  man  nach  seinem  müt, 

Als  vil  als  er  sein  wolde 
25.    Nach  kay serlichem  solde  ; 

Halsperch  vnd  ander  claynot 

Mit  seiner  haut  er  inz  pot, 

Darzü  verdachte  rösser  gut, 

Dev  vil  stark  waren  vnd  früt; 
30.    Darzü  liez  er  niht  vnderwegen 

Er  tet,  als  noch  manige  pflegen 

Vnd  hiez  beraiten  manich  guten  wagen, 

Di  ir  speise  scholden  tragen 

über  lande  auf  dev  vart. 
35.    Also  ez  schon  geschikket  wart. 


-      12 


De 


)er  küiiicli  vesticleich  gcpot 
Ernstleich  on  allen  spot 
Ain  gemezzcn  tac  nach  sclis  Avochen, 
Daz  scholt  beleihen  vnzcrprochen, 
5.    Daz  si  sich  beraitcn  scholden 
Allcz,  des  si  haben  Avolden 
Auf  der  erd  vnd  auf  dem  mer, 
Mit  allem  irem  her 
Ze  anvehten  Geciliam  vnd  Appulliam 
10.    Vnd  darzü  Calabriam, 
Tuscan  vnd  ytaliam, 
Als  er  von  dem  engel  vernam. 


% 


lach  der  vorbenanten   frist, 

Als  hie  vor  gesprochen  ist 
15.    Der  künich  hiez  beraiten  vnd  machen 

Ain  wirthschaft  mit  frolichen  Sachen 

Allen  edeln  vnd  seinem  rat 

In  kayserlicher  pfalntz  vil  drat. 

Do  dev  wirthschaft  vergangen  was         (Bl.  3) 
20.    Vnd  dev  zeit,  als  man  hie  las, 

Da  hiez  der  künich  vil  drate 

Besampnen  frü  vnd  spate 

Die  gewaltigsten  vnter  lierren, 

Si  sein  nahen  oder  verre, 
25.    Daz  sie  des  heres  nemen  war. 

Sunder  iegleicher  seine  schar 

Schol  mit  vleiz  behüten 

Mit  allerhande  guten. 


l 


laz  her  wart  groz,  stark,  vngezalt 
30.    Mit  ainen  müt  vnd  mit  gewalt 
Sic  auf  daz  velt  da  quamen. 
Tn  gotes  namen  amen. 


—     13     — 

Karl  eröffnet  den  Feldzug  mit  einem  Kampf  gegen  die 
Heiden  in  der  Lombardei ,  diese  rüsten  sich  und  sind  ent- 
schlossen, sich  und  ihr  Land  mit  wehrhafter  Hand  zu  be- 
schützen 

Mit  doners  geleichen  stralen 

Wider  den  künich  karlen. 

Karl  erscheint  wiederum  Gottes  Engel  im  Traum  und 
verspricht  ihm,  dass  die  Feinde  in  seine  Hand  gegeben  wer- 
den. Die  Schlacht  dauert  lange,  erst  am  achten  Tage  werden 
die  Heiden  sieglos.  Sie  werden  getauft  und  glauben  nun 
fürder  an  Christum: 

Und  also  alles  volch  des  landes 
Schämten  sich  des  alten  gewandes. 

Karl  schreibt  einen  Hoftag  in  Italien  aus,  stiftet  Bis- 
thümer  und  Abteien,  erwählt  Bischöfe  und  Aebte,  lässt  Kirchen 
und  Gapellen  bauen  und  überall  die  neue  Lehre  predigen.  — 
Nun  beeilt  sich  Karl  nach  Alemannien  zu  kommen  und  zieht 
auf  Anrathen  seiner  Herzoge  über  den  Berg  »Ganales«  und 
über  »Friola«  nach  Baiern. 

Dev  rays  niht  lenger  wart  gespart,  (Bl.   6) 

Daz  sie  chomen  auf  die  vart 

Und  auf  des  landes  strazzen, 

Dar  inne  di  haiden  sazzen, 

Da  hin  in  vor  was  gezaiget. 

Ir  vart  aldar  wart  genaiget. 

Dar  sie  funden  ainen  grünen  walt 

Schön  vnd  eben  gar  wol  gestalt, 

Der  zwischen  zwain  wazzern  was  gelegen, 

Der  heilig  engel  müz  ir  pflegen! 

Daz  ain  wazzer  ist  saltza  genant, 

Daz  ander  yn  ist  wol  erkant. 

Den  walt  zehant  si  slügen  ab, 

iVIanich  starker  frvmer  knab 


-     14     — 

Maclil  gar  eben  vnd  weil  alda 
Von  aligoliawen  pawiiien  sa 
Sie  machten  weite  vnd  prait 
Alvnib  vnd  vmb  on  allez  lait. 
Jedem  fürsten  wart  genomen 
Ain  weite,  darein  er  scholt  komen. 
Darnach  vnd  iedeni  man  gezani, 
Also  man  im  di  weite  nam 
Vnd  iedem  fürsten  wart  erweit, 
Wa  er  scholt  haben  sein  gezelt 
Vnd  auch  dev  stat  darzü, 
Daran  er  mühte  haben  rü. 

Das  Heer  Karls  kommt  nach  der  Stadt  »Oedinge«,  la- 
teinisch »locus  desertus«.  Die  Bewohner  lassen  sich  taufen, 
und  Karl  errichtet  ihnen  Kirchen  und  ein  »wunderlich  gestift.« 
Nach  einem  Jahre  der  Rast  in  (Jdinge  wird  Karl  vom  Engel 
abermals  ermahnt,  weiter  zu  ziehen  nach  der  Stadt,  »mit 
vierekke  stainen«  an  der  Donau ,  er  werde  jene  nehmen 
gleich  dem  Manne  in  der  »alten  e«,  der  Jericho  erobert.  Der 
Engel  beschreibt  die  Gegend,  wo  das  Heer  lagern  soll: 

Auf  dem  puhel  Signuft  genant, 

Nahen  pei  der  stat  erkant 

Seht  ir  schir  ain  chrevtze  sten 

Daz  mag  ev  ze  gut  ergen.  (Bl.  8) 

An  der  selben  stat  alda 

Ilaizt  ewr  gezelt  aufslahen  sa.  — 

Der  König  bricht  auf  und 

Do  viertzehen  tag  vergangen  waren 
Des  kuniges  her  mit  den  scharen 
Ilüb  sich  von  ir  vesten  gut 
Sie  waren  türstich  vnd  wolgemvt. 
Mit  grozzer  sterche  man  sie  sach, 
Vil  manich  herhorn  lavt  da  sprach, 


-     15     — 

Darzü  liort  man  iiianigen  schal 

In  dem  her  reht  überal, 

Vnd  auch  manigen  süzzen  dank, 

Der  durch  ir  aller  oren  drank, 

Vnd  von  gesmeid  gar  wunnecleich 

Sah  man  da  gleizzen  kostperleich 

An  saeteln,  zevmen  vnd  an  schilten 

In  dem  her  künch  karl  des  milten, 

Darzü  stäup  von  erd  erwegt 

Vnd  hitze  von  rosse  mvnd  geregt 

Betrübten  gar  des  tages  liht 

Und  des  gestirnes  schön  gesiht. 
Das  Heer  nähert  sich  der  Donau  und  Karl  befiehlt  seinen 
Marschällen,  wohl  auf  das  von  dem  Engel  bezeichnete  Kreuz 
zu  achten.     Einer  ist  so  glücklich,  das  Zeichen  zu  finden: 

Ain  chrevtz  er  sach,   des  wart  er  vro. 

An  seinev  knie  viel  er  do 

Nider  auf  di  heihg  erde 

Vnd  pätt  daz  chrevtz    an  mit  begerde. 
Schnell   bringt   der  Marschall   dem   Könige   die  Kunde: 
dieser    zieht    mit    allem    Heere    hin    und  lässt  dort  auf  dem 
»pühel  des  sigs«  die  Zelte  aufschlagen.     Man  rüstet  zur  Be- 
lagerung.    Vorher  redet  Karl   zu  dem  Volke: 

Künch  Karl  stünt  auf  pei  dem  amt,        (Bl.  10) 

Do  sich  daz  volch  het  gesamt. 

Sein  antlütze  da  erschain 

Vor  dem  volche  lieht  vnd  rain. 

Als  ain  Morgenstern  sein  prehen 

Durch  den  nebel  sich  lat  sehen. 

Sein  stimme  wart   dem  doner  geleich; 

Sein  volch  er  flehte  vleizzicleich, 

Daz  ez  anpaet  got  den  guten, 

Der  mit  willen  vnd  mit  muten 

Gab  sich  durch  vns  in  den  tot 


—     IG     — 

Gar  für  alle  vnser  not, 
Daz  er  vns  geb  mäht  A^nde  craft 
Wider  di  vngelauben  haidenschaft. 
Karl  entsendet  Boten  in  die  Stadt  Regensburg,  um  die- 
selbe zur  Uebergabe  und  zur  Bekehrung  zum  Christenthum 
auffordern  zu  lassen.  Die  Heiden  weisen  dieses  Ansinnen 
trotzig  ab  und  lassen  dem  Könige  sagen ,  sie  würden  ihn, 
sobald  er  in  ihre  Gewalt  fiele,  an  zweier  Rosse  Zagel  binden 
und  in  Schande  verderben  lassen,  nicht  minder  müssten  alle 
seine  Fürsten  Kinder  des  Galgens  werden,  lieber  solche 
Rede  betrübt,  schneidet  Karl  der  Stadt  die  Zufuhr  an  Korn, 
Salz,  Holz,  Oel  und  Wein  ab.  Dieser  Zustand  dauert  ein 
volles  Jahr.  Eine  Hungersnoth  bricht  in  der  Stadt  aus  und 
die  Heiden,  die  von  der  Kälte  schrecklich  leiden,  werden  ver- 
zagt. Gottes  Engel  mahnt  Karl  endlich  zum  Sturme.  Mit 
Grimm  werden  die  Thore  erbrochen,  eine  Menge  Heiden 
niedergemacht,  andre  sofort  getauft  und  also  die  Stadt  ge- 
wonnen. Die  Christen  danken  Gott  und  ihr  König  baut  drei 
Kirchen  in  Regensburg:  eine  der  hl.  Trinität,  die  andre 
unsrer  1.  Frauen  und  die  dritte  Allen  Heiligen  zu  Ehren. 
Bischöfe  und  Pfaffen  werden  geweiht,  die  Stadt  neu  befestigt 
und  zur  freien  Stadt  erklärt  für  immer.  Darauf  verlässt  Karl 
Regensburg,  zieht  gen  »Swoben,«  das  ebenfalls  christianisirt 
wird. 

Darnach  fuhr  das  Heer  nach  Franken,  an  den  Rhein, 
gen  Brabant  und  in  die  Niederlande.  Der  Engel  verheisst 
neue  Siege,  fordert  Karl  auf,  hier  eine  Stadt  zu  gründen  und 
gibt  ihm  zugleich  Kunde  vom  Herannahen  der  hl.  Schotten 
aus  dem  fernen  Westen : 

Ain  heiligev  diet  vil  raine, 

Die  got  lieb  hat  gemaine 

Koiiit  mit  grozzen  vnresten 

Von   Osten  vnd  von  westen, 

Do  dev  werlt  ain  ende  hat 


—     17     — 

Vnd  der  erde  niht  mer  stat 
Vnd  dev  svnne  dem  tage   ende  gibt 
Ze  ybern  in  der  schotten  land  daz  geschiht. 
Diese    heilige    Schaar    habe  Freunde    und  Magen    ver- 
lassen und  folge,  durch  die  Welt  fahrend,  Christo  nach.    Von 
diesen  Männern  nun  solle  Karl  eine  wackere  Schaar  sammeln, 
auf  dass    durch   sie  alle   deutschen  Lande   geheiligt  würden. 
Er  solle  ihnen  in  der  Stadt  Regensburg  eine  Kirche  und  ein 
Kloster  bauen.     Karl  will  den  göttlichen  Befehl  befolgen  und 
gründet  vorerst  die  Stadt  Aachen.    Die  Gewaltigen  des  Landes 
unterwerfen  sich  und  werden  getauft. 

Zu  diesen  Zeiten  lebte  in  Hybernia  der  hl.  Patricius, 
der  dreissigtausend  seiner  Landsleute  bekehrte  und  mit  ihnen 
das  Land  von  bösem  Gewürm  befreite.  Viele  dieser  Neu- 
bekelirten  unternahmen  eine  Pilgerfahrt  nach  dem  hl.  Land 
und  kamen  von  Schottland,  Britania  und  England  über 
Flandern  nach  Deutschland  und  Italien,  wo  sie  überall  Wun- 
der thaten  und  Gottes  Lehre  verbreiteten.  So  kam  der  Bischof 
Mansuetus,  ein  bekehrter  hl.  Schotte  nach  Rom  und  wurde 
vom  Papst  zum  frommen  Werke  nach  Lothringen  und  Bur- 
gund  gesandt,  ebenso  der  hl.  Furseus,  der  nach  Frankreich 
ging,  und  bis  zur  Stadt  Parisius  die  neue  Lehre  trug.  Drei 
Bischöfe  der  Schotten,  Hildolf,  sein  Bruder  Erhart  und  Herr 
Albrecht,  die  auch  nach  Rom  pilgerten,  den  »antlaz«  zu 
empfahen,  nahmen  auf  päpstlichen  Befehl  ihren  Wohnsitz  in 
der  Stadt  »Treverin.« 

St.  Hildolf  wurde  dort  zum  Erzbischof  geweiht  nach 
»pfeif leicher  regel.«  Als  er  von  dem  Lichte  schied,  folgten 
ihm  sein  Bruder  Erhard  und  Herr  Albrecht  im  Amte  nach. 
Diese  nahmen  von  der  Gemeinde  Urlaub  und  zogen  nach 
Baiern,  nahmen  Herberge  zu  Niedermünster  in  Regensburg 
und  thaten  Zeichen  und  Wunder. 

Zu  eben  dieser  Zeit  kam  aus  Hybernien  St.  Kylian  mit 
zwei  Gesellen  Golonato   und   Totnato.      Nach   Sihotten  Sitte 


—     18     — 

wollten  sie  erst  gen  Rom  fahren ;  allein  in  Flandern  mahnte 
sie  ein  Engel,  durch  Alemannien  zu  ziehen.  Später  schickte 
der  Papst  den  hl.  Kylian  nach  Würzburg  in  Franken.  — 
Bischof  Vigilius  mit  sieben  andern  schottischen  Genossen 
wurde  von  göttlicher  Eingebung  durch  Kärnten  und  Steier- 
mark gewiesen,  in  Salzburg  Hess  er  sich  nieder  und  ver- 
waltete den  Bischofssitz.  Von  den  sieben  Gesellen  vertrieb 
sich  St.  Tullus  zu  Unmünster  löblich  die  Zeit ;  Herr  Declanus 
setzte  sich  mit  zweien  seiner  Landsleute  zu  Freisingen  nieder, 
zwei  blieben  in  Roet  und  St.  Alta  zu  Altenniünster.  —  Bald 
darauf  sah  man  abermals  eine  Schaar  guter  Männer  aus 
dem  Westen  kommen: 

Darnach  ze  kurtzer  zeit  geschach,  (Bl.  17) 

Daz  man  frolich  chomen  sach 

Manich  schar  guter  manne  vil, 

Als  ich  evch  beschaiden  wil. 

Sie  füren  von  ybernia 

In  pilgreins  weise  dort  vnd  da, 

Ze  Rome  wolten  sie  gaben 

Vnd  gütlichen  da  empfahen 

Von  gots  genad  paebstlichen  segen 

Darauf  sie  sich  heten  gewegen. 

Von  got  darvmb  in  wart  gegeben 

Ewig  frewd  vnd  ewig  leben. 

Der  aller  heiligiste  man 

Der  gute  herr  sand  Golumban, 

Der  sterchest  kempfe  bechant 

In  ytalia  dem  land  genant, 

Dar  braht  er  mit  im  in  der  schar. 

Der  man  wol  moht  nemen  war 

Sand  gallen  vnd  sand  mangen  di  claren 

Die  ein  lieht  seins  weges  waren, 

Florencium  vnd  maximianum 

Albortmii  vnd  colninbannin 


—     19     — 

Vnd  neemiam  vnd  fumianvm 

Vnd  darzü  auch  sanctinum. 
Ein  Bote  Gottes  redete  mit  Columban  im  Traume,  er 
solle  die  Gefährten  in  Alemannien  zurücklassen  und  mit  seinen 
Nächsten  über  die  Alpen  ziehen  nach  der  Stadt  Mediolanensis 
genannt.  Des  Morgens  versammelte  Columban  die  Brüder, 
eröffnete  ihnen  sein  nächthch  Gesicht,  vollzog  den  Befehl, 
indem  er  Abschied  nahm  und  sich  nach  Mailand  wandte: 

Da  schinen  sie  mit  lügenden  vil 

Vnd  mit  wundern  ane  zil. 

Da  emphiench  er  ein  selich  ende 

Gar  ane  alle  missewende. 
Seine  Gefährten  blieben  in  Deutschland :  St.  Gallus  mit 
grossen  Ehren  in  »Swobenland«,  St.  Florencius  zu  »Loers«, 
Maximianus  in  »Hersuelt«,  St.  Albertus  in  »Elwange«,  Fu- 
mianus  zu  »Auspurch«  und  St.  Mangus  zu  Kempten.  Ein 
weiteres  Schottenheer  unter  den  Bischöfen  Florentinus  und 
Ymarus  wurde  von  Gott  nach  Sachsen  gefühi"t  nach  der 
reichen  Stadt  »Gozlar«  und  nach  »Liuizeden«. 

Wir  kehren  wieder  zur  Erbauung  Aachens  zurück.  Es 
naht  der  Stadt  eine  hl.  Schottenschaar ,  auf  der  Romfahrt 
begriffen ,  und  Karl  schickt  Boten  ab ,  um  sie  in  die  Stadt 
einzuladen,  damit  er  ihnen  königliche  Gabe  reiche.  Die  Schotten 
antworten ,  sie  hätten  nichts  mit  dem  König  zu  schaffen, 
sondern  wollten  nur  Gott  unterthänig  sein ;  Karl  möge  seine 
Gabe  denen  geben,  die  mit  ihm  leben.  Da  eilt  Karl  mit  dem 
päpstlichen  Legaten  den  »sunderlingen«  selber  entgegen  und 
beschwört  sie,  durch  das  deutsche  Land  zu  ziehen,  wie  ihm  der 
Engel  aufgetragen  hatte.  Die  Schotten  bestehen  auf  ihrem  Plan 
nach  Rom  zum  Papste  zu  gehen,  bis  ihnen  der  Legat  erklärt,  er 
stehe  hier  an  Papstes  Statt  und  gebiete  ihnen,  dem  Befehl 
des  Königs  zu  gehorchen.  Da  erschrecken  sie  sehr  und  wählen 
sofort  hundert  aus  ihrer  Mitte,  die  sie  Karl  zur  Verfügung 
stellen.     Einer  der  Schotten,  St.  Ottmar  stirbt  und  wird  be- 


—     20     — 

graben  an  der  Stätte,  die  denselben  Namen  hat.  Karl  aber 
baut  bei  Aachen  das  Kloster  »Bursetum« ,  wo  er  fünfzig 
Schotten  cinquartirt,  die  Uebrigen  werden  nach  Cöln  in  das 
nougestiftete  Kloster  St.  Martin  abgeschickt. 

Do  daz  also  geschehen  was,  (Bl.  19) 

Sie  sprachen  deo  gratias 
Lob  vnd  ere  Gott  sei  gesait 
Vmb  disev  gütev  arebait. 
Darauf  bricht  Karl   mit  Heeresmacht   nach  Gallien  auf 
und  unterwirft  die  heidnischen  Völkerschaften  und : 
Reht  als  ob  ez  wäre  gras, 
Also  chrank  ir  leben  was. 
Aber  die  Heiden  in  Alemannien  benutzen  den  Zug  Karls 
und  rotten  sich  zusammen,  um  Regensburg  den  Händen  der 
Christen  wieder  zu  entreissen.    Die  verzagten  Einwohner  der 
Stadt  wollen  fliehen ,   allein   die  Weisesten    der  Bürgerschaft 
rathen,    auf  Karl  zu   vertrauen   und   sogleich   Boten   an  ihn 
abzusenden.     Diese  kommen  in  des  Königs  Lager: 
Do  man  nu  den  brief  gelas, 
Zehant  der  Künich  travrich  was 
Vnd  sah  auf  ze  got  vnde  sprach: 
Zwar  ez  ist  der  natur  ein  stach 
Vnd  vngemach  der  grozzen  trewe, 
Da  von  wirt  mein  iamer  newe 
Ob  man  trew  gein  dem  niht  wielte. 
Der  sein  trew  halt  vnd  noch  hielte. 
Karl  zieht    mit   starker   Ritterschaft    zum    Schutze    der 
Stadt  herbei,    die    bis  jetzt  immer  noch  von  den  verfluchten 
Heiden   hör   die    viereckige  Stadt   genannt  wurde ,    nun  aber 
den  Namen  Regensburg  erhält: 

Seit  got  vns  hat  belaitet  eben 
Vber  Tvnaw  in  disev  stat. 
Des  namen  schol  sie  nu  haben  rat 
Vnd  schol  Regenspurch   sein  genant, 


—    21     — 

Daz  sol  ev  allen  wesen  bekant. 

Vnd  all  div  weil  dise  werlde  stat 

Regenspurch  den  namen  hat. 
Karl  lässt  die  Heiden  anfragen,  ob  sie  desselben  Tages 
oder  erst  nach  acht  Tagen  den  Kampf  wagen  wollten.  Sie 
wählen  das  letztere.  Während  dieser  Zeit  wird  dem  Ghristen- 
heer  fleissig  von  den  sieben  im  Lager  weilenden  Bischöfen 
gepredigt.  Am  achten  Tage  kommt  es  zu  der  grossen  Schlacht 
bei  dem  »Pühel  des  siges«  *  Drei  Tage  lang  wird  grimmig 
gestritten.  Bereits  Avanken  die  Christen:  da,  als  der  ent- 
scheidende Augenblick  gekommen  ist,  erscheint  ihnen  eine 
himmlische  Gestalt,  ein  lichter  Ritter  auf  weissem  Rosse,  und 
führt  sie  zum  Siege. 

Do  der  künich  vnd  sein  fürsten  (Bl.  23) 

Die  da  waren  ie  die  türsten 

Vnd  die  Christen  gar  gesahen, 

Daz  die  haiden  zu  in  nahen, 

Vil  sere  sie  do  erschrachten, 

Do  mit  sie  ir  hertz  erwachten 

Vnd  waren  traurich  alle  da. 

Jeglicher  viel  do  nider  sa 

Mit  seinem  antlütz  auf  dev  erde 

Vnd  machten  fevht  ir  wange  werde 

Mit  zehern  vor  dem  almehtigen  got. 

Der  irs  gepaets  ,wol  ahtot ; 

Wann  do  dev  selbe  Christen  schar 

Der  gaistlichen  mann  so  gar 

In  grozze  travren  chomen  waz, 

Vil  churtzlich  geschähe  daz, 

Daz  sam  ein  doner  erhöret  wart 


*  Auf  dem  »pühel  des  siges«  wurde  später  Weihsantpeter  gebaut. 
Heute  existirt  der  Name  nicht  mehr,  die  Stelle  aber  kann  nur  der  jetzige 
protestantische  Kirchhof  in  Regensburg  sein ,  wo  bis  zum  Jahre  1552 
Weih  St.  Peter  lag.     Davon  später. 


22     

Vnd  auch  an  der  selben  vart 

Der  sterchest  Ritter  in  erschain 

In  liehtes  schein  gar  geraain; 

In  weizzer  wat  was  er  bechlait, 

Ein  weizz  grozzes  ros  er  rait, 

Mit  grevHch  wunden  er  durchsnait 

Der  ritter  schar  lanch  vnd  prait. 

Die  haiden  fluhen  schiere  hin, 

Daz  einer  niht  belaip  vnder  in. 
Als  man  die  Leichen  der  Erschlagenen  auf  der  Wahl- 
statt zur  Bestattung  sammeln  will,  bittet  man  Gott,  er  möge 
die  Christen  durch  irgend  ein  Zeichen  unter  der  Masse  der 
todten  Leiber  kenntlich  machen  und  siehe!  alle  Gefallenen 
des  Christenheeres  haben  ihr  Antlitz  gegen  das  Himmelreich 
gerichtet,  während  die  gottlosen  Heiden  mit  ihren  Gesichtern 
der  Erde  zugewandt,  daliegen.  30,000  Christen  werden  auf 
dem  »pühel  des  sigs«  begraben;  die  Heiden  dienen  den  Raben 
zur  Speise.  Karl  stiftet  in  Regensburg  zwei  Klöster  Nieder- 
und  Obermünster,  setzt  Gerichte  ein  und  entlässt  sein  Heer. 
Die  Königin  wird  ihm  zugeführt  nach  Oeting  am  Inn  und 
grosse  Feste  werden  gefeiert.  Dem  König  wird  ein  Sohn  geboren: 

Die  kunigin  wolt  auch  kurtzweil  haben 

Und  gebar  einen  Knaben. 
Noch  unternimmt  Karl  einen  Zug  nach  »Spangenlant«. 
Mittlerweile  kam  ein  neues  Trüpplein  schottischer  Brü- 
der nach  Bamberg  und  Regensburg  gefahren,  unter  ihnen 
namentlich  der  heilige  Marianus.  In  der  letzten  Stadt  war 
der  Zudrang  des  Volkes  so  gross ,  dass  sich  die  Heihgen  in 
die  strengste  Abgeschiedenheit  zurückzogen,  wo  sie  sich  mit 
dem  Abschreiben  hl.  Schriften  beschäftigten. 

Vil  manigen  tag  sie  da  beliben,  (Bl.  25) 

Ane  vnderlazze  sie  da  schriben 

Manich  püch,  daz  noch  da  ist. 

Daran  man  noch  hevte  list 


—     23     — 

Von  der  alten  e  vnd  newen. 
Daz  taten  sie  durch  gotes  trewen. 

Legende  von  St.  Marianus. 

Sand  Marian  der  herre  rayn 

Ze  allen  zaiten  was  alayn. 

Durch  das  volch  daz  geschach, 

Wann  vil  Wunders  man  da  sach. 
5.    Sie  getorsten  avs  ir  cell  niht  gen, 

Weder  herfür  sitzen  noch  sten. 

Sand  Marian  alain  belaip 

In  seiner  chamer,  dar  inn  er  schraip. 

Dev  gustrein  des  Münsters  was 
10.    Ein  gutev  frow  vnd  trahtet  daz, 

Daz  si  im  all  naht  lichte  bot, 

Des  im  ze  schreiben  was  vil  not. 

An  einer  naht  sich  fügte  daz, 

Daz  dev  gusterin  vergaz, 
15.    Daz  si  dem  Schreiber  niht  liebte  pot. 

Sand  Marian  vil  lange  paitot, 

Biz  daz  er  lieht  het  gesehen, 

Daz  wart  da  niht  geschehen. 

Der  Schreiber  sand  Marian  genant 
20.    Rakte  auf  sein  tenkev  haut: 

Zehant  sein  vinger  prvnnen  gelich, 

Als  fünf  lampen  erlich, 

Vnd  schraip  mit  seiner  zeswen  hant 

Piz  ZV  der  zeit  Metten  genant. 
25.    Do  gedaht  dev  Gusterin  an  in, 

Wie  si  vergezzen  bete  sin, 

Daz  si  im  niht  Meht  geben  hot 

Zii  der  naht,  als  si  vormals  tct. 

Des  wart  ir  hertze  vol  geseret 
30.    Vnd  west  niht,  wa  si  sich  hin  keret; 

Wann  si  ir  wol  fürhtent  waz, 


—     24     — 

Daz  si  geschendet  würd  A'nil)  daz, 

Daz  derselbe  man  vil  gut 

War  betrübt  in  seinem  müt. 

Dev  frow  stünt  uf,  vngeschiiht  si  gicnch 
5.    Mit  travren,  daz  si  vmbe  viench. 

Zu  dem  venster  chom  si  dar 

Vil  leise  vnd  niht  offenpar. 

Daz  venster  eines  löchels  phlach, 

Dar  durch  div  frowe  ersach 
10.    Die  fünf  vingor  gotes  kneht 

An  der  tenken  hant  prinnen  reht, 

Vnd  schraib  mit  der  rehten  hant. 

Do  ir  daz  wunder  wart  bekant, 

Sie  lief  zu  der  Abtessinne  sa 
15.    Vnd  sagt  ir  waz  geschah  alda. 

Dev  abtessinne  nam  vil  scliir 

Andehtich  swester  zu  ir, 

Vnd  giengen  alle  parfüz  dan 

Zv  dem  venster  sand  Marian, 
20.    Der  gotes  kneht  was  bechant, 

Vnd  wollen  sehen  da  zehant, 

Ob  ez  war  waer  oder  niht 

Der  Gusterin  haymlich  gesiht: 

Do  sie  nv  alle  sahen  gelich 
25.    Marian  tenken  hant  löblich 

Prinnen,  als  fünf  liehte  chlar 

Vnd  mit  der  zeswen  schraib  er  zwar. 

Do  sie  daz  wunder  beten  gesehen. 

Als  ich  hie  vor  lian  veriehen, 
30.    Hin  wider  hinder  sie  da  giengen, 

Mit  grozzer  andaht  sie  enphiengen 

In  ir  hertz  das  lieilig  zaichen  etc. 
Auf  dieses  Wunder   nmss   man   dem  neugierigen  Volke 
das  Kloster  sperren  und  zuletzt  wird  der  Zulauf  den  Heiligen 


—     25     — 

so  lästig,  dass  sie  bei  Nacht  aus  der  Stadt  entweichen.  Auf 
dem  »purger  perg«  überrascht  sie  ein  Unwetter  und  sie  über- 
nachten unter  freiem  Himmel  in  der  Nähe  des  Galgens.  Im  Schlaf 
erscheint  ein  Engel  Marian  und  heisst  ihn  in  deutschen  Landen 
zu  verbleiben  bei  Vermeidung  des  Zornes  Gottes  und  zwar  solle 
er  an  dem  Orte  sich  niederlassen,  den  er  am  folgenden  Tag  von 
der  aufgehenden  Sonne  zuerst  bestrahlt  sehe.  Am  Morgen  findet 
der  Heilige  einen  unschuldig  Gehenkten  unter  dem  Galgen  — 
wie  ihm  der  Engel  verkündet  hat  —  macht  ihn  lebendig  und 
dieser  läuft  vergnüglich  nach  Regensburg  hinein;  seine  Frau 
und  Kinder  schreien  beim  Anblick  des  Todtgeglaubten  auf,  aber 
er  erzählt  allem  Volke  das  neue  Wunder,  Unterdessen  hat  Marian 
den  ersten  Sonnenschein  über  der  Kirche  auf  dem  Siegesbühl 
liegen  gesehen.  Bischof  Ott  und  die  Pfaffheit  ziehen  den  hl. 
Schotten  mit  Kreuz  und  Fahnen  entgegen  und  bitten  sie,  wie- 
der in  ihre  Mauern  zurückzukehren.  Man  baut  den  Heimge- 
kommenen Zellen  und  der  auferweckte  Gehenkte,  Sandolf, 
wird    ihnen   als    Diener  beigegeben. 

Karl  streitet  noch  immer  sieghaft  in  Africa  und  im 
Westen  von  Europa  und  beschliesst  auf  seiner  Rückreise  zu 
Rheims,  einen  Reichstag  nach  Regensburg  ausschreiben  zu 
lassen  auf  Ostern  in  dem  Monat  April.  Auf  diese  Zeit  trifft 
er  in  Regensburg  ein  und  hält  Musterung  in  seinen  Stiftungen. 
Mit  ihm  kommen  Erzbischöfe  und  Aebte ,  um  die  neu  er- 
richtete Kirche  auf  dem  Bühl  des  Sieges  einzuweihen.  Am 
Vorabend  des  festlichen  Tages  haben  die  sieben  Schotten 
eine  wunderbare  Erscheinung :  sie  sehen  den  hl.  Petrus  mit 
allen  Aposteln  die  Kirche  einsegnen  und  goldene  Buchstaben 
an  die  Wände  schreiben,  hören  Engel  himmlische  Gesänge 
anstimmen  und  riechen  einen  gar  guten  »sniack«.  Marianus 
gebietet  St.  Sandolfen,  die  Erscheinung  dem  Könige  und  dem 
Volke  zu  verkünden.  Sandolf  stellt  sich  an  die  Pforten  der 
Kirche  und  ruft  das  Wunder  mit  lauter  Stimme  aus,  so  dass 
Karl  beschliesst,  die  Sache  zu  untersuchen.     Sandolf  erzählt 


—     26     — 

ihm  sein  Al)onteiier  am  Galgen.  In  der  Kirche  findet  man 
wirklich  die  Zeichen  genau,  wie  die  Schotten  angegeben,  und 
der  süsse  »smack«  ist  noch  wahrzunehmen,  Karl  besucht 
den  hl.  Marianus  und  die  übrigen  sechs  Schotten  der  Reihe 
nach  und  jeder  berichtet  das  Gesicht;  wie  es  denn  Alle  auf 
die  gleiche  Weise  gesehen  haben.  Bei  dieser  Gelegenheit 
erzählt  Karl  weitläufig  alle  seine  frühern  Erscheinungen  der 
andächtigen  Volksmenge.  Die  Kirche  auf  dem  Bühl  des  Sieges 
wird  Weihsandpeter  getauft.  Sofort  Avird  ein  Bericht  an  den 
Papst  abgesandt.  Die  in  Rom  angelangten  Boten  erzählen 
dem  Papst  Leo  die  ganze  Geschichte,  wie  (Bl.  40) 

In  der  Kirchen  in  einer  naht 

Wart  dev  weihe  vol  zu  braht: 

Von  in  sie  horten  süzzen  sanch, 

Da  von  manige  stimme  erclanch 

Von  den  Engellischen  scharen, 

Di  pei  Sand  Peter  da  waren. 

Auch  smakten  sie  den  besten  smak, 

Der  aller  süzz  der  gute  phlak; 

Vnd  wie  sand  Peter  do  zehand 

In  pischofs  gestalt  wart  bekant; 

Vnd  die  kirchen  weihet  er 

Mit  dem  himellischen  her. 
Auf  Anrathen  der  Gardinäle  billigt  der  Papst  die  vom 
Apostel  vorgenommene  Weihe,  gibt  den  Boten  einen  »antlaz«, 
verspricht  selber  nach  Regensburg  zu  kommen  und  verleiht 
der  Kirche  »brief  vnd  hantfest«.  Als  Karl  hört,  dass  der 
hl.  Vater  naht,  zieht  er  ihm  mit  Weib  und  Kind  entgegen 
bis  Öting.  Dort  vernimmt  er  die  traurige  Kunde,  dass  der 
Papst,  der  schon  in  deutschon  Landen,  in  der  Stadt  Verona, 
angekommen  war,  plötzlich  gestorben  sei.  Karl  begibt  sich 
zu  den  Schotten  nach  Regensburg  zurück,  verspricht  ihnen 
ein  Kloster  nebst  AVeingärten  und  Gülten  und  kehrt  dann 
heim    in    seine    Pfalz    nach    Aachen ,    von   wo  aus  er   noch 


_     27     

vierundzwanzig  andere  Schotten  nach  Weihsandpeter  schickt. 
Auf  einem  Hoftag  in  Aachen  setzt  er  seinen  Sohn  Lothar 
zum  Erben  und  Nachfolger  ein,  und  lässt  die  Vasallen  die- 
sem den  Huldigungseid  leisten. 

Karls  Tod.    (Von  dem  todehienach  geschrihen  stat,       (Bl.  43) 
Den  der  grozze  clmnich  charl  genomen  hat.) 

m  der  zeit  gotes  engel  chom 

Zu  künich  karl,  als  er  was  gewon, 

In  der  gesiht  zv  im  redent  was : 

»Gotes  frevnt,  karl !  wizze  daz, 
5.    Daz  got  mich  hat  gesendet  zu  dir, 

Des  scholt  du  gelauben  mir ! 

Fürwar  er  dir  enpoten  hat, 

Daz  ich  dir  sag  an  diser  stat. 

Du  scholt  deinem  havse  ahten 
10.    Vnd  vmbe  deine  sele  trabten, 

Wann  dich  got  hat  zu  im  geberlt, 

Daz  er  dich  wil  losen  von  der  werlt 

Vnd  wil,  daz  du  enpfahest  eben 

Daz  ende,  daz  er  dir  hat  gegeben.« 
15.    Do  der  Engel  volbrahte  het 

Die  rede,  do  für  er  hin  ze  stet. 

Des  morgens  sant  künch  karl  schir 

Nach   den  pischöffen  von   cöln  vnd  trir 

Vnd  nach  andern  pischöffen  vil, 
20.    Die  darumb  waren  in  dem  zil, 

Nach  aebten  vnd  nach  andern  prelaeten 

Vnd  nach  den  fürsten.  Die  waren  gepaeten. 

Die  chomen  ze  der  selben  stunt. 

Da  tet  er  in  allen  chunt, 
25.    Daz  got  niht  mer  an  im  wolte, 

Daz  er  iht  lenger  schölte 

Leiden  ditz  kvmberliche  leben, 

Daz  vnserm  leibe  ist  gegeben. 


28 


l 


}o  die  herren  disev  ^vort 
Von  dem  kunige  heten  gehört 
Mit  grozzem  schrai  vnd  wainung 
Vnd  mit  l)ärmicliclicr  lüung  ^) 
5.    Vnd  rüflcn  vndo  sprachen  gemain 
Paide  groz  vnd  auch  chlain: 
Ach  got,  warumb  ist  der  wille  dein 
Daz  wir  eilende  schüln  sein? 
Warvmb  nimst  du  nv  hin 

10.    Den  hyrten  von  den  schaffen  din? 
Warvmb  läzzest  du  geweizzen 
Dein  herte  der  wolfe  peizzen? 
Wer  schol  fürbaz  vor  gen 
Gotes  volche  vnd  vor  sten? 

15.    Oder  war  Avirt  nv  mit  seiner  craft 
Des  vrlevgs  fürer  auf  di  haidenschaft? 
Oder  wer  schol  nv  stiften  vnd  pawen 
Münster  vnd  closter  mannen  vnd  frawen, 
Mit  guten  werchen  vnd  getat, 

20.    Die  er  darzü  gewidemt  hat? 


l 


on  in  allen  geschähe  daz, 
Daz  ir  wange  wurden  naz 
Fcvhte  von  ir  zaeher  pach, 
Sie  gewunhen  lait  vnd  vngemach. 

25.    Iriv  haubt  sanktens  nider, 

Sie  wunden  sich  hin  vnd  wider; 
Vor  laid  ir  haupt  sie  habten  sa 
In  ir  banden  ieglicher  da. 
In  der  weil  vnd  an  der  stet 

30.    Künich  karl  sein  geschäfte  tet 
Vor  in  allen  vil  weislichen, 
Vnd  darzü  gar  christenlichen ; 


Zu  liiejen  -  schreien,  brüllen.  Mhd.  Wh.  von  Benecke-Müller  I,  1050. 


Vngeschaft  liez  er  nihtes  niht, 
Daz  zu  der  sele  hete  pfliht, 
Daz  wart  versigelt  allez  sa 
Mit  siben  jnsigel  ze  gezevge  da. 
5.    Seiner  frowen  er  auch  schaffent  waz 
Vnd  seinem  svn,  künch  karl  daz, 
Daz  sie  gar  an  erben  schölte 
Von  vaters  reht,  als  er  wolte. 


D= 


larnach  der  künich  niht  enhez 

10.    Zehant  er  mit  im  gen  hiez 
Pischöff  fürsten  gemainclichen 
Vnd  erweit  im  reichlichen 
Erlichen  ein  stat  vil  gewisse 
Einen  sarch  seiner  begrebnisse. 

15.    Dev  stat  im  wol  gevellich  waz. 
Darnach  was  vnlange  daz, 
Daz  er  nv  siechen  begvnde 
Vnd  hiez  sich  ölen  an  der  stvnde 
Vnd  gesterchen  mit  der  heilichait 

20.    Gots  leichnam,  dev  all  heilicheit  übertrait. 
Doch  het  er  vor  von  im  gesant 
Lauter  peiht  vnd  rew  zehant, 
Daz  er  het  christenliche  reht 
Enpfangen,  daz  was  alles  sieht 

25.    In  der  gestalt  des  heiligen  glauben 
Mit  rcAve  püz  offen  vnd  taugen 
Vnd  mit  frolichem  mute  balt 
Vnd  mit  der  schön  seiner  gestalt 
Vnd  mit  den  zaichen  der  heilichait, 

30.    Dev  got  an  in  het  gelait 

Nach  der  vberwintnvsse,  die  er  het 
Von  den  veinden  an  maniger  stet, 
Nach  den  stiften  vnd  den  pawen 
Kirchen,  Mvnster  an  ze  schawen 


30 


Vnd  nach  cliristenlicher  ordenvnge 

Vnd  auch  der  heilichait  fürderunge, 

Mit  der  pischöffe  henden 

An  vil  manigen  enden. 
5,    Als  er  cz  geordent  het, 

Darnach  ruet  er  zc  stet 

In  gutem  vrid  ewiclich 

Pei  got  in  dem  himehich. 

0  wehch  gerte  künichch 
10.    Der  höhe  löbehch, 

Die  himel  rürent  was! 

Vnd  nv  geschehen  ist  daz, 

Daz  si  ze  der  erd  gevellet  ist 

Von  des  werchmaisters  hst. 
15.    0  wehch  swert  nv  erloschen  ist, 

Dem  nie  niht  ze  deheiner  vrist 

Mühten  sein  veinde  widerstreben! 

Sie  müsten  dev  fluht  vor  im  geben. 

Wie  mak  daz  geburtlich  ertreich  zwar  ^) 
20.    Der  äugen  regen  trucken  gar 

Von  der  hinvart  eins  sölichen  vaters  gut 

Des  vrides  vnd  der  haymüt! 


D. 


)o  nv  also  gehöret  waz 
Von  aller  maeniclichen  daz, 

25.    Daz  künich  karl  was  verschaiden, 
Darvmb  sie  waren  in  grozzen  laiden, 
Daz  wolten  sie  durch  in  leiden 
Darzü  des  niht  vermeiden. 
Zu  seiner  begrebnuss  sie  chomen  sa 

30.    Vnd  begiengen  sein  pifüy  ^)  da 
Reichlich  dar  zu  demüticlich, 
Löblich  vnd  auch  als  erlich, 
Daz  dhein  kayser  noch  kvnch 


")  Beide  Hss.  lesen  var.  —  -)  Nebeiif.  zu  bivilde  =  Begräbniss. 


—     31     — 

Vor  im,  alt  oder  iviic.h, 

Mit  so  grozzer  wirdichait 

In  dev  erd  nie  wart  gelait, 

Als  künch  karl,  der  raine  man, 
5.    Dem  eren  vnd  güts  nie  niht  zeran. 

Do  sie  in  nv  begraben  beten 

Schreien  vnd  wainen  da  sie  teten 

Herren  vnd  daz  voleh  gemain. 

leder  man  do  gienge  haym 
10.    An  sein  herberg  mit  iamers  smertzen, 

Daz  er  het  an  seinem  bertzen. 

Nv  lazzen  wir  den  rainen  ligen, 

Sein  sei  ist  zu  got  gedigen. 
Nach  dem  Tode  des  Frankenkönigs  wird   das  von  ihm 
für  die  Erbaimng   des  Klosters  Weihsandpeter  gestiftete  Gut 
veruntreut  — 

Das  gut  was  hin  mit  manigem  tail, 
Got  geb  den  prüdern  fürbaz  hail! 
und  als  nun  noch  siebenzig  weitere  Schotten,  die  von  der 
berühmten  Kirche  bei  dem  »pache  Tvnaw»  hören,  hingezogen 
kommen:  da  droht  Noth  unter  ihnen  auszubrechen  und  sie 
beschliessen ,  Boten  in  die  Heimath  Hibernien  abzuschicken, 
um  ihren  Landsleuten  Kunde  von  ihrem  Schicksal  zu  über- 
senden und  Hülfe  zu  erbeten.  Die  zwei  Brüder  Isaac  und 
Gervasius  und  zwei  Laien  Chvnrat  Zymberman  und  Onol 
unternehmen  die  Reise  und  gelangen  zum  König  von  Hiber- 
nienland  Gonchuburobzin  slapursalach  Dieser  nimmt  die  Ab- 
gesandten gut  auf,  füllt  ihnen  zwei  Lederhosen  mit  Gold 
als  Gabe  für  Weihsandpeter  und  gibt  ihnen  ein  Geleite  auf 
den  Heimweg  mit.  In  Aachen  angelangt,  legen  die  Boten 
dem  römischen  König  Lothar,  dem  Sohne  Karls,  ein  reiches 
Geschenk  zu  Füssen  und  berichten  ihm  die  Dieberei,  die  an  der 
Stiftung  seines  Vaters  begangen  Avorden  ist,  worauf  des  Königs 
Herz  trauriff  wird  und  er  die  Uebelthäter  aufhängen  lässt. 


—     32     — 

Die  vom  König  von  Hibernienland  mitgegebenen  Ge- 
loitsboten  besuchen  ihre  Landsleute ,  die  hl.  Schotten  zu 
Köln  im  Kloster  St.  Martin,  dann  fahren  sie  durch  die 
Stadt  »Maegentz«  und  kommen  über  »Frankenfurt«  und 
»Wirtzburch«  nach  Regensburg.  —  Der  Abt  Dionysius 
von  Weihsandpeter  und  die  Brüder ,  hocherfreut  über  die 
mitgebrachten  Schätze,  beschliessen,  sofort  an  die  Erbauung 
des  Klosters  zu  schreiten.  Graf  Albrecht  von  Nidersil,  wohn- 
haft zu  Frontenhausen,  besitzt  ein  Grundstück  vor  Rüsehns 
(auch  Rislin's)  Thor  *  gelegen, 

Geleich  einem  perglin  gestalt,  (Bl.  50) 

Weit  vnd  lustsam  gezalt 

Von  den  gesunden  Avinden, 

Die  man  oft  da  moht  vinden 

Mit  hailsames  luftes  mäht ; 

Genüch  nahen  pey  der  stat  aht 

Gein  westen  vor  dem  tor 

Da  gelegen  was  dev  hofstat  vor 
Die  Schotten  tragen  den  Bischöffcn  von  Regensburg 
Ott  und  Herrn  Hertweich  ihr  Anliegen  vor.  Fromme  Boten 
werden  an  Graf  Albrecht  abgesandt,  um  über  den  Ankauf 
des  Ackers  zu  verhandeln.  Albrecht  reitet  selbst  nach  Re- 
gensburg, mit  ihm  Gebhart  von  Sultzpach,  des  Ackers  »Sal- 
mann« und  Gerhart  von  Krigling.  Der  Kauf  wird  abge- 
schlossen um  200  Mark  Silbers  und  10  Mark  Goldes  und  durch 
des  Salmannes  Hand  bestätigt. 


*  Der  Besitzer  dieses  Grundstückes  war  Friedrich,  Graf  von  Fron- 
tenhausen.    Siehe  später. 

Rüselins-  oder  Roselinsthor  schloss  einst  im  Westen  die  Stadt 
ab.  Der  ursprüngliche  Name  ist  Ronzanpurg-Thor.  Dasselbe  fiel,  als 
die  Mauern  gegen  Westen  hin  erweitert  und  das  Schottenkloster  St.  Jacob 
in  den  Bereicli  der  Stadt  gezogen  wurde.  —  Gütige  Mittheilung  über 
diesen  und  die  folgenden  Localnamen  verdanke  ich  Herrn  Prof.  Dr.  Reber 
in  Regensburg. 


—     33     — 

D;^  nu  der  selbe  Graf  Albreht 

Daz  gut  enpfangen  hete  reht, 

Do  lobt  er  dem  pischof  zehant 

Mit  gantzen  trewen  an  sein  liant 

Ze  dem  ersten,  swenn  der  kvnich  von  Rom 

Oder  der  kayser  ze  lande  chom 

Ze  Regenspurch  in  dev  werden  stat, 

Daz  er  dann  zehant  vil  drat 

Ze  in  gagen  seinen  ainigen  svn 

Fürte,  genant  Chvnradun 

Vnd  sein  Tohter,  Alheit  genant, 

Daz  sie  sich  verzigen  zehant 

Aller  der  rehten  vor  in  ze  steten, 

Die  sie  an  dem  acker  heten. 

Also  daz  sie  deheinen  wan 

Darnach  nymermer  schüln  han.  (El.  53.) 

Grosse  Feier  beim  Kaufe  auf  dem  Acker.  Es  werden 
Zelte  aufgeschlagen  und  Messen  gesungen.  Beim  Opfer  legt 
Graf  Albrecht  50  Mark  Silbers  auf  den  Altar  und  bietet  den 
Boten  aus  Hibernien,  die  nach  Rom  aufbrechen,  sicheres  Ge- 
leite an  über  die  Alpen  bis  nach  Trient.  —  In  Regensburg 
aber  gehen  die  Werkleute  gleich  an  die  Arbeit.  Zuerst 
wird  eine  Kapelle  zu  Ehren  St.  Gerdraut  erbaut  und  nach 
und  nach  entsteht  das  Münster  St.  Jacob.  Nach  dem 
Tode  des  Dionysius  erwählen  sich  die  Schotten  —  die  nach 
St.  Benedicts  Regel  leben  —  Cristan,  aus  dem  Geschlechte 
Makicarchia  zum  Abte,  und  dieser  fragt  als  kluger  Mann  die 
Brüder  an,  wovon  man  in  der  Folgezeit  —  wenn  das  Gut, 
das  der  König  von  Hibernienland  geschickt,  aufgezehrt  sei  — 
zu  leben  gedenke.  Einmüthig  antworten  die  Brüder,  man 
solle  noch  einmal  eine  Bettelfahrt  nach  der  Heimath  unter- 
nehmen, da  inzwischen  der  alte  König  gestorben  sei  und 
Donat  regiere.  —  Der  Abt  Cristan  unterzieht  sich  selber 
der  Reise  mit  Eugenius  seinem  Kaplan,  drei  Knechten,  dem 

3 


-     34     — 

Koche  Benedictus  und  sieben  Pferden.  Während  seiner  Ab- 
wesenheit empfiehlt  er  des  Klosters  Sorge  dem  Prior  Garns 
und  dem  neu  eingetretenen  Grogorius  und  fährt  mit  einem 
Geleitsbrief  von  König  Lothar  nach  Hibernien.  König  Donat 
nimmt  ihn  gnädig  auf  und  gibt  grossen  Schatz.  Auf  der 
Heimreise  stirbt  Abt  Cristan  in  der  Stadt  Gassiliensis  (Gashel)  in 
Hibernienland,  als  man  ihn  dort  eben  zum  Erzbischof  machen 
wollte.  Sterbend  übergibt  er  den  Schatz  getreuer  Obhut. 
Der  Kaplan  eilt  nach  Regensburg,  den  Tod  Gristans  zu  ver- 
künden und  die  trauernden  Brüder  erwählen  Gregorius  zu 
dessen  Nachfolger.  Dieser  geht  erst  nach  Rom,  um  beim 
Papste  Privilegien  für  die  Kirche  St.  Jacob  auszuwirken. 
Schon  vorher  war  ein  hoher  Pfaffe  von  schottischer  Abkunft, 
Meister  Marianus,  nach  Regensburg  gekommen,  er  war 
Von  der  lere  Paris  der  stat 
Da  man  der  chvnste  prunnen  hat 
und  früher  der  Lehrer  des  Papstes  Adrianus  gewesen,  zu 
dem  Gregorius  nun  kommt.  Der  Papst  ertheilt  Gregor  um 
seines  Lehrers  Marianus  Willen  die  Weihe,  die  verlangten 
Privilegien  und  »antlaz«  für  vierzig  Tage.  Nach  Regensburg 
zurückgekehrt,  macht  sich  der  Abt  auf,  das  grosse  Gut  in 
Hibernien  abzuholen  und  gelangt  glücklich  nach  Gassiliensis. 
Dort  war  König  Donat  gestorben;  sein  Nachfolger  Murcher- 
tachus  Obrin  aus  Tunnaschiach  gibt  Gregorius  noch  grössere 
Gabe  als  sein  Vorfahre  mit  für  Regensburgs  Kloster,  dessen 
Besitzungen  der  Abt  nun  vergrössert: 

Darnach  kauft  der  Abt  zehant  (Bl.  59) 

Mit  rat  weiser  manne  bekant 

Zwene  höf  ze  heresinge  ^) 

Vnd  zwene  höf  in  dem  selben  dinge, 


*)  Heresinge,  es  gibt  ein  Dorf  Eresing  in  Oberbayern,  was  hier 
kaum  gemeint  sein  wird.  Vielleiclit  Heretinge  zu  lesen  -=^  Harting, 
1  Stunde  östlich  von  llegensburg.  Dasselbe  »härting«  später  in  der 
Legende. 


35 


Die  pei  Golmikach  ^)  sint  gelegen 

Nahent  an  der  strazze  wegen, 

Vnd  zwen  höf  bei  Gebelcliouen  ^)  bekant 

Vnd  einen  hof  Stockheim  ^)  genant, 

Vnd  einen  hof  bei  Ennebach^). 

Vnd  bei  dem  wazzer  altmvl  lach 

Ein  dorf,  Gristet  ^)  genant, 

Daz  kauft  er  von  dem  edeln  man  zehant 

Von  Brandenprvnne  ^')  hern  Albrehten 

Ze  aygenschaft  mit  allen  reliten, 

Laut  vnd  gut  groz  vnd  chlain, 

Swaz  dar  zu  gehört  gemain. 

Ez  sei  wenich  oder  vil, 

Daz  lazzen  wir  an  disem  zil. 

Darnach  chauft  er  in  dem  gedinge 

Ein  dorf  genant  Gvndolffinge  ^). 


^)  Golmikach  ist  schwer  zu  enträthsehi,  es  dürfte  vielleicht  Kulm- 
bach sein.  (Die  Karlsb.  Hs.  hat  Cholepach.) 

^)  Gebelchoven  =  Gebelkofen,  Hofmark  mit  Schloss  in  der  Pfarrei 
Wolkering  bei  Regensburg,  gehörte  1212  dem  Schottenkloster. 

^)  Stockheim.  Dörfer  dieses  Namens  in  Oberfranken,  in  Unter- 
franken und  in  Schwaben. 

■•)  Ennebach  =  Ernbach  in  der  Pfarrei  Obertraubling  bei  Regensburg. 
(Karlsb.  Hs.  bimpach.) 

^)  Gristet  =;  Griesstetten,  Dorf  im  Decanat  Pföring  in  Mittelfranken. 
Es  ist  jetzt  noch  ein  nicht  unbedeutender  Wallfahrtsort  der  sog.  drei 
elenden  Heiligen,  der  aus  Irland  zuerst  nach  Bayern  eingewanderten 
Mönche  Zimius ,  Marinus  und  Vimius ,  deren  Leiber  in  der  Kirche  zu 
Griesstetten  aufbewahrt  sind.  (Das  Nähere  bei  den  acta  sanct.  der  Bol- 
landisten  II.  Bd.  des  Monats  Juni  pag.  596  u.  ff.  nach  einem  Auszuge 
aus  dem  Berichte  des  Regensburger  Bisthums-Administrators,  des  Weih- 
bischofes  Albert  Grafen  von  Wartenberg,  auf  Grund  alter  Aufschreibungen 
des  Klosters  St.  Jacob.) 

®)  Karlsb.  Hs. :  von   praitenprun. 

')  Gundolffinge,  wahrscheinl.  Gundlfing,  Dorf  im  Dekanat  Pföring 
in  der  Oberpfalz.  Gundelfingen  ebenfalls  eine  an  dei-  Donau  gelegene 
Stadt  in  Schwaben. 


36 


Darnach  ein  edel  man  bechant 
Her  Porchtolt  von  Swartzenburch  genant 
riet  claz  chreutz  an  sicli  gonomen 
Vnd  wolte  gern  vber  mere  cliomen 
In  daz  lant  ze  dem  heiligen  grap. 

-------- ^) 

Vnd  opfert  da  sand  Jacob 

Der  kirchen  ze  eren  vnd  ze  lob 

Ze  Dydeldorf^)  ewiclich 

Den  merern  hof  nützlich, 

Ein  mül  vnd  drev  vischlehen  da, 

Vnd  ein  gut,  gelegen  anderswa 

Bei  Dydeldorf  vnd  evordischorf  ^) 

Vnd  bei  Miltzhausen  ^)  dem  dorf 

Vnd  Marchsteten  ^)  vnd  mahtenfelt  ^) 

Vnd  desinhive  ^)  vnd  gezelt : 

Daz  allez  chauft  Gregoriiis 

Der  abt  genant  alsus 

Vnd  allez,  daz  darzü  gebort 


')  Der  hier  fehlende  Vers  lässt  sich  aus  der  Karlsh.  Hs.  ergänzen: 
Als  im  got  in  seinen  mut  gab. 

-)  Dydeldorf  ^^  Dieteldorf,  Pfarrdorf  mit  Schloss  im  Dekanale 
Schwandorf  in  der  Oberpfalz,  das  dem  Regensburger  Schottenkloster 
gehörte. 

^)  Evordischorf  ist  schwer  zu  bestimmen.  Viele  Dörfer  ähnlichen 
Namens:  Ebersdorf  in  Ober-  und  Mittelfranken,  Ebertsroith  in  der  Ober- 
pfalz, Eokersdorf  in  Oberfranken,  Eggertsdorf  in  Niederbayern  etc.  (Karlsb. 
Hs.  Evorchistorff.) 

*)  Miltzhausen,  fraglich  ob  Malzliausen  in  Oberbayern  oder  dann 
statt  Willishausen  in  Schwaben. 

^)  Marclisteten,  Markstetten  im  Dekanat  Schwandorf  in  der  Ober- 
pfalz. 

*^)  Mahlenfeit  ungewiss.  Förslemanns  alldeutsches  Namenbuch  fiiln  L 
ein  Megino-,  Megin-,  Meine-,  Meinveit  auf.    (Karlsb.  Hs.  mautelfelt.) 

')  Desinhive,  wahrscheinlich  Deisenhofen  bei  Gögging,  Dekaiiiits 
Kellieim  in  Niederbayern.     (Karlsb.  Hs.  deseinhuil.) 


—     37     — 

Redlich  mit  genantem  wort, 

Vnd  zwen  höf  in  der  revt  genant 

Bei  swaichhusen  ^)  da  bechant. 
Mit    dem    übrigen  Gute   erneuert  der  Abt  das  Kloster ; 
das  Münster  lässt  er  niederreissen,  ausgenommen  die  Thürme, 
legt  Weingärten  an  etc. 

Zu  dieser  Zeit  war  St.  Macharius,  ein  edler  und  viel 
geistlicher  Herr  aus  Schottenland  Prior  des  Klosters  St.  Jacob. 
Der  hatte  Heimweh  nach  dem  grünen  Eilande  und  nahm  mit 
drei  andern  Brüdern  Urlaub,  um  hinzufahren,  auf  dass  seine 
Augen  sehen  möchten  die  Freunde  und  die  Magen  grüssen 
könnten.  Auf  der  Reise  erkrankt  Macharius  in  Wolftal,  einem 
Dorfe  bei  Würzburg  und  im  Traume  erscheint  ihm  sein  Lands- 
mann, der  hl.  Kylian,  und  ermahnt  ihn,  hier  zu  bleiben.  Der 
Bischof  von  Würzburg,  Emrich,  hatte  in  derselben  Nacht 
eine  ähnliche  Erscheinung :  St.  Kylian  befahl  ihm,  St.  Macharius 
in  Wolftal  aufzusuchen  und  den  hl.  Schotten  in  Würzburg 
ein  Kloster  zu  bauen.  Am  Morgen  eilt  der  Bischof  hin,  findet 
Macharius  und  dessen  Gesellen,  nimmt  sie  in  die  Stadt, 
schafft  ihnen  gute  Kost  und  eine  Kapelle,  lässt  auf  Macharius 
Anrathen  noch  zwölf  andre  Schotten  aus  Regensburg  kommen 
und  gründet  jenseits  des  Mains  ein  Schottenkloster,  bei  dem 
Marienberge,  auch  »Rabenstain«  genannt.  König  Konrad,  der 
Nachfolger  Lothars  hält  ein  Gespräch  mit  seinen  deutschen 
Unterthanen  in  Würzburg. 

Leofende  von  St.  Macharius. 


11 


o  daz  gespraech  ain  ende  het  (Bl.  63) 

Pei  wirtzburch  an  der  selben  stet. 
Der  pischof  des  niht  liezze  da, 
Nach  Machario  sand  er  sa. 
Der  abt  der  schotten  was  bechant 


Swaichhusen  =  Schwaighausen,  Dorf  bei  Regensburg. 


—     38     — 

Vnd  tet  im  da  peiht  zc  hant. 
Do  er  nv  gepeihtet  hete, 
Der  abt  nam  vrlaub  da  ze  stete, 
Wider  zu  seinem  closter  gen; 
5.    Da  pat  in  der  pischof  sten 

Und  sprach:  abt,  lieber  svn  mein! 
Du  scholt  hevte  pei  mir  sein 
Vnd  zu  meinem  tische  sein  geladen, 
Vnd  scholt  des  haben  chainen   schaden. 

10.    Der  abt  antwurt  im,  daz  er  niht 
Möht  ane  sein  brüder  haben  pfliht. 
Der  Pischof  in  bei  der  hant  nam 
Vnd  gebot  im  bei  der  gehorsam, 
Daz  er  den  tach  bei  im  saezze 

15.    Vnd  auch  da  mit  im  aezze. 

Der  abt  müst  seiner  gehorsam  leben 
Vnd  dem  gebot,  daz  im  was  gegeben. 


l 


ler  pischof  lüde  mer  zehant 
Die  tevrsten  Chorherren  bechant, 

20.    Daz  sie  sich  des  vermäzzen 

Vnd  an  dem  tage  mit  im  ezzen. 

Daz  taten  sie  alle  sa 

Ane  alle  Widerrede  da. 

Do  nv  daz  äzzen  beraitet  waz, 

25.    Der  Pischof  Emrich  liez  niht  daz, 
Er  satzte  den  Tvmprobst  vor  . 
Mit  den  wirdigsten  von  dem  chor 
Zer  tenken  selten,  do  daz  geschach, 
Den  abt  Macharium  darnach 

30.    Er  satzte  zu  der  rehten  hant, 

Daz  er  sein  gemazze  wer  bechant. 
Do  er  sie  nv  alle  hete 
leglichen  gesetzet  ze  stete 
Vnd  do  sie  alle  geleich  sazzen, 


—     39     — 

Frölichen  trunken  vnd  azzen 
Chorherren  vnd  ander  frume  man, 
Dem  sem  der  Pischof  vil  wol  gan: 
Der  Pischof  zu  dem  schenken  sin 
5.    Sprach:  nim  disen  pecher  hin, 
Der  hie  vor  vns  stenent  ist, 
Vnd  pringe  vns  ze  dirre  frist 
Avz  meinem  chaeler  den  besten  wein, 
Der  darinne  müg  gesein, 
10.    Ze  eren  den  abt  mein  ^)  gemaezzen, 
Der  hie  pei  mir  ist  gesaezzen. 


D< 


)o  antwurt  im  der  schenke  da 
Vnd  sprach  vrolich  zu  im  sa: 
Erberger  vnd  milter  herre  mein, 

15.    Swaz  ir  gebietet,  daz  schol  sein, 
Ich  tun  gern  ze  aller  frist 
AUez,  daz  ewr  wille  ist! 
Den  pecher  nam  er  sa  zehant 
Von  dem  Pischof  in  div  hant 

20.    Vnd  giench  in  den  chaeler  hin; 
Manich  geverte  lof  mit  im  in, 
Jvng  edling,  die  dienten  da, 
Vnd  zaepfte  vil  vazze  sa; 
Den  pecher  er  do  fult  zehant 

25.    Des  besten  weins,  den  er  vant 
Vnd  trüg  in  für  den  pischof  nv, 
Dem  raichet  er  den  pecher  zu. 
Den  nam  er  vrölichen  do 
Vnd  pot  in  dem  abt  Machario. 

30.    Do  wart  Machario  zehant 
Grozzev  sorge  bechant 
Vnd  rewe  an  seinem  hertzen, 


^)  Die  Hss.  lesen  meins  und  meines,     gimäzi  ahd.  —  aequalis. 


-     40    - 

Da  von  er  het  vollen  smertzen. 
Doch  den  pecher  er  da  nam 
Von  dem  Pischof,  als  im  gezam, 
Sein  hant  darüber  rächt  er  sa 
Vnd  tet  des  chreutzes  zaichen  da 
Vber  den  pecher,  mit  der  vart 
Der  wein  da  ze  wazzer  wart. 


De 


]o  er  nv  getrunchen  hete 
Macharius  da  ze  stete 

10.    Den  pecher  hin  wider  gab 

Dem  pischof,  daz  er  sich  auch  lab. 
Do  nu  der  pischof  verstünt  daz, 
Daz  ez  lautter  wazzer  waz, 
Do  raicht  ers  dem  Tvmprobst  dar, 

15.    le  einer  dem  andern  an  der  schar, 
Alle  die  da  sazzen 
Ze  der  tenken  selten  vnd  azzen. 
Der  pischof  da  vnmütich  wart 
Vnd  sprach  zdem  schenken  an  der  vart: 

20.    Du  böser  kneht,  got  hazz  dein  leben, 
Man  schölt  dich  dem  galgen  geben! 
AVarumb  spotstu  vnser  Wirtschaft 
Vnd  diser  grozzen  herschaft? 
Sag  an  schalch,  sait  ich  niht  dir, 

25.    Daz  du  des  besten  weins   brehtest  mir. 
Den  ich  iender  möhte  han? 
Vnd  des  schölst  du  niht  enlan. 
Den  wolt  ich  ze  trinken  han  gegeben 
Meinen  gesten,  di  bei  mir  hie  leben, 

30.    Meinem  brüder  vnd  den  herren  mein. 
Nv  hast  du  braht  wazzer  für  wein, 
Darvmb  scholt  du  wizzen  daz, 
Daz  du  verdient  hast  meinen  haz! 


D 


0  daz  der  schenk  vernomen  het. 


-     41     - 

Schreient  vnd  wainend  ze  stet 
Viel  er  auf  die  erden  do 
Für  den  pischof  vnd  sprach  also: 
Mein  vnschuld  wil  ich  ev  fürbringen 
5.    Genendiclichen  ^)  an  disen  dingen ; 
Vnd  ob  ir  niht  gelaübet  mir, 
So  scholt  doch  erbarmhertzenlichen  ir 
Gelauben  disen  edeln  ivngelingen, 
Die  pei  mir  waren  ze  disen  dingen. 

10.    Vil  schier  die  diener  all  gelich 
Ghomen  für  den  pischof  Emrich, 
Vnd  die  dem  schenken  volgten  mit 
In  den  chaeler  mit  gutem  sit. 
Do  er  zaepft  daz  weinvaz, 

15.    Daz  aller  beste  darinne  waz, 
Vnd  die  auch  mit  im  waren  da, 
Do  sie  den  pecher  vol  trügen  sa; 
Mit  ir  aiden  völliclich 
Bewarfen  sie  allez  daz  gäntzlich, 

20.    Daz  der  scheuch  gesaget  het 
Als  hie  vor  Reschriben  stet. 


D. 


)er  Tvmprost  auch  antwurte  do 
Dem  Bischof  vnd  sprach  also: 
Erberger  herre!  ir  schult  niht 

25.    Mit  vnmüt  haben  fürbaz  pfliht. 
Villeiht  von  got  daz  geschehen  ist, 
Swie  wunderlich  vns  sei  ze  der  frist. 
Wizzet,  daz  Macharius 
Der  abt  genant  alsus  — 

30.  Vmb  denselben  herren  wizzet, 
Der  ze  chainer  frist  niht  izzet 
Dheins  tiers,  daz  lebentich   ist  gewesen. 


^)  Karlsb.  Hs.  gnadiglich. 


—     42     — 

Von  dem  man  ie  horte  lesen, 
Noch  trincket  niht,  daz  trunkenheit 
Mvg  geben,  lait  vnd  vrölicheit, 
Wein,  maet,  noch  anders  iht, 
5.    Daz  ze  trvnkenheit  hab  pflicht. 
Herre  vater,  wir  sahen  dar 
Vnd  namen  vleizziclichen  war, 
Do  ir  dem  Abt  Machario 
Den  pecher  raicht  mit  dem  weine,  do 

10.    Gesegent  er  dar  vber  zehant 

Des  chrevtzes  zaichen  wol  bekant. 
Wir  erchanten  do  angst  seins  mütes 
Vnd  erpidemvng  seins  leibes  gutes 
Vnd  vil  grozzen  smertzen, 

15.    Den  er  het  an  dem  liertzen. 


l 


larumb  sein  wir  gewis  an  der  frist, 
Daz  ditz  von  got  geworht  ist. 
Wann  hie  gar  offenhchen 
Vor  vns  allen  sihticlichen 

20.    Von  gots  gnaden  daz  ist  geschehen, 
Daz  man  hie  nv  hat  gesehen, 
Daz  der  beste  wein  ze  dirre  frist 
In  lauterz  wazzer  vercheret  ist 
Von  Machario  dem  abt  genant, 

25.    Der  demütich  ist  vnd  got  lieb  bekant. 
Darvmb  frewen  wir  vns  mer 
Mit  gewonlichen  siten  mer  dann  her 
Vnd  tun  von  vns  travren  an  der  stat 
Vnd  loben  got  in  seiner  maiestat, 

30.    Der  gerücht  des  ze  geschehen 
Bei  vnsern  zeitcn  vns  ze  sehen, 
Daz  er  vns  erzaigen  wolt 
Ein  sölichz  zaichen  daz  geschehen  seit. 
Do  daz  der  Tvmprost  gesprochen  het 


—     43     — 

Der  pischof  chert  sich  an  der  stet 
Gein  dem  selben  abte  do 
Vnd  sprach  güthch  zu  im  also: 
Macharie,  aller  liebster  svn ! 
5.    Warvmb  liezest  du  mich  also  tun, 
Daz  ich  mich  versvndet  han 
Gein  got  vnd  dir  ane  wan? 
Wann  hete  ich  versehen  mich 
Semhcher  sache  an  dich, 
10.    Ich  het  dich  an  meinem  tische  niht 
Beswäret  mit  dheiner  geschieht. 


A. 


Luf  stünt  der  Pischof  Emrich 
Vnd  die  andern  gemainclich 
Von  dem  Tisch,  sie  giengen  hin 

15.    Andehticlichen  mit  ir  sin. 

Der  pischof  hiez  den  Tvmprost  da 
Den  pecher  nemen  in  sein  hant  sa 
Vnd  vor  in  allen  hin  scholt  gan 
Zu  der  obersten  kirchen  ane  wan. 

20.    Der  Pischof  het  an  seiner  hant 
Den  abt  Macharium  genant 
Vnd  er  sande  palde  poten  für 
Ze  ieglicher  kirchentür, 
Daz  man  zesampne  lävt  besunder 

i25.    Durch  div  gnad  vnd  durch  daz  wunder, 
Daz  der  wein  vercheret  ist 
In  lauter  wazzer  ze  der  frist 
Von  dem  Abt  Machario, 
Des  sie  alle  waren  vro. 

30.    Die  bei  im  waren  gesäzzen 


^)  Der  wahrscheinlich  auch  hier  durch  mein  Versehen  ausgelassene 
Vers  lässt  sich  aus  der  Karlsb.  Hs.  ergänzen :  vnd  des  tags  do  heten  gessen. 


_     44     — 

Die  giengen  nach  einander  schon 
In  einer  andehtigen  procession, 
Den  pochor  trüge  man  vor  in 
Dvn'ch  div  stat  ze  der  kirchen  hin, 
5.    Vntz  daz  sie  chomen  an  ein  stat, 
Do  sand  Kylian  einen  Alter  hat  etc. 


Do  crhal  dev  kirche  ze  der  frist 

Von  dem  volch,  daz  wüft  vnd  tobt 
10.    Von  freuden  vnd  got  do  lobt. 

Viel  schier  man  hüb  an  daz  gesanch 

Mit  lauter  stimme,  daz  ez  erclanch 

Te  deum  laiidamiis, 

Daz  bedeutet  sich  alsus: 
15.    Gott  herre  wir  loben  dich. 

Vnd  also  svnsen  sie  für  sich. 


D< 


lo  der  psalm  volbraht  wart, 
Die  Chorherren  alle  mit  der  vart 
Naigten  sich  mit  ir  knien  zeiiant 
20.    Ze  den  füzzen  des  abts  vorgenant 
Vnd  gerten,  daz  er  in  rücht  ze  geben 
Seinen  seligen  segen  über  ir  leben. 
Des  folgenden  Morgens  begleitet  man  Macharius  mit  dem 
Becher  in  grosser  Prozession  zum  Schotten-Kloster,  dem  der 
Bischof  St.  Kyhans  Pfründe    auf  ewig  verschreibt  mitsammt 
reichen  Weingärten    und   zudem   noch    die   Kirche  St.   Jacob 
stiftet.    Der  König  Konrad,  der  den  Zug  sieht^  lässt  sich  das 
Wunder  erzählen,  versucht  das  heilige  Wasser  und  verspricht, 
den  Schotten  in  Würzburg  ein  Kloster  zu  bauen. 

Ende:  Do  daz  der  künich  gesprochen  het,         (Bl.    66) 
Da  stuont  der  pischof  uf  ze  stet 
Vnd  die  mit  im  waren  da 
Vnd  giengen  gemaine  sa 
Jeglicher  an  sein  gemach. 


—     45     — 

Vnd  an  dem  andern  tag  darnach 
Wart  da  den  Schoten  gegeben  dar 
Sand  Kyhans  pfründe  offenbar 
Als  einem  ieglichen  Chorherren  do. 
Daz  stet  vntz  hevt  den  tag  also. 
Vnd  also  dienten  die  schotten  ,?e  lob 
Got,  in  dem  closter  ze  sand  Jacob 
Vor  der  stat  Wirtzburch  genant, 
An  dem  perg  Rabenstain  bechant; 
Je  einer  nach  dem  andern  gar, 
Als  in  ir  haimvt  geleit  ist  dar 
Von  dem  pischof  E'mrich, 
Alz  ez  noch  hivt  ist  sihticiich 
Vor  der  vorgenanten  stat, 
Dev  Wirtzburch  den  namen  hat.  ^) 


Beinerkiiiigen. 

1)  Die  Handschriften.  1.  Die  hier  im  Auszug  mitgetheilte 
und  oben  beschriebene  Londoner  Pergament-Hand- 
schrift (Harleian  Gollection  3971)  wurde  schon  von  Pertz 
im  »Archiv  der  Gesellschaft  für    ältere   deutsche    Geschichts- 


^j  Von  dem  vorstehendem  Gedichte  habe  ich  absichtlich  einen 
ausführlichen  Auszug  gegeben,  und  diejenigen  Stellen,  die  mir  ihrem 
Inhalt  und  auch  der  Form  nach  zur  Charakteristik  des  Gedichtes  die 
bemerkenswerthesten  schienen ,  wörtlich  ausgehoben.  Meines  Erachtens 
ist  »Karl  der  Grosse  und  die  Schotten«  mit  ebensoviel  Recht  der  Mühe 
einer  vollständigen  Ausgabe  werth ,  als  viele  andere  Gedichte  seines 
gleichen,  die,  das  unsrige  in  keiner  Beziehung  überragend ,  dennoch  die 
sorgfältigsten  Herausgeber  gefunden  haben.  Da  aber  diess  bloss  eine 
Entschuldigung  gleichsam  einer  Unthat  wäre ,  und  ich  eine  solche  auf 
eigene  Hand  zu  begehen  nicht  gewillt  bin  ,  stelle  ich  die  Entscheidung 
dieser  Frage  nach  den  hier  gegebenen  reichlichen  Auszügen  unsern 
Fachleuten  anheim. 


—     46     — 

künde,«  Bd.  7,  711,  erwähnt.  Pertz  setzt  die  Hs.  ebenfalls 
in's  XIV,  Jiihrh.  Eine  frühere,  mir  nicht  zu  Gesicht  gekom- 
mene Anzeige  derselben  steht  in  der  »Abendzeitung,  Weg- 
weiser im  Gebiete  der  Künste  und  Wissenschaften«  Nr.  45 
vom  G.  Junius  1821,  wo  zugleich  eine  unvollständige  Inhalts- 
angabe des  Gedichtes,  die  bis  zum  Tode  Karls  reicht,  nebst 
einigen  Proben  mitgetheilt  sind.  Ausserdem  vergl.  Massmann 
in  den  »Bayerischen  Annalen«  1835,  19.  ^) 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die  Londoner  Hs.  in 
verschiedene  Abschnitte  eingetheilt  ist,  deren  Inhaltsanzeige 
gewöhnlich  in  rother  Schrift  angegeben  ist.  So  steht  auf 
Bl.  13,  a: 

Flie  man  nv  end  hat, 

Wi  des  ersten  gewunnen  wart 

Regenspurch  di  stat, 
Bl.  20,  a:    Hie  vindet  man  aber  geschriben, 

Wie  khvnich  karle  vaht  wider 

Die  haiden,  di  sich  gesamnet  hetten 

Von  alle  der  werlt  stellen, 

Vnd  wollen  eruehten  Regenspurch  die  stat, 

Die  chvnich  karl  zu  dem  gelauben  bechert  halt. 
Bl,  24,  b:  Hie  hast  du  nu  geschriben  ze  haut. 

Wie  chvnich  karle  wider  choTn  in  das  laut, 

Genant  yspania, 

Ze  vehten  wider  die  haiden  da  etc. 


')  Erst  nachträglich  sehe  ich,  dass  Ludwig  Uhlaiid  unser  Ge- 
dicht nach  der  Copie  der  Karlsburger  Hs.  (das  Manuscr.  Mailäth's)  kannte 
und  so  auch  um  die  Existenz  der  Londoner  Hs.  wusste,  dieselbe  aber 
mit  M.  irrthümlich  für  eine  Papierhs.  hielt.  Uhland  sagt  über  Karl  und 
die  Schotten:  »Soweit  mir  dieses  Gedicht  bis  jetzt  bekannt  geworden  ist, 
erscheint  es  vorzüglich  dadurch  beachtenswerth ,  dass  es  Karin  auch  in 
deutscher  Sage  als  Glaubenshelden  darstellt,  wie  diess  auch  bei  der 
Kaiserchronik  der  Fall  ist.«  (Uhlands  Schriften  zur  Gesch.  der  Dichtung 
und  Sage  II,  94.) 


—     47     — 

Bl,  39,  b:  Hernach  geschriben  stat, 

Waz  man  antlazzes  von  weichsandpeter  hat.  u.  s.  f. 
2.  Es  existirt  noch  eine  zweite  Handschrift,  eine  Pa- 
pierhandschrift des  XV.  Jahrh.  aus  der  Bischöf- 
Hchen  Bibliothek  zu  Karlsburg  in  Siebenbürgen, 
welche  nebst  dem  Gedichte  über  Karl  den  Grossen  und  die 
Schotten  auf  der  innern  Seite  des  Einbandes  ein  Fragment 
des  Nibelungen  Liedes,  zehn  Strophen  aus  der  dreiund- 
dreissigsten  Aventiure,  das  bekannte  Karlsburger  Bruchstück^) 
enthält.  Die  Karlsburger  Hs.  (9891  Verse)  stammt  —  wie 
am  Schlüsse  derselben  ausdrücklich  beigefügt  ist,  aus  dem 
.Jahre  1405.  Der  Codex  (in  c{uarto)  enthält,  wie  der  Lon- 
doner^ weder  Vorrede  noch  Titel.  Die  Karlsburger  Hs.  war 
durch  den  Grafen  Mailäth,  den  unglücklichen  Geschichts- 
schreiber Ungarns  und  den  Herausgeber  der  Koloczaer  Hand- 
sclu-ift  ^)  zum  Drucke  bestimmt.  Derselbe  unterblieb  aus 
mir  unbekannten  Ursachen;  das  Manuscript  Mailaths  — 
es  sollte  bei  Cotta  erscheinen  —  kam  in  Lassbergs  Besitz 
und  befindet  sich  gegenwärtig  mit  der  ganzen  Lassberg'schen 
Bücherei    auf  der  Hofbibliothek    in   Donaueschingen.  ^)     Graf 


^)  Herausgegeben  durch  v.  der  Hagen  im  Jahre  1836  in  seiner 
Germania  I,  337  u.  ff. 

-)  Johann  Graf  Mailäth,  Geschichtschreiber  und  Dichter,  geb.  1786 
zu  Pesth,  suchte  1855  in  Folge  grossen  Elends,  in  dem  er  zu  München 
lebte,  mit  seiner  Tochter  den  Tod  im  Starnbergersee. 

t)  Dr.  K.  Barack:  Die  Handschriften  der  fürstl.  Fürstenbergischen 
Hofbibliothek   zu  Donaueschingen.     Tübingen  1865,  unter  Nro.  114. 

Die  Hofbibliothek  in  Donaueschingen,  gegen  deren  frühern  Vor- 
stand, Hrn.  Dr.  Barack,  ich  noch  eine  Schuld  des  innigsten  Dankes  abzu- 
tragen habe,  stellte  mir  in  liberalster  Weise  unter  ihrer  Jetzigen,  ebenso 
zuvorkommenden  Direction,  des  Herrn  Registrator  Schelble,  nebst  anderm 
Material  auch  das  Manuscript  des  Grafen  Mailäth  zur  Verfügung,  wofür  ich 
hier  nochmals  bestens  danke.  —  Das  vor  mir  liegende  druckfertige,  mit  einer 
Einleitung  versehene  Manuscript  (495  S.  in  4",  in  grünem  Saftianband)  trägt 
folgenden  Titel:    »Karl   der  Grosse    und  die  Schotten,  ein  alt- 


-     48     — 

Mailäth,  der  einen  diplomatisch  getreuen  Abdruck  der  Karlsb. 
Hs.  veranstalten  wollte,  hielt  die  ihm  eben  nur  aus  dem 
erwähnten  Auszug  der  Abendzeitung  als  Papierhs.  bekannte 
Londoner  Hs.  für  die  jüngere,  eine  Ansicht,  die  ich  hier 
nicht  erst  zu  widerlegen  brauche.  Nebst  ihrem  geringern 
Alter  ist  die  Karlsb.  Hs.  mit  der  Londoner  auch  an  Kor- 
rektheit nicht  zu  vergleichen.  Einige  Proben  werden  diese 
Behauptung  bestätigen: 

Karlsburger  Hs.  Anfang: 

Uss  alter  vorher  komen  ist 

Wie  man  es  noch  geschriben  list, 

Das  vier  erweit  stet  sindt, 

Als  man  noch  geschriben  vindt, 
5.    Die  niemant  vndertanig  süllen  wesen 

Dann  päbst  oder  kaiser  als  wir  lesen. 

Die  erst  stat  rom  ist  genant, 

Tuschkan  haisset  da  ir  laut 

Pey  dem  wasser  teifir  genant 
10     Das  in  dem  land  wol  ist  bechant. 

Trier  ist  die  ander  stat 

In  lutring,  das  wasser  den  namen  hat 

Die  musel  ist  es  aldo  genant 

Und  manigem  man  wol  wekant. 
15.    Köln  die  trit  stat  man  nennet 

Bey  rein  dem  wasser  man  sie  erkennet. 


deutsches  Heldengedicht  nebst  einem  Bruchstück  des  Ni- 
belungen-Liedes, herausgegeben  von  Johann  Grafen  Mai- 
läth. Stuttgard  und  Tübingen  bei  J.  G.  Cotta.«  Auf  dem 
Titelblatt  befmdet  sich  das  Lassberg'sche  Wappen.  Der  Herausgeber 
beabsichtigte  das  Werk  dem  damaligen  Kronprinzen  Maximilian  von 
Bayern  zu  widmen.  Die  —  wie  mir  scheint  ungenaue  Abschrift  des 
Gedichtes  wurde  an  Ort  und  Stelle  selbst  von  einem  Professor  am 
bischöllichen  Lyceum  zu  Karlsburg  angefertigt.  Mailäth's  Arbeit  mag 
aus  dem  dritten  oder  vierten  Decennium  unsers  Jahrhunderts  stammen. 


—     49     — 

Regenspurck  die  vird  stat 

Die  vil  gros  wirdichait  hat 

In  pairii  ist  sie  wol  ein  krön, 

Bey  der  tinnaw  stet  sie  schön.  ^) 
5.    Das  selb  wasser  fleusse  es  gat 

In  das  mer,  vier  porten  es  hat 

Als  hie  vor  geschriben  ist 

Vnd  als  man  hernach  wol  list 

Von  der  grossen  wirdikait, 
10.    Die  den  vier  steten  ist  aufgelait; 

Rom  die  stat  vnd  trier, 

Köln  regenspurck  die  stet  vier 

Den  ist  mit  rechter  kur  gegeben 

Wie  sie  mit  eren  süllen  leben 
15.    Vnd  wie  sie  gefreyt  sind, 

Als  man  es  noch  hernach  geschriben  vind. 

Vir  sullen  ze  disen  Zeiten  gedagen 

Rom  koln  trier  vnd  sagen 

Von  regenspürgk  der  werden  stat, 
20.    Was  die  wird  vnd  cre  hat 

Als  die  geschrift  weweisen  kan, 

Die  püecher  die  noch  geschriben  stan 

Von  alter  her  der  siecht  es  wol 

Was  recht  die"  stat  haben  sol. 
25.    Regenspmxk  ist  sie  genant 

Vnd  ist  vil  weit  verer  wekant 

Von  alter  her  vil  manigk  iar 

Das  sag  ich  euch  gancz  furwar. 

Die  stat  was  mit  gevierten  stain 
30.    Mit  grossen  vnd  nicht  mit  klain 


^)  In  der  schwäl)isch-alemannischen  Schrift  des  14—16.  Jahi'h. 
bedeuten  zwei  Punkte  über  einem  VocaJe  die  Länge  (schön  :=  schön). 
Der  Umlaut  wird  durch  sehief  gestellte  Punkte  bezeichnet. 


—     50     — 

Unb  vnd  vmb  all  vmb  gebenn 
Ze  allen  selten,  schön  vnd  eben 
Mit  gezüt  vnd  flois,  darzu 
Paidew  spat  vnd  frue 
5.    Was  iederman  all  er  möcht 

Wie  gczirt  gewand  es  als  im  töcht. 
Sie  flissen  sich  auch  starcker  man 
Ze  allen  zeitten  dar  an, 
Sie  warn  wol  pey  reichtnm 
10.    Vnd  darzu  mit  grossem  rum. 
Gering  silber  vnd  gold 
Gaben  sie  viel  grossen  sold 
Als  es  die  haiden  wollten  han 
Nach  irem  willen  frawen  vnd  man. 
15.    Das  wert  vill  lang  also 
An  alle  mue  vnd  dro 
Vncz  an  kunich  karel  zeit 
Der  vertraib  si  dann  mit  grossem  streit. 
Die  Eigennamen  der  Karlsb.  Hs.  sind  zum  Theil  grau- 
sam verstümmelt,  hie  und  da  Verse  ausgelassen,  oft  ein  und 
derselbe  Vers   wiederholt.     Ich   führe   noch    einige   frappante 
Beispiele  von  dieser  Unkorrektheit,  die  ich  freihch  auf  Rech- 
nung des  Abschreibers  setzen  möchte  an: 
Zu  Karls  Tod.  —  das  er  niht  lenger  solde 

leiden  das  kunigreich  (statt  kumberlich)  leben. 
Oder:      —  Warumb  lassest  du  geweisen 

Den  hirtt  der  wol  speysen    (statt   dein   hert 
der  wolf  peissen). 
Später:  da    gelegen    was    dy    hoffart    (statt    hofstat) 

vor  etc. 
Die  Lond.  Hs.  enthält   nicht,    wie   Graf  Mailäth  —  um 
ihr  jüngeres  Alter  zu  beweisen  —  in  seinem  Manuscript  an- 
führt,   spätere  Einschaltungen.     Diese  erweisen  sich  lediglich 
als  die  schon  besprochenen  Ueberschriften  der  einzelnen  Ab- 


—     51     — 

schnitte.  Dagegen  hat  die  Karlsburger  Hs.  offenbare  Lücken, 
so  fehlt  ihr  das  wichtige  Factum,  dass  Karl  ein  Sohn,  der 
später  im  Gedicht  auftritt,  geboren  wird.  Die  vielfach  ver- 
derbte Hs.  gibt  auch  zum  Schluss  die  ordinäre  Zuthat: 

Hie  hat  das  puch  ein  end 

Got  vns  sein  engel  send! 

2.  Die  historische  Grundlage.  In  unserm  Gedichte,  das 
seinen  Ursprung  mönchischer  Speculation  verdankt,  die, 
unbekümmert  um  die  Entstellung  der  Geschichte  die  Grün- 
dung der  Schottenklöster  in  Regensburg  auf  Karl  den  Grossen 
(den  zwar  die  Kirche  nicht  canonisirt,  das  Volk  aber  heilig 
gesprochen  hat)  zurückzuführen  bestrebt  ist,  ^)  dämmert 
dennoch  oft  ein  historischer  Schimmer  durch  das  Chaos  der 
Anachronismen  und  Fabeln  hindurch.  Halten  wir  diese  spär- 
lichen Strahlen  fest. 

Nach  Eginhard  lieferte  Karl  der  Grosse  den  Heiden  eine 
Schlacht  bei  Regensburg  im  Jahre  780.^)  In  den  ersten 
Jahren  des  folgenden  Decenniums  erscheint  Karl  nach  dem 
nämlichen  Gewährsmanne  einige  Male  zu  Regensburg.  Ebenso 
hat  er  im  Jahre  799  mit  Papst  Leo  in  Paderborn  eine  Zu- 
sammenkunft. 813  wird  Karls  Sohn  Ludwig  zu  Aachen  zum 
römischen  König  gekrönt. 

Aber  erst  zwei  Jahrhunderte  später  geschahen  die  An- 
siedelungen der  irischen  Mönche,  die  das  Mittelalter  con- 
sequent  Schotten  nennt ^)  in  Regensburg.   Allerdings  scheint 


^)  Diese  Fabel  widerlegten  schon  im  Anfang  des  XV.  Jahrhunderts 
Andreas  aus  dem  Kloster  St.  Mang  zu  Stadt  am  Hof,  dann  Bruder  Martin 
von  St.  Emmeran  und  endlich  Aventin,  Ann.  Boj.  I,  IV,  cap.  4,  9. 

-)  Auch  Konrad  von  Megenberg  (Gonradus  de  monte  puellarum) 
erwähnt  in  seinem  Tractatus  de  limitibus  parochialibus  in  Ratispona 
editus  a.  d.  1373  (Hs.  auf  der  Regensb.  Stadtbibl.)  Cap.  V  diesen  Sieg  und 
den  collis  victoriae. 

^)  Vrgl.  Zeuss,  die  Deutschen  und  ihre  Nachbarstämme,  p.  569.  — 
Irland  selber  führte  den  Namen  Hybernia  oder  Scotia. 


_     52     

nach  dem  Mönch  von  St.  Gallen  auch  Karl  der  Grosse  schon 
früher  Sciiotten  an  sieh  gezogen  zu  haben,  allein  sie  gehören 
doch  wesentlich  der  meroAvingischen  Periode  an.^) 

Unter  dem  Bischöfe  Otto  von  Ritenburg  in  Regensburg 
(lOGO— 1089)  wurde  das  in  der  Folge  nach  St.  Jacob  ver- 
legte Weihsantpeter  durch  den  Schotten  Marianus  und  fünf 
seiner  Gefährten,  welche  die  Usurpation  Macbeth's  aus  der 
Heimat  vertrieben  haben  soll,  gegründet.  Sie  fanden  Auf- 
nahme in  den  Klöstern  Ober-  und  Niedermünster.  Die 
Aebtissin  Willa  von  Obermünster  überliess  ihnen  die  zu 
ihrem  Stifte  gehörige  Kirche  Wihen  St.  Petri,  wovon  sie  sich 
nur  das  Grundeigenthum  vorbehielt,  und  ein  reicher  Bürger 
baute  den  Schotten  bei  der  Kirche  ein  Hospiz,  welches  sie 
im  Jahre  1075  bezogen.  Sie  lebten  von  Almosen  und  Bücher- 
abschreiben,  bereiteten  sogar  das  Pergament  selber.  Einer 
von  ihnen,  Isaac,  erreichte  das  hundertste  Jahr.  Im  Jahre 
1089  nahm  Kaiser  Heinrich  IV  das  arme  Klösterlein  in  seinen 
Schutz  durch  einen  Schirmbrief. ^)  Nach  und  nach  kamen 
so  viele  schottischen  Benedictiner  nach  Regensburg,  dass  man 
darauf  dachte,  den  Männern,  die  sich  durch  den  Unterricht 
der  Jugend  rasch  beliebt  machten,  neue  Räume  zu  bauen, 
und  während  Weih-St.  P^ter  sich  im  Süden  (ausserhalb)  der 
Stadt  befand,   gewann   man  für  das  neu  zu  bauende  Kloster 


*)  W.  Watlenbach,  Deutschlands  Geschichtsquellen  im  Mittelalter 
bis  zur  Mitte  des  XIII.  Jahrh.  2.  Aufl.  p.  83  u.  ff.  —  Die  nachfolgenden 
historischen  Notizen  über  Regensburg  verdanke  ich  ebenfalls  Herrn  Pro- 
fessor Dr.  Reber  in  Regensburg. 

^)  Vrgl.  Ried,  God  dipl.  episcop.  Ratisb.  I,  160  und  Monumenta 
boica  29  Bd.  p.  209:  Omnibus  Ghristi  fidelibus  memorie  committimus 
qualiter  tempore  Ottonis  Ratisponens.  Givitatis  Episcopi  Scotigene  quidam 
pro  cruciando  corpore  salvandaque  anima  patria  sua  exularant  ac  diu 
orationum  loca  visitantes  Ratispona  tandem  vcnerant,  qui  Ecclesiarn  in 
Wihen  S.  Petri  orationis  providendani  susciporent  mox  officinas  edi- 
ficant,  nionachicamque  vitam  inibi  celebrant  et  ab  eleeniosynio  fidelium 
tantum  ibi  victitant  —  etc. 


—     53     - 

eine  Oertlichkeit  im  Westen  der  Stadt.  Vor  dem  damaligen 
Roselin-Tlior  ^)  besass  Friedrich,  Graf  von  Frontenhausen,  eine 
geräumige  Hofstatt  und  Grundbesitzungen,  welche  um  1109 
von  dem  damaligen  Regensburger  Burggrafen  Otto  und  dessen 
Bruder  Heinrich,  beide  Landgrafen  von  Steffaning  und  Riten- 
burg, sowie  von  des  letztern  Gemahlin  Bertha,  Tochter  Her- 
zogs Leopold  von  Oestreich,  dann  von  Luitgarda,  Gemahhn 
des  Grafen  von  Bogen,  ferner  von  den  beiden  Herren  Gund- 
acker  und  Werner  von  Laber  und  einigen  reichen  Bürgern 
von  Regensburg  gekauft  Avurden.  Dort  wurde  den  Schotten 
ein  grosses  Kloster  mit  Kirche  gebaut.  Bischof  Hartwich  L 
weihte  im  Jahre  1120  die  Kirche  ein,  deren  berühmtes 
romanisches  Portal  noch  jetzt  eine  Hauptzierde  der  Stadt  ist, 
wie  denn  die  Basilica  zu  St.  Jacob  in  der  Kunstgeschichte 
des  Mittelalters  eine  bedeutende  Stelle  einnimmt.  ^)  Kaiser 
Heinrich  V.  hat  im  nämlichen  Jahre  das  Kloster  durch  eine 
Urkunde  in  seinen  und  des  Reiches  Schutz  genommen  und 
mit  Privilegien  ausgestattet.  Weihsantpeter  wurde  nicht  ver- 
lassen, sondern  gehörte,  nachdem  dort  ein  Priorat  des  Schotten- 
klosters St.  Jacob  errichtet  worden,  mit  zu  den  Besitzungen 
des  neuen  Gotteshauses.  Die  Kirche  Weih-St.  Peter  und  die 
dazu  gehörenden  Gebäude  bheben  stehen  bis  zum  Jahre  1552.^) 
In  dem  durch  den  Abfall  des  Kurfürsten  Moritz  von  Sachsen 
vom  Kaiser  hervorgerufenen  erneuten  Krieg  des  schmalkal- 
dischen  Bundes  gegen  Karl  V.  wurden  auf  Befehl  des  in 
Regensburg  kounnandirenden  kaiserl.  Obersten,  Grafen  von 
Eberstein  alle  zu  Weih-St.  Peter  gehörenden,  als  vor  den 
Thoren  der  Stadt  gelegenen  und  die  Vertheidigung  liindern- 


M  Siehe  p.  3± 

-)  Vrgl.  den  schönen  Aufsatz  Wattenbach's,  die  Gongregation  der 
Schotteuklöster  in  Deutschland,  iu  der  Zeitschrift  für  christl.  Archäologie 
und  Kunst  v.  F.  v.  Quast  und  H.  Otte.     I.  Bd.  1856  p.  21  u.  ff. 

^)  Thomas  Ried,  historische  Nachrichten  von  dem  im  Jahre  1552 
demolirten  Schottenkloster  Weyh  St.  Peter  zu  Regensburg.  Regensb.  1813. 


—     54     — 

den  Gebäude  niedergerissen  und  die  Steine  zur  Ausbesserung 
der  Stadtbefostigimg  verwendet.  Der  Platz  wurde  darauf 
der  evangelischen  Bürgerschaft  als  Begräbnissplatz  zugewiesen 
und  ist  bis  zum  heutigen  Tage  solcher  geblieben.  Von  Weih- 
st. Peter  ist  gegenwärtig  nur  noch  der  Name  eines  Thores 
übrig,  das  im  Süden  der  Stadt  zum  Bahnhofe  führt. 

Es  hält  schwer,  eine  genaue  Reihenfolge  der  Schotten- 
äbte in  Regensburg  festzustellen,  da  die  Urkunden  theilweise 
zu  fehlen  scheinen.  Einmal  ist  Weih-St.  Peter  verschwunden, 
und  zu  St.  Jacob  wurden  im  XVII.  Jahrhundert  die  meisten 
Leichensteine  beseitigt;  zudem  hat  die  Bibliothek  der  Schotten 
schwere  Verluste  erlitten,  theils  durch  Brände  in  früherer 
Zeit  und  theils  scheint  zuletzt  bei  Aufhebung  des  Klosters 
(1862)  Vieles  verschleudert  oder  nach  England  verkauft  wor- 
den zu  sein. 

Paricius  in  seiner  »Kurzgefassten  historischen  Nachricht 
von  allen  in  denen  Ring-Mauern  der  Stadt  Regensburg  ge- 
legenen Reichs -Stifter,  Hauptkirchen  und  Klöstern»  etc. 
(Regensb.  1725)  stellt  p.  226  folgende  Reihenfolge  der  Schotten- 
äbte auf: 

Dominicus  1098,  erwählter  Schüler  Mariani  Scoti  bis 
1121,  unter  ihm  die  neue  Kirche  (St.  Jacob)  eingeweiht.  (Auf 
ihn  bezieht  sich  wohl  die  noch  nicht  aufgefundene  Vita  S. 
Dominici  Konrad  v.  Megenbergs,  der  von  1342 — 74  in  Regens- 
burg wirkte.)  Vermitius  1121  —  1133,  Christianus  1133—1164, 
Domninus  1164—1172,  Georgius  I.  1172—1204,  Joannes  I. 
1205—1212,  Mathaeus  I.  1212—1214,  Jacobus  I.  1214—1223, 
Joannes  IL  1223—1265,  Pauhnus  1266—1279,  Marrobius 
1279—1291,  Mathaeus  IL  1290—1293,  Mauritius  L  1293  bis 
1295,  Marianus  1295—1301,  Donatus  L  1301  —  1310  etc.  etc. 

Dagegen  befindet  sich  auf  der  Regensburger  Bibliothek 
ein  geschriebenes  Verzeichniss,  betitelt:  series  Abbatum  mo- 
nasterii  S.  Jacobi  von  dem  bereits  genannten  Thomas  Ried, 
das  wesentlich  von   obiger  Reihe  abweicht   (wie  jenes   auch 


—     55     — 

erst  die  Aebte,  die  zu  St.  Jacob  residiren  angibt),  aber  wohl 
das  genauere  sein  wird.  Doneljus  1107,  Vermitius  1121, 
Christianus  1148,  Gregorius  I.  1156,  Patritius  1193,  Joannes  I. 
1204,  Matthaeus  I.  1211,  Gregorius  II.  1214,  Jacobus  I.  1223, 
Joannes  IL  1233,  Sanctinus  1241,  Deocharus  1243,  Mat- 
thaeus II.  1247,  Jacobus  II.  1251,  Gelasius  I.  1257,  Mat- 
thaeus III.  1261,  Macrobius  I.  1277,  Mauritius  I.  1293,  Ma- 
carius  1295,  Marinus  1296,  Donatus  I.  1300. 

Nach  unserm  Gedichte  waren  Erhard^)  und  Albrecht 
die  ersten  Schotten^),  die  nach  Regensburg  kamen,  und  als 
erster  und  einziger  Abt  von  Weih-St.  Peter  wird  Dionysius 
genannt  (der  in  keinem  der  obigen  Verzeichnisse  erscheint); 
später  scheinen  nach  unsrem  Gedichte  die  Aebte  des  Haupt- 
klosters St.  Jacob  auch  die  Oberhoheit  über  Weih-St.  Peter 
ausgeübt  zu  haben,  und  als  die  ersten  Aebte  zu  St.  Jacob 
werden  Cristan  und  Gregorius  (beide  in  Ried's  series  abbatum) 
angeführt. 

Das  Gediclit  macht  auch  den  hl.  Golumban  (f  615  zu 
Bobbio)  zum  Zeitgenossen  Karls.  Ebenso  Avenig  passt  ein 
Papst  Cölestin  in  diese  Zeit  (Coelestin  IV.  1241,  Cölestin  V. 
1294),^)  noch  Aveniger  König  Konrad  oder  gar  Lothar,  der 
hier  zu  Karls  Sohn  gemacht  wird.  —  Noch  ein  Wort  über 
die  beiden  Mariani,  die  im  Gedicht  erscheinen.  Marianus, 
wahrscheinlich  fälschlich  Scotus  genannt,  kam  mit  Johann 
und  Candidus  1067  nach  Deutschland,  wurde  auf  Zureden 
des  Bischofes  Otto  von  Bamberg,  Benedictiner ,  zog  nach 
Regensburg   und   soll   der  Gründer  von  Weih-St.  Peter  sein. 


^)  In  den  Jahren  1357  oder  58  schrieb  Konrad  von  Megenberg 
seine  Vita  S.  Erhardi  gedr.  in  den  acta  Sanct.     Jan.  T.  I. 

-j  Nach  Raderi  Bav.  Sanct  Tom.  II,  p.  232  hiess  der  erste  Irlän- 
der,  der  um  1080  nach  Bayern  kam  und  sich  auf  ewig  in  Obermünsler 
zu  Regensburg  einmauern  liess,  Muricherodachus. 

^)  Leo  und  Hadrian  (Hadrian  I.)  im  Gedicht  gehören  in  das  Zeit- 
alter Karls. 


—     56     — 

Starb  um  1080.  ^)  (Eine  vita  S.  Mariani  Scoü  in  den  Acta 
Sanct.  Febr.  T.  II,  365  -7:äJ  Der  andere  Marianus  mit  dem 
Zunamen  Scotus,  geb.  um  1028,  kam  1052  nach  Deutschland 
und  soll  in  Regensburg  die  Mathematik  und  lil.  Schrift  ge- 
lehrt haben.  1058  bezog  er  die  Abtei  Fulda  und  starb  in 
St.  Martins  Klause  zu  Mainz  um  1082  oder  1085.  Er  schrieb 
eine  Chronik  von   Geburt  Christi   bis    1083   (v.  Waitz  edirt). 

Es  erübrigt  noch,  von  der  von  Regensburg  aus  gestif- 
teten Schottenkolonic  St.  JacoJj  in  Würzburg  zu  reden.  ^)  Im 
Jahre  1134  wurde  von  Bischof  Emmerich  von  Würzburg  ^) 
den  Schotten  das  Kloster  St.  Jacob  gegründet'^)  und  St.  Maca- 
rius  ^)  soll  1140  zum  ersten  Abte  desselben  erwählt  wor- 
den sein. 

Später  wurden  von  Herzog  Heinrich  IL  auch  Schotten 
nach  Wien  berufen.  Die  Oberhoheit  über  diese,  sowie  über 
die  andern  Zweigstiftungen  in  Würzburg  und  Memmingen 
übte  bis  zu  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts  St.  Jacob  in  Regens- 
burg aus. 

3.  Das  lateinische  Original.  Pertz  füjjrt  im  VII.  Bande 
des  Archivs  für  ältere  dcütsclie  Geschichtskundc  pag.  711 
eine    lateinische   Handschrift    des    britischen   Museums    über 


')  Ueber  ihn  Waltenbach  im  schon  genannten  Artikel  in  der  Zeit- 
schrift von  Quast  und  Otte  p.  ^7. 

')  Unser  Gedicht  lässt  den  iil.  KilJan  mit  .seinen  Gefährten  Golo- 
nato  und  Totnato  ebenfalls  zu  Karls  Zeiten  nach  Würzbürg  kommen, 
obgleich  dies  ein  Jahrhundert  früher  geschaii.  —  Hierüber  J.  Gropp: 
Lebensbeschreibung  deren  Heiligen  Kiliani,  C.olonati,  Totnani  etc.  nebst 
gründlicher  Nachricht  von  dem  alten  Dornb-  und  nachniulen  Gollegiat- 
Stifft  zum  iXeuen-Münster  Wirtzb.  1738. 

^)  Nach  Mailäth's  Vermuthung  Enunerich  Graf  von  Leiningen, 
27.  Bischof  v.  W. 

')  Vrgl.  Ludwig  Sc.  Wirceb.  p.  993. 

■')  Ueber  Macarius  theilt  Mone's  Anzeiger,  Jahrg.  1839,  p.  203  das 
Fragment  einer  andern  Legende  mit. 


—     57     — 

die  Gründung  von  Weihsanipeter  in  Regensbiirg  an.^)  Es 
ist  dies  der  Cod.  3973  der  Harleianischen  Sammlung,  im 
Catalog  folgenderweise  bezeichnet:  »Historia  fundationis  eecle- 
siao  Petri  Ratisponae  et  sanctorum  Hibernensiuni.  Videtur 
de  iisdem  rebus  agere  quae  tractantur  in  no.  3071  cum  quo 
in  forma  consentit  admodum.»  Dieser  Perg.  Cod.  3973  be- 
steht aus  87  beschriebenen  Blättern  in  Folio,  Jede  Seite  zu 
zwei  Golumnen  ä  26 — 27  Zeilen.  Die  ziemlich  regelmässigen 
Schriftzüge  und  Abkürzungen  weisen  auf  das  Ende  des 
XIV.  Jahrhunderts  hin. 

a)  pag.  1.  Incipit  prologus  in  libellum  de  fun- 
dacione  ecclesie  consecrati  petri  Ratispone.  Humane 
sapientie  dyafiona  claritas  et  clara  dyaffonitas,  quas  prosiliens 
prothoplastes  e  fönte  creationis  primitive  produxerat,  ipso  in 
peccatum  defluente  periit,  terra  corrupcionis  fuligine  obscurata. 
Ponderosa  igitur  et  obscura  intellectus  humani  ratio  parturit 
et  ingemiscit,  expoUari  cupiens  cecitatis  quam  incidit  densa 
caligine,  viduique  (?)  rursus  ammissi  luminis  puritate  fastigia 
vero  tam  eminentissimi  culminis,  unde  mit  subito  motu  facili 
diuturnis  laboribus  anxia  conscendit  pedetemptim  et  vix  illu- 
stratur  parvo  cognicionis  lumine  etc. 

Nach  dieser  etwa  drei  Seiten  langen  praefatio  incipit 
libellus  de  fundacione  ecclesie  consecrati  petri  quae 
vulgariter  dicitur  weihsantpeter,  tractans  de  hyber- 
nia  et  sanctis  hyberniensibus  quorum  corpora  ibi 
rec{uiescunt. 

Gandelabro  superponere  cupiens  lumen  divine  miserati- 
onis,  cjuod  in  rcgione  umbrae  mortis  liabitantibus  nobis  illuxit, 
in  unum  volumen  redegi  scripta  veterum,  quae  in  diversis 
codicibus  repperi  ac  seniorimi  reverendorum  relatibus  intellexi 
de   praepollencia    sanctitatis    ecclesie    sancti   Petri    consecrati 


^)  Ich  verdanke  die  Beschreibung  dieser  Hs.  sanirnt  den  hier  ge- 
l)otenen  Auszügen  der  Freundlichkeit  meines  Landsmannes,  des  Herrn 
Dr.  Sigg  von  Zürich,  z.  Z.  in  London. 


—     58     — 

Ratisponc,  que  vulgo  weihsantpeter  dicitur  et  sanctorum 
hybernensium,  quorum  illuc  grata  societas,  iit  mihi  fragraret 
per  vite  meritum  et  virtutis  cxinde  daret  odorem,  divinitus 
est  directa  et  quia  de  sanctis  palmitibus  huc  aliunde  per 
manuiii  domini  mirifice  transplantatis  tractaturi  sumus,  prius 
aliquid  de  illa  terra  disorere  convenit,  vnde  nobis  tarn  gloriosa 
propago  Vitium  pullulavit.  In  Occiduis  mundi  partibus  in 
Oceano  hec  terra  sita  est,  que  hybernia  vocitatur,  amena, 
pascuis  opima  (et)  fructibus,  lacte  et  melle  manans,  piscibus 
exuberans,  irugum  fertilitate  plurimum  copiosa:  vasa  ire  dei, 
peccatores,  rei,  sordentes  spurciciarum  plenitudine  hujus 
exemplo  terrae  sperare  discant,  quod  ipsos  si  se  ad  graciam 
habilitaverint,  mutacio  (?)  dextere  excelsi  viciis  evacuans 
replebit  gracia  etc. 

So  geht  es  fort  von  Capitel  zu  Gapitel  (25  Cap.): 
Quahter  sit  conversa  terra  illa;  de  fide  et  benignitate  gentis 
illius;  de  concilio  Sanctorum,  qualiter  venenata  et  demonia 
eiciuntur  de  terra  etc.  etc.  bis 

b)  Bl.  14,  b.     Anfang  dieses  Tractates: 

Asia  ab  Oriente  vocata  antiquitus  a  regine  (?)  avus 
nomine  funxit  in  imperio  etc.  (Ich  wage  es  nicht,  weder  den 
Eingang  noch  den  Schluss  dieses  total  entstellten  Gapitels 
abzudrucken.) 

c)  Bl.  15,  b.  Hie  incipit  tractatus  de  civitate 
Ratispona  nomine  quatuor  lapidum.  Ex  antiquis  tem- 
poribus  quatuor  principales  civitates  esse  videntur,  que  sub- 
gaudent  privilegio  unius  libertatis  ac  juris  unius,  que  nulli 
homini  servierunt  (nee)  uli  subsunt  potestati,  quam  apostolice 
auctoritati  et  imperial!  maiestati.  Quarum  prima  est  Roma, 
alia  Treveris,  tercia  Colonia  ac  Ratispona,  que  quarta.  Roma 
quidem  sita  est  in  tuscia  iuxta  fluvium  tyberim,  Treveris  in 
Luteringa  iuxta  fluvium  mosolam,  Colonia  super  fluvium 
renum,  Ratispona  civitas  bavarie  super  flumen  danubis,  quod 
quatuor  portis  intrat  in  mare.     Roma,   ut   praedixi,    est  sita 


—     59     — 

in  affrica  (!),  Treveris,  Golonia  ac  Ratispona  site  sunt  in  Europa. 
De  quibus  civitatibus  est  ad  praesens  tacendum:  recursum 
breviloquum  habeamus  ad  Ratisponam,  urbem  praeclaram, 
prout  in  legendis  antiquis  et  coronicis  evidentius  est  repertum. 
Ratispona  est  civitas  antiqua,  antiquitus  nominata  civitas 
quadratorum  lapidum,  quia  munita  fuit  de  quadratis  lapidi- 
bus  magnis  et  politis  undique,  ut  apparet  hodie  in  eiusdem 
muri  parietibus,  habundans  gloria  et  diviciis,  in  pompa 
vestium  et  robustorum  murorum  fortitudine,  auri  et  argenti 
habundantia  usque  ad  tempus  karoli  regis  magni  licet  pagani 
eam  inhabitabant  (?).  Karolus  igitur,  filius  pipini  regis  roma- 
norum,  qui  pipinus  rex  duxit  filiam  regis  francie  et  per  eam 

recepit  filium  nomine  Karolum mortuo  autem  pipino,  patre 

Karoli,  Karolus  successit  patri  in  regnum,  sapiens,  prudens 
et  judex  laudabilis  viduis,  orphanis,  religiosis  et  toti  populo, 
vir  timens  deum  in  illis  diebus  tunc  augmentabat  ecclesiam, 
et  crescebant  undique  christiani:  Eodem  tempore  apparuit 
angelus  domini  in  sompnis  Karolo  regi,  dicens  ei:  Karole 
amice  dei,  dominus  deus  misit  me  ad  te,  ut  hec  verba  nun- 
ciarem  tibi  etc. 

Schluss  (Bl.  87):  Cepit  tedere  et  mestus  esse  et  mul- 
tum  debilitare,  quia  gravis  infirmitas  accedebat  et  indicabat 
eum  jam  velle  absolvi.  Ipse  quoque  cernens  se  non  posse 
pre  längere  nimio  subsistere  nee  habere  se  considerans  inter 
mortales  amplius 

(Bricht  mitten  im  Satz  ab.  Nach  Pertz  handeln  diese 
letzten  Worte  vom  Tod  Herzogs  Welfs,  in  Gegenwart  der 
Grossen  von  Schwaben  und  Friedrichs  von  Rothenburg  und 
Alhaide,  seiner  Tochter.)  —  Vergleichen  wir  nun  den  letzten 
Abschnitt  c,  bei  den  Worten:  ex  antiquis  temporibus  begin- 
nend mit  dem  Eingang  unsres  deutschen  Gedichtes  über  Karl 
den  Grossen  und  die  Schotten,  so  sehen  wir  auf  den  ersten 
Blick,  dass  in  diesem  Theil  der  lat.  Hs.  3973  das  dort  wört- 
lich übersetzte  Original  vor  uns  hegt.    Der  deutsche  lieber- 


—     60     — 

Setzer  weist  nicht  nur  oft  auf  dasselbe  hin,  sondern  gibt 
sogar  einige  Male  sein  vorliegendes  Latein  unübersetzt  wieder. 
Bei  einer  künftigen  Herausgabe  des  deutschen  Gedichtes  ist 
auch  das  lateinische  Original,  das,  Avie  es  scheint,  weiter 
reicht,  als  die  lieber  Setzung  vollständig  abzudrucken. 
Dieser  Tractat  ist  auch  —  ob  ganz  oder  bloss  im  Auszug, 
ist  mir  unbekannt  —  in  dem  Münchner  cod.  germ.  2928  aus 
dem  XV.  Jahrhundert  zu  finden.  In  jener  Handschrift  be- 
finden sich  nebst  einer  CIhronik  von  Scheiern  folgende  Stücke: 
Bl.  116.  De  civitate  Ratisponensi.  Bl.  201.  Excerptum 
libelli  de  fundacione  ecclesie  consecrati  Petri. 

Daneben  gibt  Pertz  im  Archiv  X,  455  noch  von  einer 
Wiener  Hs.  Kunde,  die  er  folgendermassen  charakterisirt: 
»Cronica  Karoli.  Sehr  fabelhaft,  geschrieben  zur  Verherr- 
lichung der  Schotten,  enthält  die  Gründung  von  Weih-St.  Peter 
und  St.  Jacob  in  Regensburg  und  ihres  Klosters  Memmingen, 
sehr  weitläufig  aber  romanhaft.» 


4.  Die  deutsche  Uebersetzung.  Aus  den  reichlich  mit- 
gcthcilten  ProJjcn  dos  deutschen  Gedichtes  und  dem  bis- 
her Gesagten  kann  man  mit  Bestimmtheit  darauf  schhessen, 
dass  die  Abfassungszeit  unsrer  Uebersetzung  nicht  weiter  als 
in  das  XIII.  Jahrhundert  zurück  zu  setzen  ist.  Als  St.  Jacob 
zu  Regensburg  in  seiner  Blüthe  stand,  musste  der  immense 
Nimbus  Karl  des  Grossen  auch  dieser  Stiftung  von  seinen 
Strahlen  leihen  und  so  spielt  auch  hier  ein  Stück  der  alten 
Fabel  von  der  Schenkung  Constantins  im  Kleinen  und  unter 
veränderten  Verhältnissen  ab. 

Die  Kunstübung  des  Dichters  ist  keine  aussergewöhn- 
liche:  wenn  auch  einzelne  Stellen  wahrhafte  Begeisterung 
erkennen  lassen,  so  ist  doch  der  grössere  Rest  unmässig 
breit,  schwunglos,  oft  langweilig,  die  Verse  zum  grössten  Theil 
platt   und   reimann.     Es   scheint   mir,    dass  Mailäth  eine  zu 


—     Gl     — 

gute  Meinimg  von  dem  Gedichte  hatte,  als  er  dasselbe  fol- 
genderweise  charakterisirte:  »Die  erste  Hälfte  ist  femig, 
schnell  vorschreitend,  das  Ganze  poetisch;  die  zweite  Hälfte 
breit,  ruhig,  sich  langsam  bewegend,  einfach  erzählend,  ohne 
Schwung. » 

Nach  dem  Dichter  oder  vielmehr  dem  Uebersetzer  zu 
forschen  ist  ein  so  vergebliches  als  unnöthiges  Bemühen. 
Jedenfalls  war  er  ein  Benedictiner  zu  St.  Jacob  oder  Weih- 
st. Peter  in  Regensburg,  wie  auch  schon  Thomas  Pvied  an- 
genommen hat.^) 

5.  Die  spätere  Legende.  Aus  dem  deutschen  Gedicht 
entwickelte  sich  im  XV.  Jahrhundert  eine  kurze  Prosa- 
legende für  den  Volksgebrauch  ^) ,  die  meines  Wissens  zwei 
Ahil  und  zwar  ohne  Zweifel  zuerst  gegen  Ende  desselben 
Jahrhunderts  gedruckt  vrorden  ist:  einmal  von  Johannes 
Stüchs  in  Nürnberg^)  und  dann  von  Fritz  Kreuszner  in  Nürn- 

')  MaihUh  in  der  Einleitung  (Bl.  57)  zu  seiner  projectirten  Aus- 
gabe macht  den  Versuch  aus  folgender  Stelle  des  Gedichtes,  die  von 
sieben  Schotten,  die  nach  R.  kamen,  handelt,  auf  den  Namen  des  Dichters 
zu  rathen : 

» —  der  sechst  prüder  ysack. 

der  auch  wol  der  tewtsch  p flach. 

Donat  der  sibent  was, 

der  vil  gern  sang  vnd  las.» 
Schliesslich  ^sei  noch  ei'wähnt,  dass  G.  Zappert,  der  bekannte 
Schlummerlyriker  in  den  Sitzungsberichten  der  k.  k.  Academie  der  Wissen- 
schaften, phil. -historischer  Classe  XIII.  Bd.  Wien  1854:  »Ueber  das  Frag- 
ment eines  liber  dativus»  p.  183  die  Vermuthung  äusserte,  dass  jenes 
Buch,  das  der  Kaplan  des  Grafen  von  Plaien  den  Wiener  Schotten 
schenkte,  unser  Gedicht  gewesen  ist. 

')  Nach  einer  Notiz  Schuegrafs  in  den  Verhandlungen  des  histo- 
rischen Vereins  von  Oberpfalz  und  Rogensburg  IX.  Bd.  1845  erkaufte 
schon  im  Jahr  1458  der  Regenslmrger  Magistrat  eine  Legende,  worin 
der  Sieg  Karls  über  die  Heiden  verhen-licht  wird.  Oline  Zweifel  die 
vorliegende. 

*)  Vrgl.  Panzer's  Annalen  Th.  I,  47. 


—     62     — 

berg.^)  Aus  sprachlichen  Gründen  scheint  mir  der  letztere 
Druck  älter  zu  sein.  Es  liegen  mir  Abschriften  beider  Drucke 
vor.^)     Ich  gebe  einen  Auszug  aus  demjenigen  von  Stüchs.^) 

Das  ist  die  loblich  legend  von  des  grossen  kayser 
Karls  stroyt  vor  der  stat  Regenspurg  geschehen. 
(Darunter  ein  Holzschnitt,  der  diesen  Streit  darstellt.  Ein 
Engel  reicht  dem  Kaiser  das  Kampfschwert.  Der  Druck  trägt 
keine  Jahreszahl;  auf  der  Rückseite:  Gedruckt  zu  Nürenberg 
durch  Johannem  Stüchs.     G  Bl.  in  Kleinquart.) 

Anfang:  Von  alten  zeytten  sein  vier  ursprünglich  stett 
als  die  fodristen  jn  tugenthafftem  herkomen  gehalten  w^orden, 
und  in  ewige  freyhait  begnadet,  das  sie  kainem  menschen 
zu  dienstbarkeit  verbunden  seyn,  AUain  bäbstlicher  wirdeig- 
kait  und  kayserlicher  maiestat  stetige  andacht  zu  beweysen, 
als  des  heyligen,  römischen  reiclis  getrewen.  Die  erst  ist 
Rom,  zu  den  zeytten  ein  haubt  der  weit,  in  welschen  landen 
an  der  Teyffer  gelegen.  Die  ander,  genant  Trier  ligt  in 
Entringen  an  der  musel.  Die  drytt  Köln  an  dem  rein  unnd 
die  vierdt  Regenspurg  an  der  Tonaw.  Nach  Christi  gepurt 
in  dem  sechtzehenden  jar  erweiten  die  römer  Tiberium,  des 
kaysers  Juli  stieffsun.  Und  jn  dem  achtzehenden  jar  seins 
reichs  ward  unser  herr  Jesus  christus  gemartert.  In  dem- 
selben jar  hüb  Tiberius  an  zu  pawen  die  stat  R.egenspurg. 
Und  ward  nach  jm  genandt  Tyberina. 

Folgen  die  verschiedenen  Benennungen^  der  Stadt:  »die 
vierecket   stat»,    (urbs   quadrata)    »germansshaym,   hyaspolis, 


')  Vrgl.  Panzer's  Nürnbergische  Buchdruckergeschichte  p.  177  und 
dessen  Zusätze  zu  den  Annalen  p.  19. 

^)  Der  erste  auszugsweise  in  einer  Copie  des  Hrn.  Prof.  Dr.  Reber 
in  Hegensburg,  der  andere  nach  einer  Absclirift  des  Freilierrn  v.  Meuse- 
bach,  die  er  unterm  29.  Januar  1824  für  Lassberg  besorgte.  Jetzt  Donau- 
eschiiiger  Hs.  Nro.  132.  Titel:  »Das  ist  die  loblich  legend  von  keisers 
karls  streyt  vor  regenspurg  geschechen.» 

■')  Der  Kreuszner'sche  Druck  ist  mir  erst  später  zugekommen. 


—     63     — 

imbrippolis,  reginopolis,  regenspurg.»^)  Hierauf  ist  von  dem 
Brückenbau  die  Rede:  »man  hüb  an  zu  pawen  die  selben 
pruck  do  man  zalt  nach  christi  gepurt  ailffhundert  vnd  funffun- 
dreyssig  jar.»^)  Die  Legende  geht  auf  Karl  den  Grossen  über, 
dem  ein  Engel  im  Traume  erscheint  und  ihn  zur  Heiden- 
bekehrung auffordert.  Papst  Gelestin  gibt  ihm  den  Legaten 
Appollonius  »an  seiner  stat  beystandt  zu  thün.»  Karl  erobert 
Sicilien,  Apulien,  terram  laboris  (terra  di  lavoro)  und  Tuscien, 
fordert  den  lombardischen  König  Desiderius  auf,  die  Taufe 
zu  empfangen.  Da  dieser  sich  Aveigert,  schlägt  Karl  eine 
Brücke  über  den  Po  (pada),  liefert  den  Heiden  eine  sieben- 
tägige, siegreiche  Schlacht  und  besetzt  das  Land  nach  christ- 
licher Ordnung, 

—  »vnd  zoch  darnach  in  Almaniam,  das  hie  disshalb 
des  gepirgs  Hgt.  Und  schlug  seine  gezelt  in  bayrn  auff, 
hiessen  die  selben  zeyt  Hünen  zwischen  der  wasser  und  Dalra^) 
(?  ebenso  Kr.),  do  yetzund  oetting  ligt,  das  was  zu  bayrn 
angefangen,  in  mainung  bayrn  zum  glauben  zu  bringen,  be- 
sonder die  vierecket  stat,  die  alzeit  ein  haubt  in  bayrn  ge- 
west  ist  und  noch  darinnen  die  stercksten  hayden  etc.» 

Die  Fürsten  und  Städte  Bayerns  unterwerfen  sich  und 
lassen  sich  taufen,  ausgenommen  die  Heiden  in  der  »vier- 
ecketen  stat  regenspurg.»  Karl  zieht  nun  »nach  Offenbarung 
des  engeis  für  die  statt,  schlug  seine  gezelt  auff  den  sigpühel, 
darauff  yetzund  diss  gotzhauss  stet.  Do  fände  er  ein  crewtz, 
als  jm  gottes  enget  zu  fueget  des  sigs  do  selben  gezeigt  het.» 
Nach  etlichen  Stürmen  und  der  gütlichen  Aufforderung  zum 


^)  Kreuszners  Druck:  Derselbigen  stat  name  wardt  nochmals  zu 
fünffmalen  alweg  von  rechter  vrsach  wegen  verkert,  das  man  sie  nant 
gemenshaim  hyaspolis  vnd  impripolis  vnd  ratispona  vnd  regipölis ;  die 
letz  genantten  siben  namen  diser  stat  vnd  sach  der  selbigen  findt  man 
in  der  stat  legendt  vntterscheidenlich. 

*)  Fehlt  b.  Kreuszner. 

^)  Ein  Druckfehler  für  Salza. 


—    r,4    — 

Glaiibon  antworten  die  Heiden:  »wir  getrawen  in  unsere 
götter,  in  unser  veste  stat  gepew  vnd  unser  gut,  des  wir 
genüg  auss  zu  geben  liaben,  daz  wir  noch  in  kürtz  kayser 
karl  eim  vngezampten  ross  an  den  zagel  binden,  und  durch 
unser  gantze  stat  schlayffen,  und  in  also  beschämen  und  mit 
manchorhande  gayslung  vom  leben  biss  zum  todt  bringen 
wellen,  auch  die  Fürsten  seines  voleks  am  galgen  erstecken, 
auch  das  ander  volck  alles  mit  dem  schwert  verderben,  das 
keiner  darvon  sol  kumen.» 

Die  Belagerung  dauert  ein  Jahr,  Hungersnoth  bricht  in 
der  Stadt  aus;  auf  Vermahnung  des  Engel  Avird  endlich  zum 
Sturm  geschritten  und  nur  derer  geschont,  die  die  Taufe 
begehren.  Nach  der  Einnahme  wird  christliche  Ordnung  in 
der  Stadt  gestiftet  und  die  Mauern  werden  wieder  aufgebaut. 
Dann  zieht  Karl  gegen  Schwaben,  Franken  und  Lothringen, 
um  nach  seiner  Art  das  Evangelium  auszubreiten;  er  erbaijt 
auf  des  En^rels  Befehl  Achen  (Ach)  »zu  krünung  römischer 
künig  in  iniser  lieben  frawen  münster».  Auch  Brabant  unter- 
wirft sich. 

Nun  fährt  die  Legende  fort:  »Item  do  die  alten  mech- 
tigen  haiden  von  forcht  wegen  keyser  Karls  von  Regenspurg 
gewichen  waren  und  vernumen  betten,  daz  kayser  Karl  jn 
die  verre  als  gen  Sachsen  (die  er  dann  zum  glauben  pracht 
hett)  kumen  was,  samelten  sie  ein  unzelich  volck,  do  mit 
zugen  sie  nach  der  Tonaw  hei'auff  und  umbiegten  die  ge- 
vierten  stat  Regenspurg  lanss  halben  ^)  von  ainem  ortt  der 
Tonaw  biss  zu  dem  andern,  von  osten  bis  gen  westen,  das 
die  Christen  in  der  stat  gross  forcht  begryffen.»  Während 
die  Einen  zur  Flucht  rathen,  sind  die  Andern  der  Ansicht, 
die  Stadt,  die  ihrer  Treue  befohlen  sei,  zu  vertheidigen  und 
schicken  dem  Kaiser  Kunde  von  ihrer  und  der  Stadt  Noth 
iiml  Zwangsal.  »Als  bald  Kayser  Karl  die  mer  und  botschafft 
vernam,  sprach  er:    Mit  grosser  müe  liaben  wir  die  verjrten 

*)  =  auf  iler  Landscjile;  der  andre  Druck  gibt  lanssdhalben. 


—     05     — 

zum  liecht  des  glaubens  bracht,  sich  zympt  auch  den  Stetig- 
keit und  trew  zu  beweysen  und  zu  halten.  Hub  sich  auff 
mit  gantzer  seiner  macht  und  zoch  eyllents  zu  der  gevierten 
stat^»  lässt  eine  Brücke  auf  Schiffen  schlagen:  »von  der  selben 
schyffpruck  wegen  belib  diser  stat  der  nam  Ratisp o na.» 
Sie  beichten  nun  Alle  und  berathen  sich,  Avie  sie  »mit  gots 
hilff  mit  in  ritterlich  streytten  wollen  und  als  sie  auff  den 
siechbühel  vor  der  stat,  darauff  yetz  das  gotz  hauss 
weichs  sant  peter  stet,  jre  gezelt,  schjTm  und  wer  ge- 
vestet  und  jr  streyt  wagen,  als  sich  gepürt,  wider  die  hayden 
gesteh  betten,  auch  den  hayden  zu  geschryben  und  in  wal 
gelassen,  ob  sie  des  morgens  früe  oder  am  achten  tage 
streytten  wolten:  begerten  die  hayden  am  achten  tag  zu 
streytten.  Do  waren  siben  bischoff  jm  hör^)  kayser  karls, 
und  nach  seinen  kayserlichen  gepoten  prediget  jr  yetlicher 
ein  tag  das  wort  gots.  Domit  er  die  Christen  ermanet  und 
haist  der  selbig  platz  noch  auff  der  predig.»  Am  achten  Tag 
beginnt  der  grosse  Kampf,  -)  dauert  bis  in  die  Nacht  hinein, 
erfolgt  am  andern  Morgen  von  Neuem  »und  ward  ein  sausen, 


^)  Andrer  Druck  her. 

-)  —  vnd  an  dem  achten  tag  zu  mal  frü  ward  vnzellich  gehört 
grausam  gedön  in  dem  nechmetten  vnd  zu  fügten  sich  peyd  partey 
grymmiglich  auff  eynander  vnd  mannlich  mit  vilueltigen  scheymbarn 
panern  vnd  gleisseden  schütten,  als  das  wol  gestirnet  firmament  in 
wintterkalter  nacht,  vnd  traffen  mit  sollichen  vngestiiem  iiTes  geschoss, 
sieg,  stürm  geschrey  vnd  erschellung  der  pusaumen  zu  peyder  seitten, 
das  von  vergiessens  ires  plutz  das  dür  ertreych  do  selbs  bedecket  wardt, 
auch  die  ding  darauff  vor  sweyss,  staub  vnd  kott  vermüst  vnnerkent- 
lich  wurden,  vnd  weret  yr  arbeit,  schissen  vnd  stechen,  slahen  vnd 
streytten  den  gantzen  tag  piss  zu  der  nacht,  das  vor  finster  yeder  teyl 
stundt  in  seynen  hämisch  zu  ross  vnd  zu  fuss,  ire  wer  in  iren  henden 
vnd  vertriben  also  die  nacht  vngeslafen;  piss  frü,  als  die  morgenrötten 
auff  prach  traffen  an  eyn  ander  beyde  her  grimiglich  vnd  geschach  des 
selben  anderen  tags  gross  manslacht  vnd  die  krefftigen,  wolgerüsten 
viellen  fast  darnyder,  als  zerbrechen  vil  paüm  in  weiden  etc.  (Nach  dem 
Drucke  Kreuszners.) 


—     66     — 

als  ein  schiessentz  wasser  oder  ein  grosser  ungestümer  windt 
die  zusamen  stiessen,  das  weret  alle  tag  biss  das  es  finster 
ward;  do  gelagen  vil  Christen,  die  man  begrub  bey  dem  ge- 
zelt  kayser  karls,  do  yetzund  das  gotzhauss  stet  weich  sant 
peters,  und  die  verwunten  pracht  man  in  die  stat  zu  pflegen 
nach  jr  nottürfft.»  Am  dritten  tag  erneuerte  Schlacht,  »Künig 
karl  und  der  legat  Appollonius  und  die  byschoff  und  vil 
geystlicher,  andechtigcr  lierren  paten  zu  got  mit  wainen  und 
grosser  andacht  umb  sig  vnd  heylsamkait  christenlichem  volck.» 
Als  am  Mittag  die  Heiden  sahen,  dass  der  Christen  so  wenige 
waren,  schickten  sie  ihre  besten  Streiter  voran,  welche  das 
Ghristenheer  in  die  Flucht  drängten  »biss  zu  k.  karls  gezelt. 
Des  erschrack  k.  karl,  der  Legat  und  die  Fürsten  und  vor- 
geer  der  Christen  gar  seer,  und  streckten  sich  für  got  auff 
die  erden  und  als  sie  hyn  zu  got  rüfften  mit  vergiessung 
jrer  zeher,  paldt  do  kam  gottes  enget  von  der  höhe,  als  ein 
dvnderschlag,  und  erschyn  jn  aym  weyssen  klayd  auff  einem 
weysscn  ross;  vor  des  schwert  wichen  und  niedergiengen  der 
hayden  ritter  und  pcst  streytter  als  der  schnee  an  haysser 
sonnen,  oder  als  daz  wachs  beym  fewr.  Sie  begrayff  die 
forcht,  das  sie  wichen  biss  zu  dem  klainen  pechlein  genant 
mertanie  ^), »  allein  durch  ein  Wunder  Gottes  vermochten  sie 
wegen  des  grossen  Wassers  nicht  über  das  Bächlein  zu  gehen 
und  flohen  »biss  gen  härting  ^) ;  die  chrfsten  eylten  nach  und 
erschlügen  die  hayden  do  selbst  so  gar,  das  auss  in  allen 
nit  ainer  belayb,  der  die  mer  haym  verkünt  hot  und  ligen 
die  hayden  zu  flärting  begraben,  als  man  die  pühol  jm  felde 
noch  sieht.»  Karl  lässt  die  Verwundeten  pflegen,  die  Todten 
begraben  »an  diser  stat  geweicht  sand  peter,  der  warn  nach 
überschlahung  bey  dreyssig  tausent  und  liess  die  kirchen 
weich  sant  peter  pavven,»  und  gründet  nun  auch  Nieder-  und 
Obermünster   »durch  frawen   hemma,   die  künigin  mit  zeyt- 

*)  Der  Name  schwer  erklärlich. 

'^)  Harling  eine  Stundo  östlich  von  Regensl)urg. 


—     67     — 

liehen  güttern  begabt  —  als  die  Coronicken  des  gut  unter- 
schaid  geben.»  Nachdem  Karl  die  Kaiserkrone  empfangen, 
regierte  er  noch  vierzehn  Jahre.  »Item  do  die  welschen 
geniainiglich  zu  land  zugen  mit  Urlaub  des  kayser  karls, 
schickt  er  seinen  marschalck  mit  in,  der  pracht  die  keyserin, 
die  do  swanger  was  von  rom  biss  gen  ötting;  do  gepar  sie 
einen  sun  und  ward  nach  seines  vatters  namen  genant  Karo- 
lus  etc.  Item  keyser  karl  an  stat  der  welschen  ritterschafft, 
die  er  heym  vnd  von  im  gelassen  hett,  nam  er  zu  im  die 
von  teutschen  landen  mit  namen  Bayrn,  Düringen,  Sachsen, 
Swoben,  Francken,  von  Lutringen,  Brabanten,  Frantzosen,  Bur- 
gundien  und  ander  landt,  mitt  den  zoch  er  gen  dem  nider- 
gang  der  sunnen  all  zu  christenlichem  glauben.» 

Und  nun  fährt  die  Legende  weiter:  »Item  die  selben 
zeyt  kamen  siben  geystlich  und  wirdig  brüder  und  gottes 
diener  auss  schottenland  mit  namen  Maurianus,  Mantatinus, 
Mürthethanus  ^) ,  Clemens,  Gervasius,  Ysaak  und  Donatinus 
von  Ach  gen  Bamberg,  darnach  gen  Regenspurg,  sanct  Er- 
harten und  den  grossen  bischoff  Albertum  ^)  haym  zu  suechen, 
die  woneten  zii  nidermünster  etlich  zeyt  in  löblicher  andacht. 
Und  als  sie  nun  verrer  gen  rom  walfarten  (sant  Peter  und 
Paulus  haim  zu  suchen)  auch  vermainten,  hielt  man  sie  auff 
mit  grosser  pete,  dann  man  sie  nit  geren  ziehen  liess.  Also 
wurden  sie  ains,  dah  sie  haimlich  bey  nacht  dar  von  ziehen 
wollen,  und  alspald  sie  für  die  stat  auff  den  pürger  perg ") 
komen,  begrayff  sie  ein  gross  ungestümes  wetter,  dem  ent- 
wichen sie  und  schmückten  sich  h  Inder  das  gericht.  Do  selbst 
sie  in  der  forcht  entschlieffen,  also  öffnet  in  gottes  engel  im 
schlaff,  wie  sandolfus  vor  funff  tagen  unschuldigklich  erhenckt 
wer  worden  und  gottes  will  wer,    daz  sie   sollen  bleiben    an 


^)  Im  andern  Druck:  Mürtliethatus  und  Donatus. 
^)  Nach  dem  andern  Druck:  Albrecht. 

^)  Wahrscheinlich  der  jetzige  Galgenberg,   ehemalige   Richtstätte, 
im  Süden  der  Stadt. 


—    r,8    — 

dem  ortt,  do  sie  des  morgens  der  sunnen  scheyn  des  ersten 
würden  sehen.  Als  pald  die  brüder  erwachten,  do  paten  sie 
got  mit  andacht  für  den  vorgenannten  unschuldigen  sandolfen, 
der  wurde  wyder  lebendig  und  gieng  haim  in  sein  hauss  und 
offenbaret  solich  geschieht,  die  an  jm  ergangen  waren.  Die 
brüder  sahen  den  schein  an  sant  peters  kirchen  am  aller 
ersten:  darein  giengen  sie,  wann  man  pawet  yetlichem  ein 
besondere  wonung,  do  in  dann  sandolfus,  der  von  jrs  gepets 
wegen  erkückt  ^)  was  von  dem  todt,  dienet  und  zu  trüg  prot 
und  Wasser  und  ander  nottorfft.» 

Zusammenkunft  des  Papstes  Adrian  mit  Karl  in  Regens- 
burg auf  Ostern.  »Do  nun  über  vier  wochen  des  babst  an- 
welt,  Gardinel  und  legaten  Urlaub  hieschen,  begeret  kayser 
karl,  daz  sie  jm,  vor  ee  sie  naher  schyden  dise  kirchen  sant 
peters  consecrieren  und  weihen  wolten.»  Alle  zur  Weihe 
nöthigen  Dinge,  Salzwasser,  Aschenwedel  und  Kerzen  werden 
in  Bereitschaft  gemacht.  »In  der  ■  selben  nacht,  do  die  brüder 
an  jrem  gepet  warn,  hörten  sie  mit  suessem  gesang  got  loben, 
und  daz  gotzhauss  mit  sampt  seinen  wonungen  wardt  erfult 
mit  begierlichem  rauch  und  der  ersam  und  heylig  sant  peter^), 
in  ertzbischoffs  korklaidung,  wardt  von  jnen  gesehen  mit 
unzelicher  englischer  schar_,  jn  solchem  liccht,  das  die  brüder 
der  klarhält  nit  vor  gesein  mohten  und  als  sie  die  weyhung 
verbrachten,  do  wurden  sie  darnach  nymmer  gesehen.  Des 
morgens  früe,  do  der  kayser,  legat,  kardinal,  bischoff  und 
ander  solcher  gesiebt,  hymlischer  weih,  gesanges  und  wirdigkait 
erjnnert  wurden,  nit  allain  durch  die  brüder  ee  genant,  svn- 


')  Interessante  Form  für  diese  späte  Zeit.     Uebrigens  ist  dieselbe 
dem  deutschen  Gedicht  entnommen: 

Do  er  von  dem  tod  e  r  k  ü  c  Jv  t  was, 
Nicht  lenger  lies  er  das 
In  die  stat  er  lief  zehant  etc. 
'■')  Nach  Kreuszners  Druck :  »sant  peter  vnd  die  zwelffpoten,»  wie  im 
Gedicht. 


—     60     — 

der  auch  durch  den  süssen  geschmack  und  zaichen  der  weich 
auff  den  altaren,  an  den  vier  wenden  und  winckehi  der  kirchen 
und  auff  dem  estrich  und  hymhschen  schryfften,  wurden  sie 
do  eintrechtigkhch  zu  rat,  das  es  sundigen  henden  unzimUch 
zu  weyhen  wer,  so  es  durch  die  hymhschen  verpracht  war.» 
Der  Papst  Adrian  wird  aufgefordert,  die  Kirche  mit  Gnaden 
zu  versehen,  denn  er  sei  »got  sunder  danck  und  lobs  schul- 
dig, der  bey  seinem  leben  diser  sant  peters  kirchen  die  siben- 
feltigen  gnad  und  barmhertzigkeit  verliehen  het:  Des  ersten, 
wann  der  pühel  des  sigs  durch  gottes  engel  zaigt  und  genent 
ist;  zum  andern,  das  die  figur  des  crewtzs  christi  nach  des 
engeis  zaigung  do  ist  gefunden  worden.  Zum  drytten  die 
Überwindung  und  aussstreyttung  der  hoffertigen  und  unge- 
laubigen  hayden,  die  Regenspurg  bissher  mechtigklich  besessen 
hatten.  Zum  vierden  der  veltstreyt,  der  durch  den  engel 
sichtigklich  wider  die  hayden  geschehen  ist.  Zum  funfften, 
das  über  dreyssigtausent  mertrer  do  begraben  ligen.  Zum 
sechsten,  das  die  siben  brüder  do  ge^vont  und  got  durch  sie 
grosse  zaichen  und  mirackel  gewürckt  hat.  Zum  sibenden, 
das  höchst  und  wirdigst  die  hymlisch  weyhung  sant  Peters 
do  gesehen  ist.»  Dess wegen  wird  dieser  Kirche  »der  nam 
weich  sant  peters  und  mit  manigfeltigen  römischen  ablass 
oder  Vergebung  der  sunden  geben.» 

Die  Legende  schliesst:  »Item  die  kayserin  kam  mit  jrem 
sun  her  gen  regenspurg,  do  dann  alles  regiment  got  zu  lob 
nach  des  kaysers  willen  geordent,  gesetzt  und  volpracht  ward. 
Darnach  zu  fuget  er  seinen  sun  und  gemahel  mit  jm  zu  der 
stat  Ach,  die  er  dann  erhebt  und  het  lassen  pawen.  Do 
hin  berüfft  er  seinen  letzten  kayserlichen  hoff,  der  dann  von 
allen  christenlichen  herschafften  und  vorgeern  löblich  besuecht 
und  do  selbst  bestettigt  worden  ist  aller  der  christenhait  eer, 
nutz,  Ordnung  und  nottorfft.  Und  do  nun  kayser  karl  alt 
was  LXXII  jar,  schickt  unnd  ordnet  er  zu  der  seel  ein  hayl- 
sam  Testament,  das  er  bekrefftiget  mit  siben  Sigillen.     Und 


—     70     — 

entschlieff  jm  herren  an  sant  Agaten  tag  nach  christi  ge- 
purt  sibcnhnndert  ^)  (!)  unnd  jm  fnnfft zehenden  jar,  seiner 
reich  jm  XL VII.  und  seines  kaysertliumbs  jm  XIIII.  jare.» 

Die  Vergleichung  dieser  Legende  —  verfasst  zum  Lobe 
Weih  St.  Peters  —  mit  dem  doutsclien  Gedichte  zeigt,  dass 
hier  bloss  ein  oft  fast  wörtlicher  Auszug  aus  dem  ersten 
Theil  des  Gedichtes  (bis  zu  Karls  Tod)  vor  uns  liegt  mit 
einigen  unbedeutenden  Veränderungen,  so  am  Schlüsse  der- 
selben, wo  im  GedichL  die  Kunde  von  der  W^eihe  Petri  erst 
durch  Boten  dem  Papste  Leo  gebracht  werden  muss,  während 
die  Legende  den  Papst  Hadrian  bei  dem  Wunder  in  Regens- 
burg anwesend  sein  lässt. 

Die  erwähnlen  Drucke  der  Legende  stimmen  ausser 
einigen  Sätzen  im  Eingang  und  der  Orthographie  wörtlich 
mit  einander.^) 

Ein  Jahrhundert  später  dichtete  Hans  Sachs,  der 
während  seiner  Wanderschaft  einst  zu  Regensburg  in  Gon- 
dition  gestanden,  ein  Lobgedicht  auf  Regensburg  ^),  in  welchem 

*)  Der  andre  druck :  VIII  hundert. 

'^)  Erwähnenswerth  ist  eine  dem  Exemplar  des  Druckes  von  Stüchs 
auf  der  Regensburger  Stadtbibliothek  beiliegende  Notiz,  geschrieben  von 
der  Hand  des  um  die  Regensburger  Geschichte  hochverdienten,  im  Jahre 
1827  dort  verstorbenen  Thomas  Ried,  Verfasser  des  codex  diplomaticus 
Ratisponensis.  Sie  lautet:  »Altdeutsche  Handschrift  im  brittischen  Mu- 
seum in  London  von  Karl  des  Grossen  Streit  vor  Regensburg,  ein 
deutsches  Gedicht  aus  dem  XV.  Jahrh.  —  Der  Verfasser  ist  ohne  Zweifel 
ein  Mönch  v.  Weih  St.  Peter.  Er  erzählt  mit  frommer  Weitläufigkeit, 
wie  viele  Ablässe  in  St.  Peter  gewonnen  werden  können,  welche  Güter 
es  besitze,  wie  diese  verwaltet  worden.  Die  Schicksale  dieses  Klosters 
werden  der  Hauptgegenstand  des  Gedichtes.  —  Morgenblatt  (soll  heissen: 
Abendzeitung)  1821  nro.  45,  6.  Juni.»  —  Herr  Dr.  Reber,  dem  ich  auch 
diese  Mittheilung  verdanke,  vermuthet,  dass  Thomas  Ried  selbst  die 
schon  früher  erwähnten  Proben  in  der  »Abendzeitung»  veröffentlicht 
hat,  was  ich  bezweifle. 

^)  Herausgegeben  mit  erläuternden  Anmerkungen  durch  Scliuegraf 
in  den  Verhandlungen  des  historischen  Vereins  von  Oberpfalz  u.  Regens- 
burg. 9  Bd.  1845. 


—     71     — 

die  hier  behandelten  Ereignisse  zum  Theil  ebenfalls  erwähnt 
sind. 

Anfang:  Regensburg  die  alte  berühmte  Reichstat 
Tyberius  Nero  erbauet  hat  etc. 

Zuerst  habe  die  Stadt  »Tyberiana»  dann  »Quadrata, 
die  viereckigte  Stat»  geheissen.  Die  Schlacht  auf  dem  Sieg- 
bühl berichtet  Sachs  also: 

—  Kayser  Karl  der  Gross  genannt 
Der  führt  ein  krieg  mit  Tassilo, 

—  Ein  herzog  nennt  Beyern  also  — 
Ihm  das  ganz  Beyerland  einnahnl. 
Nachdem  er  auch  für  Regenspurg  kam, 
Thät  mit  den  hunnen  ein  feldschlacht, 
Ein  grosse  Summa  der  feind  vmbracht 
Die  von  dem  kayser  wurden  erschlagen; 
Aufs  kaysers  Seiten  auch  etlich  lagen, 
Die  man  herrlich  begraben  hat 

Zu  St.  Peters-kirchen  vor  der  Stat, 
Zu  der  zeit  kayser  Carl  bezwungen 
In  der  Stadt  Regenspurg  Alt  und  Jungen, 
Dass  sie  christhch  Glauben  annahmen 
Liessen  sich  tauffen  allesamen  etc. 


II. 

Gedichte  des  XIII.— XV.  Jahrhunderts. 

Additional  Manuscript  Nro.  24,  946.  Schöne  Papierhandschrift  des 
XV.  Jahrh.  294  Bll.,  schmal  Foho  mit  Goldschnitt  in  grünen  Saffian 
gebunden.  Die  Titel  in  rother  Schrift.  —  Die  letzten  zwei  Blätter  von 
jüngerer  Hand  geschrieben.  Die  Handschrift  wurde  unterm  29.  Juli  1862 
von  dem  berüchtigten  Libri  gelcauft. 

Bei  der  grossen  Wichtigkeit  dieser  Hs.  gebe  ich  eine  vollständige 
Beschreibung  derselben  mit  Auszügen. 

Bl.  1 — 2.  Ungenaues  Inhaltsverzeichniss :  Dy  tafel  vnd  register 
darnach  man  ain  yede  matery  in  diesem  buch 
dester  ee  vinden  vnd  nach  der  zal  suchen  mag. 

I.  Im  anfang  sechs  Rueff  vnd  sprüch,  so  ain  doctor 
gemacht  vnd  aus  der  heil,  geschrift  getzogen  hat. 
Bl.  3 — 4.    1.  Der  erst  von  den  zehen  gepoten: 
In  gottes  Namen  heb  wir  an 
Der  alle  ding  volbrinngenn  khann 
Oben  in  dem  obristen  thron 
Er  ist  allain  der  heiligist 
Er  ist  allain  herr  Jesus  crist 
Mit  got  dem  vatter  ewig  ist 
Im  singent  alle  enget  schonn 
Wol  in  dem  himel  vnd  in  dem  thron 
Vnd  all  chor  in  süssem  don 
Sy  lobent  gottes  maiestatt 
Wol  in  der  heiligen  drinitat  etc. 


—     73     — 

Bl.  4 — 7.       2.  Von  unsers  herren  leiden: 

In  dem  anfang  aller  guten  dinge 

Ruef  wir  got  an  das  vns  gelinge 

Das  wir  den  seinen  willen  volbringen 

Wann  got  der  lierr  gesprochen  hat 

Kain  guot  werich  mag  nit  werden  volbracht 

On  mich  vnd  mein  gotliche  macht  etc. 

Bl.  7 — 8.       3.  Von  vnser  lieben  frowen: 

Gottes  müeter  soll  wir  rueffenn  an 
Ir  guet  vns  wol  helfenn  khann 
0  Maria  du  solt  vns  nit  Verlan 
Wann  du  vnser  liebe  mütter  pisst 
Und  vnnsers  hern  Jhesu  crisst 
Hilff  Maria  zu  aller  frisst  etc. 

Bl.  8 — 10.     4.  Als  der  engel  den  grues  braht: 
Gott  sas  in  seiner  maienstatt 
Mit  seinem  sun  so  nam  er  ratt 
Wie  er  menschen  brecht  aus  sender  not 
Aus  seinem  thron  er  herabe  kam 
Clar  menschait  von  ainer  jungfraw  nam 
Sein  werde  gothait  wol  antzam  etc. 

Bl.  10 — 11.  5.  Von  dem  glauben: 

Wir  sollen  bitten  den  heiligen  geist 
Umb  rechten  glauben  aller  maist 
Der  vns  den  weg  der  warheit  weist 
Heiliger  geist  nun  chum  vns  her 
Erfüll  deiner  gelaubigen  hertz  beger  etc. 

Bl.   11  — 12.  6.  Von  dem  heiligen  kreutz: 

Der  sig  des  konigs  scheinet  schon 

Des  konigs  kraft  damit  gar  fron 

An  dem  das  flaisch  geweckt 

Gehangen  ward  an  des  galigen  werck 

Dein  leib  mit  wunden  manigfach 

Ain  scharffes  sper  sein  hertz  durchstach  etc. 


—     74     - 

Vielleicht  sind  diese  G  Sprüche  von  Heinrich  von  Mügeln  (XIV. 
Jahrluuiderl),  der  von  den  Meistersingern  »der  heiligen  Schrift  Doctor» 
genannt  wird.  (Vrgl.  K.  J.  Schröer :  die  Dichtungen  Heinrichs  von  Mügeln. 
Wien  1867.) 


Bl.  12 — 60.     II.  Hie  vahent  sich  an  die  teichnoer. 

Von  den  folgenden  zum  grössten  Theil  ungedruckten 
Sprüchen  Heinrich  des  Teichners  gebe  ich  die  Anfänge: 
Bl.  12,  a.    1.  Was  der  gröst  valsch  sey: 

Ainer  fraget  mich  der  mär 

Was  der  grossist  valsch  war 

Auf  der  weit  vnd  wider  gott 

Da  sprach  ich  der  grosst  spott  etc. 
Abgedruckt  bei  Lassberg,  Liedersaal  I,  395  u.  ff. 
Bl.  12,  b.   2.  Wie  man  biderleut  erkennen  sull: 

Ainer  bat  mich  das  ich  im  nant 

Wie  man  biederlewt  erkant 

Do  sprach  ich  das  ist  schwär 

Der  getrew  ist  angeuär  etc. 
Bl.  13,  a.    3.  Wer  jedermann  gefallen  mug: 

Mir  wont  oft  wunder  bey 

Ob  in  der  wellt  yemant  sey 

In  aller  wellt  jung  vnd  allt 

Frisch  gemait  wolgestallt  etc. 
Bl.  13,  b.    4.  Das  sich  kainer  grymen  sol: 

Leib  vnd  seil  ist  nicht  als  guet 

Als  ain  wol  besinter  muet 

Der  an  got  lat  all  sein  sach 

Er  sey  wirdig  oder  schwach  etc. 
Gedr.  bei  Lassberg,  Liedersaal  HI,  137. 
Bl.  14,  a.    5.  Die  mess  hat  8  tugent: 

Ainer  bat  mich  im  1er  zu  geben 

Wie  er  sollt  zu  kirchen  leben 


—      /o      — 

Die  weil  der  briester  messe  liatt 
Da  sprach  ich  an  ainer  stat  etc. 
Gedr.  bei  Lassberg  III,  317. 

Bl.  16,  h.    6.  Wir  sullen  in  sunden  nit  slafen: 
Es  is  recht  an  aller  stat 
Wer  erib  von  ainem  herren  hat 
Der  soll  im  dienen  dester  mer 
So  hat  der  mensch  die  gröst  er  etc. 

Bl.  17,  a.    7.  Ain  böser  solt  nit  wissen  das  gefert 
Wie  sich  ain  biderman  ernert: 
Ich  hon  gehört  von  weisen 
Von  allten  vnd  von  greisen 
Man  sol  das  ende  sehen  an 
So  sprichet  man  ain  böser  man  etc. 

Bl.  18,  b.    8.  Seinem  vbergenossen  soll  ainer  vbersehn: 
Zwen  nachgebawrn  warn 
Die  begunden  ainander  varn 
Ainer  dem  andern  was  zu  schwär 
Der  ain  der  was  ain  burger  etc. 

Bl.  19,  a.    9.  Von  vbermüt  ain  peispil: 

Ein  pawman  zu  im  selber  sprach 

Do  er  das  körn  ane  sach 

Ich  will  liewr  nit  vertragen 

Ob  mir  icht  wunden  wurd  geslagen  etc. 

Bl.  20,  b.    10.  Von  bösen  alten  weihen: 

Etlich  alter  weib  nit  erkennen 
Sollt  man  si  secken  ^)  oder  prennen 
Darzue  so  trueg  ich  gern  ain  zäun 
Nymbt  ain  arm  man  ain  frawen  etc. 

Bl.  23,  a.    11.  Wie  ainer  heyraten  sollt: 

Mit  krancker  hab  ain  man  mich  fragt 
In  welher  weis  es  mir  behaatt 


^)  secken  =  culeo  includere  et  suffocare,   Strafe  der  Kindsmörder- 
innen.    Friscb  II,  140  c. 


—     7G     — 

Er  wollt  im  ain  eelich  frawen  nemen 
Ich  sprach  so  la  dir   zemen  etc. 
Gedr.   bei  A.  v.   Keller,    Erzählungen   aus    altdeutschen 
Handschriften  (35.  Publ.  des  Stuttg.   lit.  Vereins)  p.  653. 

Bl.  25,  a.    12.  Was  in  der  weit  der  höchst  hört  sey: 
Ich  ward  gefragt  fromder  wortt 
Was  in  der  wellt  der  obrist  hortt 
Ob  allen  horden  möcht  gesein 
Ich  sprach  ain  rotes  myndelain  etc. 

Bl.  26,  b.    13.  Von  kurtzen  rocken: 

Ich  kom  an  ain  stat  durch  mer 
Da  was  oft  ain  mynner 
Die  der  mynne  zaichen  trugen 
Vnd  vil  wenig  guts  gewogen  etc. 

Bl.  28,  b.    14.  Von  den  die  den  frawen  arckwan  machen: 
Anders  nicht  dann  Verlust  vnd  gewin 
Also  geet  die  zeit  hin 
Vnd  hat  sich  also  gemischet 
Das  ain  laid  mit  lieb  erlischet 
Vnd  ettwerm  lieb  mit  laiden  etc. 
Gedr.  im   Liederbuch   der  Clara   Hätzlerin    ed.   Haltaus 
p.  186  u.  ff. 

Bl.  29,  b.    15.  Von  dem  armen  hofman: 

Ainer  fraget  mich  der  mär 

Was  das  aller  ermest  war 

Das  auf  der  wellt  mag  gesein 

Do  sprach  ich  die  grössten  bein 

Leit  ain  armer  hofman  etc. 
Bl.  30,  b.    16.  Zwo  lieb  mugen  nit  in  ain  hertz: 

Es  lebt  niendert  fraw  noch  man 

Der  zway  lieb  gehaben  kann 

Ane  vallsch  in  seinem  muet 

Jeglich  fraw  missetüt  etc. 


1 


—     77     — 

Bl.  31,b.    17.  Von  ammen  vnd  kamerweiben: 
Ich  hon  manig  schlacht  gemezzen 
Und  han  aines  noch  vergezzen 
Des  ain  noturft  ist  zu  schreiben 
Von  ammen  vnd  von  kamerweiben  etc. 

Bl.  33,  b.    18.  Das   wolfailist   ist  lieber   frund   vnd   ge- 
sell mein: 
Ainer  fraget  mich  der  mer 
Was  das  aller  wollfaillst  war 
Auf  aller  diser  wellt  krais 
Do  sprach  ich  kain  ding  ich  wais  etc. 

Bl.  34,  a.    19.  Von  trunckenhait  vnd  vasnacht: 
Trunckenhait  vnd  vasnacht 
Han  ich  recht  geleich  bedacht 
Man  will  was  der  truncken  tut 
Das  soll  alles  wesen  gut  etc. 

Bl.  35,  b.    20.  Ein    klain    wetter    vertreibt    ain    fawlen 
werchman: 
Es  ist  ain  allter  spruch  gemain 
Das  man  spricht  ain  wetter  klain 
Treibt  ain  fawlen  werckman  ab 
Dem  geleicht  ist  ain  edelknab  etc. 

Bl.  36,  b.    21.  Bey  Übeln  weihen  püest  man  die  sund: 
Ich  hört  von  ainem  gutten  man 
Der  wollt  alle  dise  wellt  Verlan 
Vnd  wollt  buezzen  in  ainer  willd 
Das  er  furbas  menschen  bild 
Nit  gesäch  bey  seinen  tagen  etc. 

Bl.  37,  b.    22.    Maniger     ruembt     sich     seiner     aigen 
schänden: 
Maniger  ruembt  gar  vast  sein  adel 
Wann  er  hat  an  ern  zadell 
Vnd  vnadelichen  tut  etc. 


—     78     — 

Bl.  38,  b.    23.  Ainen    alten    man    wolt    der    tüfel    sund 
schunden: 
Zu  ainem  mal  was  ain  jmiger  man 
Wenn  er  liett  das  ding  getan 
Des  die  man  mit  frawen  pflegen 
So  was  er  in  rewen  streben  etc. 

Bl.  40,  a.    M.  Von  singern  ain  peispil: 
Hangen  singer  vindet  man 
Der  die  herren  effen  kan 
Das  er  singt  ain  loblied 
Vnd  das  von  kainem  herren  schied  etc. 
Bl.  41,a.    25.  Sich  zu  gots  tisch  ze  beraiten  1er: 
Ainer  fraget  mich  der  mär 
Was  dem  menschen  das  nutzist  war 
Dem  gots  leichnam  wirt  gegeben 
Wie  er  nach  der  zeit  sull  leben  etc. 
Bl.  43,  a.    2().    Wie    ain    ritter    seiner    hawsfrawn    ain 
rosshawt   anlegt: 
Ayn  ritter  sas  in  bayrnland 
Der  was  ain  dienstherr  bekannt 
Do  hett  sein  weih  den  vbermüt 
Sie  wollt  nur  tragen  klaider  gut  etc. 
Gedr.  l)ei  A.  v.  Kellers  Erzählungen  p.  201,  wo  sich  am 
Schluss  der  Dichter  Hans  Ramminger  nennt. 

Auch  in  Münchner  codd.  germ.  270  und  379.  Vrgl.  Halm, 
die  deutschen  Es.  der  k.  Hof-  und  Staatsblbl.  zu  München. 

Bl.  44,  b.    27.  Von  ainem  kläusner: 

Ain  clausner  gesezzen  was 
In  ainem  walld  als  ich  las 
Darinn  was  er  worden  alt 
Da  gieng  er  ainsmals  aus  dem  walld  etc. 

Bl.  40,  a.    28.  Ob  gut  sey  dy  weit  aufzugeben  oder  nit: 
Ainer  bat  mich  das  ich  im  sait 
Weihes  den  menschen  bas  furtrait 


—     79     — 

Das  er  all  wellt  aufgeit 

Vnd  in  ainer  clausen  leit  etc. 

Bl.  46,  b.    29,  Was   vnderschaid   salld  vnd   gelück  hab: 
Selld  vnd  geluck  sind  zway  ding 
Das  geluck  das  ist  ring 
Wirt  die  selld  dauon  verlorn 
Er  war  pezzer  nie  geporn  etc. 

Bl.  47,  a.    30.  Von  zucht  vnd  warhaitt: 

Es  was  weilimt  in  der  wellt 
Das  man  wag  für  alles  gellt 
Schone  zucht  vnd  warhait 
Das  ist  aus  der  wellt  verjait  etc. 
31.  Der   sünder   sol   nit   vert zweifeln   noch 
V  e  r  t  z  a  g  n : 

Bl.  47,  b.  a)  Wer  so  vil  gesundet  hat 

Das  in  der  zweiuel  bestatt 
Vnd  an  gott  so  ser  verzagt 
Das  im  sein  hertz  das  nu  sagt  etc. 

Bl.  49,  a.  b)  Mich  wundert  ainer  sach  dick 

Maniger  sundet  one  strick 
Ane  vorht  vnd  vber  macht 
Der  muess  ain  handvest  haben  bracht 
Von  gott  das  er  icht  verlorn  werd  etc. 

Bl.  50,  a.    32.  Gott  ist  vns  verporgen: 

Gott  ist  vns  verporgen  vor 

Jegl  eicher  weis  mit  gespartem  tor 

Als  latein  verbergen  kan 

Tewtsche  wort  wie  nahent  ich  stan  etc. 

Bl.  50,  a.    33.  Wie  man  sich  sull  zu  gots  tisch  beraiten: 
Ainer  fraget  mich  der  mär 
Was  dem  menschen  das  nutzist  war 
In  der  antlas  wochen  zill 
So  man  zu  dem  allter  will  etc. 


—    so    — 

Bl.  50,  b.    34.  Aber  ain  1er  davon: 

Wer  sich  well  beraitten  woll 
Wann  er  zu  dem  alltar  soll 
Der  soll  als  ain  bawman  graben 
Was  der  ackers  mag  gehaben,     etc. 

Bl.  51,b.    35.  Warumb  die  wellt  välscher  sey  dann  vor: 
Ainer  fraget  mich  der  mär 
Warumb  die  wellt  vallscher  war 
Den  ye  vor  bey  ewrn  tagen 
Ich  sprach  das  will  ich  dir  sagen,     etc. 

Bl.  52,  a.    36.  Von  den  so  sich  der  frawen  ruemen: 
Das  posist  kunter  das  ich  wais 
Das  ist  ain  wollf  in  aim  krais 
Ain  iesslich  tier  peist  als  vill 
Als  es  im  zu  aim  mal  will.     etc. 
Auch  in  einer  Abschrift  Lassbergs  aus  einem  Hug'sehen 
Codex  des  XV.  Jahrhunderts   erhalten.      Vrgl.   Barack,   die 
Hss.  der  fürstl.  fürstenb.  Hofbibl.  zu  Donaueschingen,  p. 49. 12. 

Bl.  52,  b.    37.  Von  der  frawen  vnstätikait: 
Ainer  fraget  mich  der  mär 
Was  das  aller  posist  war 
An  den  schonen  frawen  gemait   . 
Da  sprach  ich  vnstätikait.     etc. 
Auch  in  Münchner  cgm.  270. 

Bl.  53,  a.    38.  Von  dem  bluemlein  vergismeinnit: 
Ich  kom  in  des  mayen  zeit 
Auf  ainen  gruenen  anger  weit 
Der  stund  in  ainem  tiefen  tall 
Da  sach  ich  pluemen  manigfall 
Gen  der  liebten  sunne  prehen. 
Ich  gedacht  ich  mues  die  ansehen 
Wie  der  may  sey  getziert 
Vnd  ieglichs  bluemlein  formiert 
Gegen  des  hechten  mayen  schein  etc. 


—     81     — 

Schluss:    Sy  sprach  vergismeinnit  das  edel  pluemelein 
Pflantz  mir  in  den  garten  des  hertzen  dein 
Vnd  der  zawn  der  vmb  den  garten  galt 
Soll  sein  nitliebers  vnd  vergismeinnit  an  aller  statt. 
Bl.  55,  a.    39.  Von  Spielern  wimdertzaichen: 
a)  Nu  höret  was  von  spil  geschach 
Wie  sich  der  offenlich  räch 
Ain  stat  ist  manigem  man  bekant 
Die  ist  Jenua  genant,     etc. 
Bl.  57,  b.         b)  Nu  hört  wie  ainer  behalten  ward 
Der  gut  herr  sand  bernhart 
Ainem  spiler  ainsmals  bekam 
Der  spiler  rueft  in  frolich  an.     etc. 
Nro.    39   und   40    sind   Erzählungen    aus    den    Gesta 
Romanorum.      Die   lat.   Prosaerzählung   zu    39,  b    siehe    b. 
A.  Kellers  Gesta  Romanorum  Stultg.  1842,  p.  280. 
Bl.  58,  a.    40.  Das  frawen  nit  wol  verschweigen  mugent: 
Hort  das  bewart  Marobius 
Der  hat  dauon  geschriben  alsus 
Vnd  nembt  des  in  den  buechen  gawm 
Von  her  sypyones  trawm.     etc. 
Zu  den  13  Handschriften,  die  uns  die  an  70,000  Verse  enthallen- 
den,  meist  ungedruckten  Spruchgedichte   Heinrich  des  Teichners  (f  um 
1377)^)   überliefei't  haben,    gesellt  sich  nun  auch  die  unsrige.     Die  drei 
letzten  Gedichte,  Nro.  38 — 40  sind  nicht  mehr  von  ihm ;  in  den  übrigen 
nennt  er  sich  stets  am  Schlüsse:   »Also  sprach  der  Teichnaer.» 


Bl.  60 — 85.     III,  Hie  vacht  an  kern  freidancks  gedieht 

Der  auf  der  weite  leuf  wol  ums  hericJit. 
Die    folgenden  Gedichte,    Reispiele,    die  der  Schreiber  unsrer 
Handschrift  ausdrücklich  —  aber  wie  man  auf  den  ersten  Blick  sieht  — 


^)  Vrgl.  Th.  V.  Karajan,  über  Heinrich  den  Teichner,  in  den  Denk- 
schriften der  Wiener  Academie  6,  85  u.  ff.  —  Herr  Prof.  Bartsch  theilt 
mir  mit,  dass  von  Prof.  Strobl  in  Wien  eine  Ausgabe  des  Teichners 
vorbereitet  wird. 


—     82     — 

fiil  seh  lieh  Herrn  Freidank  zuschreibt,  rühren  von  verschiedenen  Ver- 
fassern her  und  sind  ihrer  ursprünglichen  Abfassungszeit  nach  in's 
13.  Jahrb.  zu  setzen.  Beinahe  alle  dieser  trefflichen  Fabeln  sind  gedruckt.') 
Viele  derselben  wurden  von  Grimm,  Docen  u.  A.  dem  Stricker  zuge- 
schrieben, der  eine  Zeit  lang  ein  Gollectivname  für  alle  herrenlosen 
Gedichte  dieser  Art  war.  Später  hat  Bartsch  in  der  Einleitung  zu 
Strickers  Karl  (p.  XLIX)  eine  Sichtung  derjenigen  Beispiele,  die  dem 
Stricker  angehriren,  vorgenommen.  Ich  gebe  nebst  den  Anfangszeilen 
einige  Male  zur  Vergleichung  der  Lesarten  vollständige  Abdrücke  dieser 
Beispiele. 

Bl.  ftO.     1.  (Ohne  Ueberschrift.) 

Was  nymer  kain  man 

Von  mynne  geleren  kan, 

Die  red  ist  gar  verloren 

Vnd  wer  als  nuzze  verhorn. 

Sy  hahen  ze  helen  gleichen  müt, 

Ir  helen  ist  ze  nichte  gütt. 

Was  hülfe  kan  sie  vertagen? 

Er  kund  es  jr  denn  helfen  tragen, 

Es  hat  nit  khraft,  gelaubet  mirs. 

Es  ward  ain  ochs  vnd  ain  hirs 

Ziisamen  in  ain  joch  erkoren, 

Durch  das  sie  bede  hetten  hörn 

Das  sie  zügen  geleiche. 

Da  gehillen  sie  misseleiche : 

Das  rind  was  ziehens  gewent. 

Dawider  was  der  hirsse  verdentt 

Auf  laufen  vnd  auf  springen. 

In  khund  nie  bezwingen 

')  Namentlich  in  Haupt's  Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  Bd.  7, 
.318—382  durch  Franz  Pfeiffer.  --  Altdeutsche  Wälder  Bd.  2,  1  u.  ff. 
v.  Docen,  dann  Bd.  3,  167—238  durch  Jacob  Grimm.  —  Docen's  Mis- 
cellaneen  zur  Geschichte  der  teutschen  Lit.  Bd.  2,  209.  —  Hahn:  Kleinere 
Gedichte  von  dem  Stricker  Quedlinburg  und  Leipzig  1839.  —  Lassbergs 
Liodersaal,  Haupt  und  Hoffmanns  Altileutsche  Blätter  etc. 

Mehrere  dieser  Fabeln  wurden  auch  später  von  Boner  neu  bear- 
beitet. 


—     83     — 

Der  starcke  acker  knechte, 

Das  er  wollte  ziehen  rechte. 

Do  müssten  sie  sich  schaiden, 

"Wann  sie  vnder  in  baiden 

Behilen  (1.  gehulen)  vngeleich  (in)  ein. 

Also  geschehe  noch  leichte  zwain, 

Die  mit  vngeleichem  synne 

Pflegen  einer  mynne, 

Die  mynne  wirt  vnstätte, 

So  man  sie  aller  gernest  hette. 
Gedruckt  in  Haupts  Zeitschr.  (Z)  7,  338  nach  einer  Wiener 
Perg.  Hs.  des  XIII.  Jalirh.  Vrgl.  Hoffmann  v.  Fallersleben, 
Yerzeichniss  der  altdeutschen  Handschriften  der  k.  k.  Hof- 
bibliothek zu  Wien.  Nro.  34,  173.  Auch  in  den  Altdeutschen 
Blättern  von  Haupt  und  Hoffmann.     1,  108. 

2.  Von  ainem  biirgstall: 

Es  rait  ain  ritter  der  was  tum 
Auf  ainer  Strassen  die  was  krum 
Das  schuef  ain  berg  der  da  stund 
Als  noch  genüge  berge  thuend  etc. 
Gedr.  in  Z.  7,  339,  nach  der  Wiener  Hs.  34,  203. 
Bl.  61.     3.  Wie  ain  leo  seinen  sun  lertt: 

Ain  leo  zu  seinem  sune  sprach 
Do  er  sich  des  todes  versach 
Sun  ich  bin  blöde  vnd  allt 
Von  mir  hast  du  den  gewalt 
Das  du  aller  tiere  herre  bist  etc. 
Gedr.  in  Z.  7,  349   nach  Wiener  Hs.  .34,  202.     Auch  in 
einer   Hs.   des   XV.  Jahrh.  in  Donaueschingen,   bei  Barack 
Nro.  93,  4. 
4.  Wie  ain  fraw  aines  spotte: 

Ich  kam  in  aines  mayen  zeit, 
So  die  wise  gerne  leitt 
Mit  blümen  befanngen, 
Auf  ain  haid  gegangen, 


—     84     — 

Die  was  mit  blümen  wol  gevarb. 

Nu  nam  ich  ir  aller  war, 

Welhew  mir  darzue  lochte, 

Das  ich  sie  brechen  möchte 

Vnd  bringen  meiner  frawen. 

Als  ich  da  gie  schawen, 

Do  sach  ich  haselblümen  stan, 

Die  seind  vil  nach  gelich  getan 

Als  die  veyel  sindt. 

Des  wanes  was  ich  ain  chind. 

Der  auch  mir  vil  sere  loug. 

Der  blümen  schone  mich  betroug, 

Das  ich  sie  für  veyel  brach. 

Als  mir  das  geschach 

Vnd  ich  sie  meiner  frawen  auch  trüg, 

Da  tuldet  ich  spottes  genüch. 

Sie  sach  daran  ein  schein, 

Ich  möchte  wol  ain  tore  sein. 

Mein  sin  teuchten  sie  nit  gut. 

Das  ich  dise  vnedel  blüt 

Für  edeln  veyel  hette  ersechenn. 

Des  wer  vnrecht  mir  geschechenn. 

Hett  ich  mich  ee  bedachtt, 

Ee  ich  sie  zu  hofe  hette  bracht, 

Das  alle  blümen  veilvarwe 

Nicht  veyel  sind  garwe. 

Noch  alle  blümen  rosenvarb. 

Das  die  nicht  sind  rosen  gar: 

Het  mich  des  niht  betrogen  ^) 

Ich  biet  sie  gefragett, 

Wie  (sie)  vnder  in  baiden 

Sich  ze  rechte  khünden  beschaiden 


')  Der  Abschreiber  hat  auch  hier  das  alte  betraget  seiner  Vorlage 
motlernisirt  freilich  auf  Kosten  dos  Reimes. 


-     85     — 

An  varbe  vnd  an  edelkaitt, 
So  wer  mir  nicht  geschehen  lait, 
Nv  lat  ir  euch  durch  gahes  sehen 
Solhe  vnweissheit  nicht  geschehen, 
Ob  sie  ist  gutten  weihen  geleich 
Vnd  weder  gut  noch  sinereich, 
Was  got  so  geleicht  sie  sich 
Der  haselblümen,  die  ich 
Für  den  edeln  veyel  prach, 
Vnd  geschieht  ew  als  mir  geschach: 
Ir  verlieset  vur  war 
Gutten  gedingen  vnd  ewr  iar 
Vnd  alle  die  arbait, 
Die  ir  an  sie  habt  geleit. 
Gedr.  in  Z.  7,  320  nach  der  Wiener  Hs.  34,  200.     Auch 
in  Donaueschinger  Hs.  93,  16. 
Bl.  62.     5.  Wie  ain  äff  an  ain  vöchin  tausch  begert: 
Zu  einer  füchsin  sprachen  die  äffen 
Wer  hat  dich  so  beschaffen 
Das  wir  beliben  also  blos 
Vnd  dir  dein  zagel  ist  so  gros  etc. 
Gedr.  in  Z.  7,  352  nach  der  Wiener  Hs.  34,  198. 
6.  Wie  ain  kind  sich  verbrennt  hatt: 
Pey  einem  fcAvr  ich  gesach 
Des  mir  ze  lachen  geschach: 
Do  lag  ain  ay  gebratten 
Vnd  ain  khind  vnberatten. 
Das  wolld  zu  dem  fewr  komen 
Vnd  hett  das  ay  gern  genomen. 
Do  ims  do  niemand  bott, 
Do  zwang  es  des  hungers  nott, 
Das  es  das  ay  von  den  kholen 
Gerne  hette  verstollenn 
Vnd  ertzeiget  eines  khindes  list, 
Der  dicke  one  witze  ist: 


-     86     — 

Es  tet  zu  die  äugen 
Vnd  went,  es  were  tawgenn 
Was  dauon  im  geschach, 
Durch  das  es  selber  nicht  gesach. 
Aus  greif  es  nach  wane  dar 
Vnd  geriet  die  hand  anderswo. 
Es  greif  an  ainen  brannt 
Vnd  hette  verprennt  die  hand, 
Vnd  Avas  sein  diephait  wol  gesehen. 
Also  mües  allen  beschehen, 
Die  mit  blinden  synnen 
Nach  fremden  gewynnen 
Kerent  ir  gemütte  etc. 
Gedr.  in  Z.  7,  368  nach  der  Wiener  Hs.  34,  199. 

Bl.  63.     7.  Ain  hwen  gehaymbt  sich  zu  aim  habch: 
Es  stund  zu  ainen  stunden 
Auf  ainem  hamel  ain  habech  gebunden 
Als  man  noch  dick  sieht  tun 
Nu  het  gewonnt  dar  ein  hvn  etc. 
Gedr.  in  Z.  7,  356  nach  der  Wiener  Hs.  34,  197. 

8.  Von  unkeuschen  mannen: 

Das  ist  ainer  yeglichen  katzen  muet 
Säch  sie  vor  ir  vnbehüett 
Hundert  tausent  essen  sten 
Sie  wolt  zu  jn  allen  geen  etc. 
Gedr.  bei  K.  A.  Hahn,  Kleinere  Gedichte  von  dem  Stricker 
p.  1   u.  ff.     Auch  in  der  Wiener  Hs.  Nro.  34,  42. 

9.  Von  vnfruchtbarn  blüed: 

Welich  pawm  des  plüetes  vil  gebirt, 
Vnd  des  opses  darauf  nicht  enwirt, 
Des  blüen  wirt  schier  vnmäre 
Vnd  geleichet  sich  dem  lugnere, 
Der  mer  gehcisset  danne  vill, 
Des  er  doch  nit  geben  will. 


I 


—     87     — 

Des  pawms  blüen  vnd  jenes  geheis 
Das  ist  mir  als  ich  wol  wais. 
Gedr.   bei   Hahn   Kl.  G.  v.  dem   Stricker   p.  2.  —  Auch 
in  der  Wiener  Hs.  Nro.  34,  43. 

10.  Was  siecht  in  der  jugent  wechst: 
Das  ist  der  sumerliten  tugent 
Wahin  sie  sich  naigt  in  der  jugent 
Wie  gros  sie  ymmer  werdn  kan 
Es  scheinet  das  erst  naigen  an  etc. 
Gedr.  in  den  Altd.  Blättern  1,  14.     Auch  in  der  Wiener 
Hs.  34,  44. 

Bl.  64.     11.  Von  ainem  hann  der  ain  mergriesen  vand: 
Vor  ainem  stadel  da  man  trasch 
Da  ging  ain  han  durch  genasch 
Vnd  warb  als  er  künde 
Do  er  kratzen  begunde  etc. 
Gedr.  Z.  7,  381    nach   der  Wiener  Hs.  34,  B9    und   Alt- 
deutsche Wälder  Bd.  2,  3. 

12.  Von  ainem  springenden  hund: 
Es  was  hie  vor  ain  reicher  wirt 
Was  den  gesten  freude  wirt 
Des  het  er  alles  genüg 
Er  schuef  wo  man  sein  gewüch 
Das  er  vil  wol  gelobt  ward  etc. 
Gedr.  Z.  7,  345  nach  der  Wiener  Hs.  .34,  78. 

Bl.  65.     13.  Wie  ain  fleug  ain  kalen  offt  irret: 
Ain  fleug  ainen  kalen  man 
Vil  ser  peissen  begann 
Das  sie  jm  das  haupt  blos  vand 
Da  slueg  er  dar  mit  der  band  etc. 
Gedr.  Altd.  Wälder  3,  227.     In  Wiener  Hs.  34,  79. 

14.  Wie  ainer  in  sünden  nit  vertzagen  sol: 
So  ain  man  in  kämpf  stet 
Sein  kampfgenos  in  nit  erlett 


—     88     — 

Er  schlach  in  leicht  darnider 
So  sol  er  sich  erholen  wider  etc. 
Wien«!-  Hs.  34,  92. 
15.  Ain   peispill  so  ain    bawr   gewalt  vber- 
kumbt: 
Es  was  hievor  ain  arm  man 
Der  so  lutzel  guttes  gewann 
Das  er  vil  selten  sat  ward 
Nu  het  er  ainen  hofwart  etc. 
Wiener  Hs.  34,  96.  —  Dieses  Beispiel  scheint  das  Gegen- 
stück von  Nro.  12  zu  sein. 
Bl.  G7.     16.  Von  misshelung  vnd  neid  in  stetten: 
Es  was  hievor  ain  reichev  statt 
Da  ward  man  seilten  neides  satt 
Wie  vnmüessig  er  war 
Do  warn  (die)  burger 
Ainander  alle  gehass 
Vnd  wessten  selber  nit  vmb  was  etc. 
Gedruckt   Altd.   Wälder   %   4.    Wiener  Hs.  34,  97;    und 
Nro.  37,  XVIII. 
17.  Wie  ain  maus  ain  ochsen  zwickt: 
Ain  ochs  ob  ainer  kripen  stuend 
Als  noch  vil  dick  rindcr  tuend 
Da  wolt  er  sten  vnd  essen 
Nu  kam  ain  maws  vermessen  etc. 
Gedr.  Z.  7,  359  nach  der  Wiener  Hs.  34,  98. 
Bl.  68.     18.  Ain  peispill  das  ain  has  nit  zam  wirt: 
Ich  hör  sagen  für  war: 
Der  ainen  hasen  drcissig  jar 
An  ainem  band  behabe 
Vnd  ziech  er  jm  dasselb  abe, 
Er  werd  dannoch  willd. 
Ditz  ist  ain  gleichs  billd 
Wie  lanng  ain  man  er  hat; 
Ob  er  sie  on  liüet  latt, 


—     89     — 

Si  Wirt  im  willder  dann  ain  has, 
Der  da  lauft  in  dem  gras. 
In  Wiener  Hs.  34,  102. 
19.  Wie   ain   rab   pfawen   federn  an  sich  tett: 
Ain  rab  kam  an  ain  gras 
Da  vand  er  das  im  lieb  was 
Pfawen  veder  ain  michel  tail 
Des  ward  er  fro  vnd  gaill  etc. 
Gedr.  Z.  7,  365  nach  Wiener  Hs.  34,  103. 
Bl.  69.     20.  Zwei  spotteten  an  ainander: 
Ich  kom  do  zwen  sassen 
Ob  ainem  müsse  vnd  assen 
Do  geschach  in  so  laide 
Das  sie  sich  betroffen  beide  etc. 
Gedr.  Z.  7,  370. 
21.  Ain  tor  wolt  das  fewr  mit  holtz  ersatten: 
Ain  tor  sprach  zu  dem  fewre 
Was  ich  vernd  vnd  hewre 
Holtzes  ye  an  dich  getrüeg 
Des  dauchte  dich  nit  genüg  etc. 
Gedr.  Altd.  Wälder  3,  203.    Lassbergs  Liedersaal  3,  615. 
In  der  Wiener  Hs.  34,  105. 

Bl.  70.     22.  Wie  die  affin  ir  kinde  erretten  tut: 
Ain  jager  kam  in  ainen  walld 
Da  waren  äffen  vngezallt 
Da  wollt  er  jagen  inne 
Er  gesach  ain  affinne  etc. 
Gedr.  b.  Halm  kl.  G.  von  dem  Stricker  p.  39.  -  In  der 
Wiener  Hs.  34,  106  nnd  Nro.  36,  25. 
Bl.  71.     23.  Von  den  fleugen: 

E  die  milich  warm  ist 
So  ist  sie  der  fleugen  genist 
Dann  kumbt  sie  zu  massen 
Vnd  besteet  sie  an  den  Strassen  etc. 
In  der  Wiener  Hs.  34,  113  und  Nro  36,  26. 


—     00     — 

24.  Ain  peispill: 

Gott  hatt  der  herren  vil 

Die  tuend  als  das  vcderspil 

Wer  das  vor  lieb  hat  ze  woll 

Vnd  machet  es  zu  allen  zelten  voll  etc. 

In  der  Wiener  Hs.  34,  122. 
25.  Salomon    schillt    drew    ding    die    got    vnd 
der   weit   unmär   sein: 
Drew  ding  sind  got  vnmäre 
Vnd  seind  der  wellt  swäre 
Des  armen  hoffart  die  da  gebirt 
Das  er  dauon  zu  spotte  wirt  etc. 
Gedr    bei  Docen,  Mise.  2,  209.  Hahn  kl.  G.  v.  d.  Stricker 
p.  41.     Auch  in   Wiener  Hs.  34,  129   und  36,  17    und  im 
Koloczaer  Codex  ed.  Mailäth  p.  XIV,  LXXI. 
Bl.  72.     26.  Hie  lobt  er  den  tod  wie  nutz  der  sey: 
Got  hat  seinen  lob  gemerett 
Vnd  seinen  namen  ye  geeret 
Sein  lob  hat  maniges  lobes  ruef 
Das  er  den  tod  ie  beschuef 
Der  kan  vns  wol  frewde  geben 
Der  tod  seiigt  vns  das  leben 
Der  tod  ist  vns  nutz  gar 
Der  tod  ist  vnser  leibnar 
Der  tod  schwymet  in  gotes  lobe 
Allen  gutten  dingen  obe 
Die  gott  der  weit  hat  gegeben  etc. 
In  Wiener  Hs.  34,  147. 
Bl.  73.     27.  Ain  hübsche  zauberlist  der  l'rawen: 
Ich  hör  die  frawen  dick  sagen 
Vnd  grosse  nott  ainander  clagen 
Was  in  ir  man  laides  tue 
Da  kan  ich  schon  liste  zue 
Die  Averden  zu  Paris  gedacht 
Von  dannen  han  ich  sie  her  bracht  etc. 
In  Wiener  Hs.  34,  148. 


—     91     — 

Bl.  74.     28,  Die  toren  haben  dye  drey  namen: 
Esel  gowch  vnd  äffen 
Den  ist  wunderlicher  ere  beschaffen 
Affen  esel  vnd  gowch 
AUso  nennet  man  auch 
Die  do  habent  nicht  mer  dan  ainen  namen  etc. 

Gedr.  in  Lassbergs  Liedersaal  3,  213.  In  Wiener  Hs. 
34,  165  und  78,  VIIL  Auch  in  der  Koloczaer  Hs.  Vrgl. 
Altdeutsche  Blätter  1,  8. 

29.  Wie  ain  blinder  schaden  spuret: 

Ain  blinder  nam  ain  eehch  weib 
Des  was  wolgestalt  ir  leib 
Das  ward  bestätiget  vnd  betagt 
Man  gab  sie  jm  für  ain  magt  etc. 
Gedr.  Z.  7.  367  nach  Wiener  Hs.  34,  166. 

Nach  diesem  Beispiele   fehlt  die  Rubrik  und  es  bcginul  sogleich : 
Es  soll  kain  frumer  man 
Mit  dem  posen  nicht  ze  thun  han  etc. 
Gedr.  Altdeutsche  Wälder  3,  169. 

30.  Wie  ain  türsch  ir  zwelf  ass: 

Hie  vor  da  kamen  zwellf  man 
In  ain  vinsteres  tann 
Die  wurden  irr  darinne 
Das  khom  in  ze  vngewynne  etc. 
Gedr.  Altd.  Wälder  Bd.  3,  179.  Auch  in  Wiener  Hs.  34,  170. 

Bl.  76.     31.  Wie    ain    weib    ainen    list    erdacht    ire 
h  o  w  n  d  e  v  o  r  dem  a  r  n  z  e  b  e  w  a  r  n : 
Ain  weib  het  so  michel  hayll 
Das  ir  ain  hwen  ain  tail 
Junger  hüner  ausbrachte 
Darzue  sie  gedachte  etc. 
Gedr.  Z.  7.  376  nach  Wiener  Hs.  34,  174. 


92     — 

32.  Wie   zway   weib   ainem  man  das  har  aus- 
zugen: 
Ain  man  het  ain  aUtes  weib 
Vnd  het  auch  selb  ain  allten  leib 
Im  was  das  har  wol  halbes  graw 
Da  kam  ain  schone  magt  dar  etc. 
Gedr.  Z.  7,  372  nach  Wiener  Hs.  34,  175. 

Bl.  77.     33.  Wie  ain  hund  durch  geits  ain  braten  verlos: 
Do  man  sagt  gute  mer 
Das  ringert  oft  swär 
Zu.  ainer  zelten  lief  ain  hund 
Dauon  ward  mir  ainest  khund  etc. 
Gedr.    Altd.    Wälder    3,     170.     Ebenfalls    in    Wiener 
Hs.  34,  176. 

Bl.  78.     34.  Ain  geleichnus  vnd  peispill: 
Die  hüer  vnd  die  katz 
Beleiben  in  gleichem  satz 
Muesses  zehen  schussel  voll 
Mag  ain  katz  dazue  komen  woll  etc. 
In  Wiener  Hs.  34,  177. 

35.  Das  man  den  s wein  edelgestain  nit  fur- 
legen  soll: 
Die  weil  dise  wellt  stat 
Ymer  man  den  lyeb  hat 
Der  beschaidenliche  tichtett 
Der  aber  torn  abrichttett  etc. 
In  Wiener  Hs.  34,  178. 

Bl.  7'J.     30.  Wie  ain  maus  ain  leo  erschrackt: 
Mews  luffen  aus  ir  holt 
Da  sie  heften  geessen  woll 
Sic  hüben  an  frewd  vnd  spill 
Vnd  heften  kurtzweil  vill  etc. 
Gedr.  Z.  7,  355  nach  Wiener  Hs.  34,  18iJ. 


—     93     — 

Bl.  80.     37.  Wie  ain  pfaw  aines  kranichs  spotte: 
Ain  pfaw  gie  als  noch  pfawen  tuend 
In  ain  garten  da  (ain)  kranch  stuend 
Bey  im  kam  (er)  nider  geflogen 
Da  was  der  pfaw  so  vngetzogen  etc.         * 

Gedr.  Z.  7,  353  nach  Wiener  Hs.  34,  183. 
38.  Ain  kraw  erwellt  ir  ainen  vogtt: 
Ain  kraw  ir  ainen  vogt  erkos 
Dauon  sie  doch  den  leib  verlos 
Sie  ylet  fliegen  ballde 
Zu  ainem  finstern  wallde  etc. 

Gedr.  Z.  7,  357  nach  Wiener  Hs.  34,  187. 
Bl.  81.     39.  Wie  ain  maus  ainem  leo  hallf: 
Ich  will  ew  sagen  ain  mär 
Es  hett  ain  willdner 
In  dem  walld  gerichtet  strick 
Als  sie  noch  tuend  vill  dick  etc. 

Gedr.  Altd.  Wälder  3,  175.    Auch  in  Wiener  Hs.  34,  188 
40.  Ain  windesstos  warf  ain  aych  umbe: 
Auff  ainem  berg  stund  ain  aych 
Der  höche  in  die  lüfte  raich 
Sie  het  auch  gros  vmbe  sich 
Von  langen  esten  weytten  strich     etc. 

Gedr.   Altd.  Wälder   2,  1    und   Z.  7,   380    nacli    Wiener 
Hs.  34,  189.     Auch  in  Donaueschinger  Hs.  93,  11. 
Bl.  82.     41.  Von  ainem  fuchs: 

Ain  fuchs  vor  hunger  ser  chval 
Zu  ainem  trauben  er  sich  stall 
Den  er  sach  vber  den  weg  hangen 
Do  er  in  nicht  mocht  erlangen 
Dreistimd  er  gegen  in  sprang  etc. 

Gedr.  Z.  7,  364  nach  Wiener  Hs.  34,  190. 
42.  Von  ainem  bäum: 

Ich  kom  geritten  für  ainen  walld 
Der  was  von  pawmen  maniguallt 


—     94     — 

Da  was  ainer  vncler 
Der  tauchte  mich  besunder  etc. 
Gedr.  Z.  7,  325  nach  Wiener  Hs.  34,  1!)1. 
Bl.  83.     43.  Von  aiiiem  hundt: 
*  Der  hund  pillet  niemaii  an 

Also  dicke  so  den  man 
Der  den  stab  in  der  hand  treit 
Wie  er  ze  were  doch  sey  bereit  etc. 
Gedr.  Z.  7,  348  nach  Wiener  Hs.  34,  192. 
Schliesslich  einige  Fabeln  aus  Reinhart  Fuchs: 
44.  Von  dem  wollf: 

Und  war  es  euch  nicht  swäre 
Ich  sagt  ew  ain  mere 
Das  ew  vileicht  ee  ist  geseit. 
Es  geschach  von  gewonheit 
Das  ain  wollf  ain  viche  bais  etc. 
Gedr.  in  Reinhart  Fuchs  von  Jacob  Grimm  S.  346.    Auch 
in  Donaueschinger  Hs.  93,  14  und  Wiener  Hs.   Nro.  34,  194. 
Bl.  84.     45.  Wie  der  wolf  kuntschaft  gab: 
Es  was  hie  ain  geytiger  hund 
Dem  was  vil  schalkait  khund 
Der  sprach  ain  schaf  an  vmb  ain  brott 
Das  liehe  er  jm  in  hungers  nott 
Vnd  zoch  es  für  gerichte  etc. 
Gedr.  in  Reinhart  Fuchs  von  Jacob  Grimm  S.  345.  Auch 
in  Donaueschinger  Hs.  93,  15  und  Wiener  Hs.  34,  196. 

Auch  nach    diesem    Beispiel   fehlt   die   Rubrik    und    es 
beginnt  dasjenige  von  Axtstiel: 

Ainem  man  brast  ain  agstestill.     etc. 
Gedr.  Altd.  Wälder  3,  224. 
40.  Ain  wolf  betrog  den  hueter: 
Ain  wolf  gie  zu  ainen  stunden 
Da  ain  schaf  behuet  was  mit  hunden 
Vnd  der  hirt  nahent  bey  jm  stuend 
Da  was  dem  wolf  vil  wol  khund 
Das  er  im  nit  geschaden  mocht  etc. 


—     95     — 

Hie  hat  kern  frddancks  gedieht  ende. 
Am  Schlüsse  unsrer  Beispiele  angelangt,  ist  auf  das  Verhältniss 
dieses  Tlieils  der  Londoner  Hs.  mit  der  Wiener  Pergamenths.  Nro.  34 
(nach  Hoffmanns  Zählung),  die  von  Pfeiffer  bei  Herausgabe  seiner  alt- 
deutschen Beispiele  in  Haupt's  Zeitschrift  zum  Theil  benutzt  wurde, 
aufmerksam  zu  machen.  Wir  finden  nicht  nur  alle  die  Fabeln,  die  das 
Londoner  Manuscript  enthält  (sogar  die  beiden  aus  Reinhart  Fuchs), 
auch  in  jener  Wiener  Hs.  des  XHL  Jahrhunderts,  sondern  selbst  die 
Reihenfolge  der  einzelnen  Stücke,  wie  sie  die  Wiener  Hs.  gibt,  ist 
in  der  Londoner  oft  geradezu  beibehalten  (vrgl.  31—35,  38—43  etc.), 
was  gewiss  mehr  als  Zufall  ist,  so  dass  ich  die  Wiener  Hs.  34  als  die 
Vorlage  —  gleichviel  ob  direkte  oder  indirekte  —  dieser  Partie  der 
Londoner  Hs,  annehme. 


Bl.  85.     IV.  Hie  vacht  an  ain  hübscher  spruch  so  herr  oswalld 
von   Wolkenstein  gemacht  hat. 

Es  folgt  ein  moralisches  Gedicht  des  trefflichen  Oswald  von 
Wolkenstein  (1367—1445),  sein  politisches  und  religiöses  Glaubens- 
bekenntniss,  das  bei  Beda  Weber:  Die  Gedichte  OsAvald's  von  Wolken- 
stein, Innsbruck  1847  p.  94—105  gedruckt  ist.^)  Bei  der  geringen  Anzahl 
der  bekannten  Hss.  (drei  an  der  Zahl)  und  der  Originalität  der  unsrigen 
—  die  zwar  im  Ganzen  mit  der  sog.  Wolkensteiner  Handschrift 
stimmt  —  schien  mir  der  vollständige  Abdruck  des  folgenden  Spruches 
geboten  zu  sein. 

Vom  rechten,  von  richtern,  rednern  vnd  vrtailen: 


M 


ich  fragt  ain  ritter  ongeuare, 
Der  sich  der  wellte  manig  jare 
Zu  gütter  nias  erfarn  hett, 
Durch  manig  kungreich,  land  vnd  stett, 
In  fursten  hofen  hin  vnd  her, 
Ain  tail  der  haidenschaft  entwer 
Als  dann  aim  ritter  zu  gepirt. 
In  ainem  so  was  er  verirt, 


^)  Man  erwartet  von  Prof.  Zingerle  in  Innsbruck  eine  kritische 
Ausgabe  des  Wolkensteiners.  —  Nach  der  Wolkensteiner  Hs.  stammt 
obiges  Gedicht  aus  dem  Jahr  1438. 


—     96     - 

Das  icli  in  des  beschaiden  sollt, 
Darumb  vnd  er  mich  fragen  wollt: 
Beschaid  mich,  lieber  brnder  mein, 
Von  weihen  Sachen  mag  das  gesein, 
5.    Das  götliche  gerechtikait 
Geordent  ist  on  vnderschaid 
In  aller  cristenheit  gemain, 
Aym  yeden  menschen,  lawter,  rain. 
Zu  statten  komen  durch  gericht, 

10.    Und  doch  gar  selten  das  beschicht? 
Besunderlichen  der  gestalt, 
Do  man  des  leges  nit  enhalt 
Nach  den  gesetzten  keiserlich 
Da  werden  betrogen  arme  vnd  reich. 

15.    Ich  sprach:  als  verr  ich  mich  verstan, 
Da  sein  vil  heubter  schulldig  an. 
Wer  da  regiert  nach  seinem  haubt, 
Wie  clueg  er  ist,  er  wird  getaubt 
Besetzt  er  nit  ain  weisen  ratt, 

20.    Dabey  fraw  ere  wol  bestatt, 

Vnd  Voigt  dem  nach  durch  götlich  vor  cht. 
In  welhem  lannd  man  das  verhorcht, 
So  hat  gewallt  das  recht  verhagtt, 
Als  wenn  der  abt  die  wurfel  tragt, 

25.    Die  brüder  spilen  all  hinach 

Dem  herren  zu  lieb  buester  sach, 
Vitztumb,  ratgeb,  pfleger  vnd  verg, 
Richter,  urtailer,  vorsprech,  scherg 
Die  treten  all  ain  valsche  ban, 

30.    Ain  ieder  zu  lieb  seinem  vbermann. 
Zwar  der  gewissen  wirt  so  holl, 
Damit  man  sich  behellfen  soll 
Zu  gütliclier  gerechtikait. 
Seid  das  man  ins  nicht  vnderseit, 


97 


Das  niemand  kain  geleichs  beschicht, 
Das  ist  ain  pose  Zuversicht, 
Und  ist  aim  land  ain  herte  bues 
Wo  man  das  recht  erkaufen  mues, 
5.    Damit  so  stett  der  armen  schantz 
Nur  altzeit  binden  an  dem  tantz. 
Der  gebhart  hat  ain  swachen  nam, 
Wie  wol  er  ist  naturlich  zam, 
Darumb  das  er  ist  gantz  durchbaisst, 

10.    Mit  grosser  gierhait  man  das  haist. 
Dauon  verlait  sich  manig  gut  geselle 
Durch  in  jn  abgrund  der  helle. 
Es  nemen,  geben  arm  und  reich, 
Aber  secht  es  ist  vngeleich. 

15.    Wer  nymbt,  das  man  im  gern  geitt 
Also  das  er  kain  argenn  neid 
Well  tragen  der  gerechtigkait. 
Weder  vmb  lieb  noch  vmb  laid, 
Dem  geber  wolle  bey  bestaun 

20.    Nur  wes  er  götlich  recht  sol  honn, 
Es  sey  mit  vrtail  oder  rat, 
Sein  nüm  ist  ym  dester  mynder  schad. 
Tätt  er  es  aber  durch  gott. 
Des  wer  vil  pesser  on  spott 

25.    Beschäch  es  dann  vmb  ainen  sunst, 
Dabey  so  war  ain  clainer  verlust, 
Im  würd  doch  so  vil  er  davon. 
Das  im  bezallt  wurd  der  Ion; 
Auch  möcht  er  richten  bald  partey 

30.    Vnd  tat  sein  gutten  vleiss  dabey, 
Darinn  erwürb  er  lob  und  er 
Von  got  vnd  von  der  wellte  ger. 
Sälig  wer  das  recht,  wo  man  das  näm. 
Wenn  gute  fruntschaft  kam. 


—     98     — 

Was  man  an  recht  geschlichten  mag, 

Das  ist  den  teufehi  grosser  sclilag. 

Diircli  recht  verlauft  sich  manig  cliet 

Mit  urtail,  raten,  gab  vnd  miett, 
5.    Valsch  zeugnuss,  aid  vnd  aufsätz  hol] 

Das  fliegt  dem  teufl  alles  wol. 

Kain  recht  km  übt  seilten  zu  dem  zill 

An  Sünde  wenig  oder  vill, 

Besunderlich  in  der  haitt, 
10.    Da  yederman  auf  sein  aid 

Ertailen  sol  nach  seinem  haubt, 

Darunder  maniger  ist  betäubt, 

Das  er  nit  funfe  zelen  kan. 

Wie  mag  derselb  ain  recht  verstan 
15.    Vnd  gillt  als  vil  am  abelesen, 

Als  war  er  salomon  gewesen. 

Vnd  voraus  in  der  gemain 

Fuegt  sich  das  recht  gar  seilten  rain. 

Hat  ainer  nur  ain  vrtailer, 
20.    Dabey  leut  nach  der  swär, 

Sie  volgen  all  demselben  nach, 

Wie  välschlich  ist  die  anesprach. 

Der  richter  lat  auch  über  gen, 

Vnd  wil  das  vnrecht  nit  vwsten, 
25.    Das  dem  ainen  tail  beschehen  ist. 

Das  tut  als  gebhart  wo  der  ist; 

Fielst  sich  ain  fürst  swacher  rät. 

Den  sei  noch  er  nit  höher  krätt. 

So  ist  das  recht  in  seiner  hand,^) 
30.    Nur  wie  in  lust,  wirt  es  bekant, 

Wann  sie  wissen  wol  als  die  hund 

Irs  herren  willen  zu  aller  stund. 


')  Dieser  Vers    fehlt,    in    der    Ausgabe   von   Weber.     Die  Wolken- 
steiuer  Hs.  gibt  ihn. 


—     99     — 

Da  hat  das  recht  kain  andre  gestalt, 
Dann  treib  man  frauel  vnd  gewallt, 
Vnd  desgleichen  vollgt  der  schein 
Von  allen,  die  gewalltig  sein 
5,    Vnd  das  recht  besitzen  für  vnd  für 
An  vorcht,  gewissen,  als  ich  spür 
Hoch  von  dem  haubt  bis  auf  die  fues 
Vnd  nymbt  doch  ende  mit  swarer  bües. 
Ain  redner,  der  da  nymet  gut 

10.    Von  ainem,  dem  er  reden  tut. 
Der  ist  ain  argbonlicher  man, 
Den  solt  man  nit  erlaiten  lan. 
Traut  man  darüber  seinem  aid, 
Sund  man  daran,  das  ist  mir  laid. 

15.    Das  recht  hat  gar  ain  bechsin  ^)  nas, 
Es  lat  sich  biegen  als  der  has. 
So  in  der  hund  bringt  in  den  Avanck 
Nur  hin  vnd  her  stet  sein  gedanck. 
Ich  hör,    das   maniger  vorsprech  nymbt 

20.    Zu  baider  seilt,  das  übel  zimbt. 
Von  ainem  nymbt  er  offenlich. 
Der  ander  sticht  in  haimlich: 
Der  ainen  bartey  rett  er  das  wort. 
Der  ander  tail  behabt  den  hört; 

25.    Mit  dem  so  wirt  durch  in  verhaut 
Die  ain  partey  die  im  getrawtt. 
O  Judas,  du  vnsaliger  man 
Was  hast  du  brüder  hie  getan? 
AUain  nit  der  da  vorsprech  haist, 

30.    Manig  höher,  der  den  bechsel  paist 
Gaistlich,  welltlich,  vindt  man  der, 
Vnd  wollen  dannoch  haben  er 


')  b  =  w  wie  Vers  119,  137  etc. 


—     100     — 

Gen  dieser  wellt,  wie  hallt  gen  gott, 
Daselb  da  furcht  ich  ir  mit  spott. 
Noch  ains  lass  ich  nit  unvermelt, 
Ain  bos  gewonheit  in  der  wellt: 
5.    Die  gaistlich  sein  vnd  welltlich  recht  ^) 
Reglern  mcr  dann  rittor  vnd  knecht, 
Vnd  wollen  nützen  baide  swertt. 
Wie  haben  die  so  gutten  Averdt! 
Sant  peter  hett  nur  ains  berait, 

10.    Da  er  den  Juden  mit  versnaid 

Vnd  slawnt  im  damit  nit  gar  woll, 
Da  er  tet  fliehen  in  die  holl, 
Vnd  geet  der  grund  doch  von  im  her, 
Von  got  gesatzt  gaistlich  1er. 

15.    Offt  gaisthch  väter  sind  so  zach, 
Sand  petern  kainer  volget  nach, 
Wo  gaistlich  herschen  leut  und  land 
Da  wirt  mer  ungeleiches  erkant. 
Wann  fürsten,  den  das  zügepirt, 

20.    Das  recht  zu  hallten  unveriertt, 
Oder  annder  adl  gros  vnd  klain 
In  aller  cristenheit  gemain. 
Got  hat  drey  tail  geordent  schon 
Darumb  er  geben  wil  den  Ion, 

25.    Dort  ewigleichen  sunder  swär: 
Gaistlich,  edel  vnd  arbaitter. 
Der  gaistlich  ist  also  bedacht, 
Das  er  sol  bitten  tag  vnd  nacht 
Für  die  zwcn  tail  gotesckraft, 

30.  Vnd  streitten  soll  die  ritterschaft 
Hert  für  die  andern  vorgenannt. 
Der  pawr  dartzü  ist  gewant, 


')  Die  Verszälihing  hoi  Weher  ist  hier  falsdi. 


—     101     — 

Das  er  sein  arbait  taglich  brauch 
Umb  unser  narung,  im  selber  auch. 
Das  hat  ain  grosse  unterschaid^ 
Besunder  an  der  gaistlichaitt 
5.    Durch  vngeleichs  in  diser  wellt, 
Als  ich  das  vormals  hab  vermell. 
Ich  wollt,  wer  gaistlich  wer  gemüt 
Er  hiellt  sein  orden  in  der  hüt, 
Als  er  das  sollt  von  rechte  tun, 

10.    Das  war  der  wellt  ain  grosser  sün. 
Mer  unfrid  kumbt  der  wellte  blos 
Von  Briesterschaft  und  irem  genos, 
Wann  sunst  vom  laien  beschicht, 
Das  hat  doch  got  beschälen  nicht. 

15.    Durch  sie  das  recht  vil  mer  erkrumbtt,. 
Wann  das  sunst  von  niemand  kumbt. 
Das  hab  ich  mer  zu  rom  erfarn. 
Wann  andersbo  in  kurtzen  jaren: 
Recht  zu  unrecht,  unrecht  zu  recht 

20.    Sie  machen  künden,  krum  vnd  siecht; 
Aufsatz,  treugnus,  loica  spill 
Lert  man  zu  rom  als  vil  man  will, 
An  die  brelatisch  biegkney. 
Die  man  da  treibt  durch  symonej: 

i25.    Da  unser  Zuflucht  sollte  sein 
Zu  waschen  ab  der  sunde  pein, 
Das  man  so  pöse  1er  da  tregtt 
Das  sey  dir  got  von  himel  clagt. 
Das  durch  die  gierten  für  vnd  für 

30.    Zu  mercken  ist  ain  solhe  spür,^) 
Die  vnser  liechter  solten  wesen 
Zu  komen  in  das  ewig  leben. 


')  Vers  29  und  30,    die  sich   auch   in  der  Wolkensteiner  Hs.  be- 
finden, hat  Weber  nicht  in  den  Text  aufsenomnien. 


102 


Es  kuinbt  als  von  den  heubtern  dar, 
Die  sich  enplossent  offenbar 
Vnd  das  unrecht  machen  zam 
An  götlich  vorcht,  vnd  sunder  schäm. 
5.    Gaistlich,  weltlich,  wer  das  tut 
Der  ist  von  sünden  nit  behüt, 
Wann  sieht  das  haubt  durch  blöden  wanck, 
Die  gehder  werden  alle  kranck. 
Der  kaiser  nymbt  auch  gern  gut, 

10.    Vil  fürsten  habent  denselben  müt, 
Sie  liessen  etwas  vbergan, 
Wo  sie  die  vollge  möchten  han 
An  raten,  lannden  und  auch  leut; 
Dafür  ich  geschätzte  recht  wol  treut, 

15.    Wo  man  die  kaiserlichen  hallt. 
Und  ain  gute  gewonheitt  allt. 
Die  ist  zu  hallten  für  ain  recht. 
Wer  sich  des  vlis,  da  würd  vil  siecht 
Das  sunst  gar  langsam  krum  beleibt 

20.    Nach  duncken  recht^  wo  man  das  treibt 
Wo  kaiserliche  recht  nit  gan, 
Da  will  man  nichts  nit  hören  von, 
Das  man  dem  kaiser  icht  engunn, 
Und  ist  doch  aller  recht  ain  brun, 

25.    Daraus  sie  fliessen  gantz  gerecht 
In  alle  land  naturlich  siecht, 
Und  mag  kain  landsrecht  sein  erdacht 
An  keiserliche  recht  volbracht. 
Es  mües  ain  züsatz  davon  haben 

30.    Vil  von  den  keiserlichen  gaben, 
Alls  alle  Wasser  habent  grund 
Vnd  flus  aus  des  meres  slund. 
Man  well  dann  velschen  gotes  gesetz 
Vnd  das  gerechte  machen  letz. 


—     103     — 

Was  von  dem  reich  zu  lehen  ist, 
Das  mag  sich  zwar  zu  kainer  frist 
Aus  seinem  recht  entziehen  nicht 
Mit  kainer  loica  geticht. 
5.    Vil  gutter  gewonhait  ist  vergundt 
Aim  yeden  lande  nach  dem  grimdt 
Zu  hallten  nach  des  landes  schein 
Teglich  zu  pessern  one  pein. 
Ain  gewonheit  bös,  wie  allt  die  ist, 

10.    Die  ist  zu  meiden  (in)  kmizer  frist, 
Vnd  götlich  zu  reformiern  balld, 
Das  sie  hais  gut  gewonheit  allt; 
Wo  man  desselben  nit  entütt 
So  gillt  sie  nit  ain  haller  gut. 

15.    Gewonhait  new  niemand  setzen  mag, 
Beschicht  es  darüber  ane  frag 
Vnd  an  gewalt  des  kaisers  gunst, 
Penfellig  ist  dieselbig  kunst. 
Wann  so  er  leicht,  er  pstat  nit  mer 

20.    Nur  redlich  allte  gewonhait  her 
Ainer  ieden  sach  ist  gesetzt. 
Das  recht  weisslichen  miverhetzt. 
Wie  mag  das  ainer  gachling  hais 
Bedencken,  der  es  nicht  wais. 

25.    So  man  in  fragt  auf  seinen  aid 
Das  recht  zu  trefen  klar  gemaidt, 
Wie  weis  er  ist,  er  wirf  betört. 
Er  hab  der  recht  dann  vil  gehört 
Und  dise  wellt  darzue  versiiecht 

30.    Nach  noturft,  als  sich  das  geriiecht 
An  enden,  wo  man  recht  vnd  ratt 
Vernunfftigklich  vor  im  halt. 
Als  manig  hirn,  als  manig  haubt! 
Wie  kund  ainem  yeden  sein  erlaubt, 


-     104     — 

Das  rocht  bringen  ganlz  an  sein  stall, 
Darauf!'  man  lang  gestudieret  halt. 
Trift  ainer  ains,  so  vallt  er  zway. 
Beduncken  recht  schadt  mangerley, 
5.    Des  man  in  rechten  nit  enthiellt 
Wo  man  der  kaiserlichen  wiellt. 
Ain  bawr  der  nie  geschrifl  verhortt 
Vnd  mit  den  ochsen  ist  betört, 
Der  soll  nu  bas  verstan  das  recht, 

10.    Dann  ain  giitler  gewandert  knechl, 
Oder  ain  gelerter  weiser  man? 
Wo  wolt  er  das  erlesen  hanV 
Noch  wundert  mich  ains  grossen  auch. 
Das  man  oft  setzt  ain  öden  gauch  ^) 

15.    Zu  ainem  richter,  der  nicht  hat 
Götliche  vorcht,  noch  weisen  rat 
Und  was  dem  rechten  zu  gehört. 
Das  er  des  gennlzlich  ist  betört. 
Wie  soll  der  strafen  weib  und  man 

20.    Der  sich  selb  nit  strafen  kan? 

Als  ich  euch  noch  das  bas  bedeut. 
Wem  man  beuilht  land  oder  leul, 
Ambt,  pfleg,  gericht  und  dessgleich 
Zii  strafen,  richten,  arm  und  reich 

25.    Der  soll  sich  hallten  in  dem  schein, 
Das  er  unsträflich  müg  gesein, 
Vnd  desgeleichen  alle,  die  han 
Herschaft,  land,  leul  vndertan, 
Gaistlich,  welltlich,  wer  die  sind 

30.  0  wie  gar  seilten  man  das  vindt! 
Ain  fürst  in  seinem  hof  vnd  land 
So  habent  rate,  die  da  hand^) 


')  Dieser  Vers  durch  ein  Versehen  hei  Weber  weggelassen. 
"^)  Unrichtig.     Weber  gibt:  Sol  liaben  vele  etc. 


—     105     — 

Gütlich  t-ewissen,  edel  vnd  Aveis 
Ain  gemain  wort,  der  eren  breis. 
Wo  des  ain  fürste  nit  enhatt 
Das  recht  daselben  übel  statt, 
5.    Baide  mit  urtail  vnd  geding. 
So  hat  das  recht  ain  misseling, 
Vnd  tarf  sich  niemand  trösten  schlecht. 
Wie  vil  er  hat  der  glitten  recht, 
Im  wirt  die  schrann  also  bestellt 

10.    Mit  ainer  urtail,  da  gefeilt 

An  seinem  tail  durch  ciain  gewin. 
Da  hat  das  recht  ain  bösen  sin 
Verzickte  wort  vnd  all  geucär 
Im  rechten  sind  verpotten  swär; 

15.    Man  lat  sein  aber  darunib  nicht 

Vnd  ist  ain  alts,  als  man  da  spricht. 
Ain  weiser  man,  der  rattmessig  ist. 
Der  tue  sein  vleis  zu  aller  frist, 
Damit  er  rat  zu  gleichem  schid 

20.    Auf  baid  bartey  nach  güttem  frid. 
Will  ainer  sein  ain  schidlich  man. 
Der  mag  ain  ^)  baide  rat  wol  geen ; 
Will  er  aber  ainem  tail  hillflich  sein. 
So  red  dem  andern  nicht  darein, 

25.    Vnd  hör  auch  seiner  rechten  nicht. 
Nur  was  an  offner  schrann  beschicht, 
Damit  bleibt  er  (an)  mailes  neid 
Liebt  im  das  recht  zu  beider  seilt. 
Kain  ratgeb  der  soll  weib  noch  man 

30.    Verfuern  auf  ain  zweifeis  wan, 
Zu  dem  er  nit  gedienen  mag 
Mit  urtail,  kumbt  es  an  die  frag 


^)  Statt  ain  ist  an  zu  lesen. 


—     106     — 

Verweist  er  in  darüber  sunst, 
So  hat  er  schuUd  an  seiner  vertust. 
Du  rictiter,  solt  nit  pärtig  sein 
In  der  partey,  vil  oder  ciain, 
5.    Nocli  nyeniand  das  gestatten  bist, 
Dem  der  desselben  leders  ist. 
Wo  man  ain  solhs  gerichte  liat 
Vnd  da  ain  richter  das  gestatt. 
Das  iede  barty  setzt  ir  leut; 

10.    Das  recht  ich  weder  lob  noch  treut, 
Vnd  wirt  das  recht  hinhinder  kert 
Vnd  durch  die  aid  gröblich  versert. 
Da  bist,  richter,  schulldig  an. 
Das  du  die  partey  lassest  gann, 

15.    Wan  ieder  stat  dem  seinen  bey, 
Wie  woU  das  recht  sol  wesen  frey, 
An  argen  list,  grüntlich  verclärt 
Wie  woll  man  seilten  das  bewärt. 
Du  sollt  auch  niemand  fragen  nicht, 

20.    Wo  du  hast  solhe  Zuversicht 
Der  ainem  taile  sey  genaigt, 
Ain  gut  gewisser  ver  da  saigt.^) 
Du  sollt  niemand  fördern  durch  dein  frag 
Vnd  ander  sach,   ich  dir  des  nit  ensag. 

25.    Man  vindt  nit  vil  derselben  lannd, 
Darin  sölh  krumpe  recht  ergand 
Vnd  ist  den  teufellnn  ain  grosser  fliich, 
Wo  man  tut   richten  nach  dem  buech, 
Darinn  die  recht  sein  wol  bedacht 

30.    Auf  iede  sach  götlich  verbracht, 
Dabey  gewonheit  gut  vergundt 
Ainem  ieden  lannd  nach  seinem  grund. 


')  Ungeschickte   Umstellung':    da   versaigt.   Weber  liest:   Ain  guot 
gewissen  das  versaigt. 


—     107     — 

Vnd  die  man  hallt  baid  arm  und  reich, 
Das  ist  aim  lannd  ain  loblicher  zeich, 
Besimderlich  in  welschem  lannd 
Vnd  in  manigem  küngreich  mir  bekant. 
5.    All  reichstett  haben  auch  denselben  sit, 
Vnd  vil  ander  teutschen  land  damit, 
Do  man  durch  zwelf  tut  richten  rain, 
Bas  dann  durch  sunst  ain  gantze  gemain. 
Seilten  durch  gemain  ain  sach  ergatt 

10.    An  schand  vnd  ettlich  missetatt. 
Ich  lob  sein  nit,  wo  man  des  pfligt 
Für  gschribne  recht,  wo  man  die  bigt. 
Durch  solhe  leut,  die  es  verstan 
Da  wirt  versorgt  baid  frow  und  man. 

15.    Ain  ebenbilld  ich  mellden  wil: 
Sicht  ainer  zwen  ob  ainem  spill 
Vnd  die  er  nie  erkante  sunst. 
Er  gan  dem  ainen  bas  vertust. 
Vnd  dessgleich  an  ainer  schrann, 

20.    Die  man  besetzt  durch  m anigen  man: 
Pstett  aim  da  nur  günstlich  gevell, 
Er  hatt  die  vollg,  gee  wie  es  wöll. 
Das  als  an  statten  nit  beschäch, 
Wo  man  die  recht  geschriben  säch. 

25.    Oft  ains  gewissen  ist  so  lom, 

Vnd  krümbt  sich  als  der  weg  gen  rom. 
Darumb  so  lob  ich  sicher  ciain. 
Wo  man  ain  sach  auf  gemain 
Durch  urtail  dick  erkennen  tut, 

30.    Ain  solhe  gewonhait  ist  nit  gut, 

Wann  götlich  recht  hat  kainen  twanck 
Zu  nötten  auff  ain  hinderganck 
Durch  kainer  hande  urtail  frey, 
Es  sey  dann  guter  will  dabey. 


—      lOS     — 

Nücli  isL  der  Lädcl  oiic  zall, 
Darinn  das  rocht  hat  bösen  vall. 
Zwar  wider  ditz,  das  man  da  hallt 
Geschriben  nach  den  buechen  allt, 
5.    Vnd  die  man  teglich  bessern  tiit, 
Darinn  ist  meniglich  wolbehuet. 
Wo  man  die  l'ucrt  lautter,  rain, 
Bekenn  ich  oswalld  von  Wolkenstain. 


V.  Es  folgen  kleinere  Erzählungen  und  Schwanke,  oft 
der  obscönsten  Art  verschiedener  Verfasser  des  XIV. — XV.  Jahrhunderts, 
die  ihre  Namen  zum  Theil  Avohlweislich  verschwiegen  Iiaben.  Manche 
der  Jüngern  Gedichte  dürften  vielleicht  Hans  Rosenblüt  oder  Hans 
Folz  zuzuschreiben  sein. 

Bl.  90.     1.  Ein  hübsche  peicht  wie  das  Bulschaft  nicht 
sünd   sey: 

Eins  tags  fucht  sich  das 
Also  das  ich  gegangen  was 
In  ain  kirchen  durch  mein  gebet 
Do  ich  das  gesprochen  hett  etc. 
Gedr.  im  Liederbuch  der  Clara  Hätzlerin  p.  115.  Eben- 
falls   im    Münchner    cod.    germ.    731.      Vrgl.    Kellers   Fast- 
nachtspiele  III,  1103.     Auch  in  Wiener  Hs.  Nro.  39. 
ßl.  97.     2.  Von  aincm  gullden  nottstall: 

In  grosser  not  mit  gemischter  fröd 
Was  ich  ains  tags  daiion  ich  gcred 
Wann  mich  gehick  gelaidet  hat 
Aller  meiner  sorgen  ist  mir  worden  rat  etc. 
Gedr.  bei  Clara  Hätzlerin  p.  194: 
In  grosser  not  mit  gunster  fräd 
Was  ich  ains  tags  dauon  ich  geüd  etc. 
Bl.  98.     3.  Die  schon  abentewre: 

Ich  ging  durch  lust  für  ainen  Avalld 
Der  stund  so  Avunnenkleich  arestallt 


—     109     — 

Dabey  ain  michel  wasser  flos 
Lawtter  frisch  vnd  nit  ze  gros  etc. 
Von  Peter   Suchenwirt   (XI Y.  Jahrh.)     Abgedr.  bei 
Primisser :  Peter  Suchenwirts  Werke.  Wien  1827.  p.  80  u.  ff. 
Bl.   103.     4.  Ain  red  wie  lieblich  ain  jung  man  zucht- 
licher  Sitten  von  seinem  Buollen  vnder- 
weist  ward: 

Ich  gieng  ains  tags  durch  kurtzwyl  bald 
Do  vand  ich  ligen  mit  gewallt 
Dem  argen  winter  ze  laid 
Ze  veld  vnd  auch  ze  haid 
Den  mayen  mit  seiner  gut 
Der  mit  seinen  fruchtpern  bluet 
Den  winter  het  verdrungen  etc. 
Veründert  abgedruckt  hei  Clara  Hätzlerin  p.  131.     Auch 
im    Münchner    cod.    germ.    714.      Vrgl.    Kellers    Fastnacht- 
spiele III,  1379. 
Bl.  107.    5.  Von   den   varben   vnd   was    yede   varb   be- 
deuttet: 

Mich  fragt  ain  fraw  mynnenklych 
Sie  sprach  gesell  beweis  mich 
Eins  dings  beger  ich  durch  gott 
Das  du  mir  sagest  sunder  spott  etc. 
Gedr.  bei  Clara  Hätzlerin  p.  168,    in  Lassbergs  Lieder- 
saal I,  153  und  bei  Myller,    Sammlung   deutscher  Gedichte 
(III),  Fragmente  und  kleinere  Gedichte  p.  XXIV. 
Bl.  110.    G.  Wie   fraw   venus    vber    die    trew    zu   ge- 
richt   sas: 

Merkt  auf  ir  jungen  ir  werden 

Die  da  lebent  auf  erden 

In  frewden  vnd  jn  hohem  muet 

Die  sullen  gegen  des  mayen  pluet 

Sich  frewen  wann  es  ist  worden  zeitt 

Wann  der  sues  may  der  geitt 

Frewd  den  wolgemüteh  hertzen 

Da  wider  bringt '  er  senden  schmertzen  etc. 


Bl.   114.    7.  Von  ainem  eilenden  gartten: 

Es  fuegt  sich  aines  wintters  zeitt 
Das  zwen  gesellen  on  neid 
Bey  ainander  lagen 
Ye  ainer  begund  den  andern  fragen 
Was  im  ze  sin  wer  etc. 
Gedr.  bei  Clara  Hätzlerin  p.  152. 

Bl.  118.    8.  Von  ainem   trawm: 

Sich  fliegt  ain  zeit  an  ainem  morgen 
Das  ich  allain  gar  vnuerporgen 
Lag  ruen  an  mein  selbs  bett 
Verlangen  mich  gar  strenge  hett 
Vnd  darzue  senen  gar  besessen  etc. 

Gedr.  bei  Clara  Hätzlerin  p.  127.  Auch  in  der  Lass- 
berg'schen  Abschrift  eines  Hug'schen  Cod.  des  XV.  Jahrh. 
Vrgl.  }3arack  Donaueschinger  Hss.  72.  In  einer  Weimar'schen 
Hs.  vrgl.  Keller  Fastnachtspiele  III,  1444  und  Münchner 
cgm.  270,  379  und  713,  Keller  Fastn.  III,  1164.  Weitere 
Hss.  bei  Haltaus  in  der  Einleitung  zu  Clara  Hätzlerin  LIII, 
Nro.  V. 

Bl.  122.    9.  Newrait: 

Es  kam  ains  mals  dartzue 
Das  ich  in  meines  pettes  rue 
Ain  nacht  vngeschlafen  lag 
Bis  das  aufgieng  der  hechte  tag 
Des  nachts  ain  newrait  gefallen  was  etc. 
»newrait»  =  novale,  Brachfeld,  hier  eine  Corrtiptel  statt 
newraif  =  frischer  Reif. 

Bl.  125.    10.  Von  ainem  kallten  prnnn: 

Ich  lass  hohe  kunst  vallen  zu  tall 
Wann  es  ist  mir  ain  klains  zu  schmall 
Nach  der  vernuft  zii  reden  mir 
Wann  das  ich  doch  ymaginier 


—    111    — 

Wie  lieblich  got  vnd  die  natur 
So  menig  form  vnd  figur 
Wiirckt  aus  der  elementen  art  etc. 
Verändert   abgedr.  bei    Keller  Fastnachtspiele  III,    1407 
nach  Münchner  cod.  germ.  439.    In  Donaueschinger  Hs.  72. 

Bl.  128.    11.  Man  sol  sich  vor  klafern  huetten: 
Es  ist  nit  lang  das  mich  mein  synn 
Paten  das  ich  die  siies  mynn 
Fragt  vmb  iren  suessen  orden 
Da  bin  ich  sicher  jnen  worden 
Ain  tail  von  derselben  frag 
Sie  sagt  mir  recht  als  ich  euch  sag  etc. 

Bl.  130.    12.  Wie  man  von  frawen  wol  reden  soll: 
Das  got  zu  frewden  ye  erdacht 
Das  hat  er  wirdickleich  volbracht 
An  wunenwerden  weihen 
Dauon  ich  will  schreiben 
Was  got  hat  wird  an  sie  gelait  etc. 
Gedruckt   bei   Clara  Hätzlerin  p.  113.     Vrgl.  Einleitung 
p.  LIII,  Nro.  1. 

Bl.  133.    13.  Wie  ain  müter  ir  tochter  lernet: 

Ich  gieng  ains  nachts  von  hawse  spatt 
Vnd  kom  für  liebes  kemnatt 
Da  hört  ich  reden  zway  darin 
Das  merckt  ich  wol  in  meinem  synn 
Ain  müter  vnd  ain  tochterlein 
Die  retten  nach  dem  willen  mein. 
Die  tochter  sprach  von  erst  ain  wort 
Sich  senet  aus  der  massen  hart 
Mein  stoltzer  leib  vnd  suechet  muet 
Es  war  wol  zeit  vnd  tewcht  mich  gut 
Das  ich  mir  ain  gesellenn  fund 
Der  mir  mein  senen  vertreiben  kund  etc. 
Abgedr.  bei  Clara  Hätzlerin  p.  305.     Auch  in  Dresdener 


—     112     — 

und  Woimarer  Hss.  Vrgl.  Keller  Fastnachtspiele  III,  1331 
und  1443.  In  der  Dresdener  Hs.  steht  das  Stück  unter 
Hans  Rosenplüts  Gedichten  und  Erzählungen.  Vergl. 
K.  Falkenstein,  Beschreihiing  der  königlichen  öffentlichen 
Bibliothek  zu  Dresden  p.  383. 

Bl.   135.    14.  Von  der  pawren  andacht: 

Es  giengen  pawrn  in  andachtikait 
In  ain  kirchen  als  man  saitt 
Durch  cristenliche  ding 
Do  ward  vil  manig  bös  ding 
Gemeldet  an  demselben  tag  etc. 

Bl.  137.    15.  Von  ainem  eyfrer: 

Ain  man  zu  seinem  Aveib  sprach 
Ach  gott  das  ich  dich  nie  gesach 
Mir  möcht  mein  weil  nit  lennger  sein 
Als  recht  hart  furcht  ich  dein  etc. 

Bl.  138.    16.  Ain  gntte  beicht  von  zwelf  frawen: 
Welt  ir  hörn  vnd  schawen 
Ain  peicht  tetten  zwellf  frawen 
Die  erst  die  was  ain  mullerin 
Zu  dem  pfaffen  stund  ir  synn  etc. 

Bl,  141.    17.  Von  zwayen  gespilen: 

Ains  nachts  ich  an  meiner  rue  lag 
Vnd  manigerlay  gedanck  pflag 
Von  der  mynn  lauf  vnd  irem  gewallt 
Mein  wunder  das  was  maniguallt  etc. 

Bl.  142.    18.  Wie   ainest   ainer  buelet: 

Ich  kam  gar  haimlich  in  ain  stat 

Do  lieb  vnd  lieb  zusammen  trat 

Und  gar  taugentleichen  komen 

Ich  hon  weder  vor  noch  syder  nie  vernomen 

Als  ain  auserwelltes  wortt 

Als  ich  von  in  baiden  hört. 

Er  sprach  got  mues  dich  grüessen 

Deinen  zarten  leib  vil  suessen 


—     113     — 

Das  dir  gelücke  widerfar 

Das  wünsch  ich  dir  zum  newen  jar  etc. 
Auch  in  einer  Heidelberger  Hs.  des  XV.  Jahrh.  Nro.  313 
(Wilken).   Vrgl.  Holland  und  Keller:  Meister  Altswert.  Vor- 
rede vin. 

Bl.  145.    19.  Von  vbergrossem  senen: 
0  senen  wie  we  du  tuest 
Das  du  statigs  bey  mir  ruest 
Vnd  willt  daran  nit  abe  lassen 
Ob  ich  dich  darvmb  tue  hassen  etc. 

Bl.  148.    20.  Wie  aine  im  bulen  schallt  vnd  die  ander 
den  jrn  lobett: 
Sich  fuegt  ains  tags  also  das  ich 
In  hohem  muet  frewet  mich 
Gegen  der  wunenckleichen  zeit 
Die  laub  vnd  gras  sein  frucht  geit  etc. 
Der  Widertail  v.   Peter  Suchenwirt.     Gedruckt    bei 
Primisser  p.  83   und   Lassbergs  Liedei'saal  3,  57.    Auch  in 
Donaueschinger   Hs.   72.     Wiener   Hs.    38 ,   IV.     Weimarer 
Hs.  b.  Keller,    Fastnachtspiele    HI,  1444.     Münchner  cgm. 
270  und  379. 

Bl.  151.    21.  Von  ainem  gutten  artzt: 

Ich  stund  in  ains  barbierers  haws 
Vnd  sach  zu  ainem  venster  aus 
Zwar  ich  wollt  des  haws  noch  nit  fälen 
Ich  het  mir  mein  har  lassen  strälen 
Do  gieng  ain  schone  fraw  daher 
Die  went  wie  ich  der  maister  wer 
Sie  bot  mir  ir  schneweisse  band  etc. 
Verändert  gedruckt   bei  A.   v.  Keller,    Erzählungen  aus 
altdeutschen  Handschriften  p.  426  u.  ff. 

Dort  steht  am  Schlüsse:  Daz  hatt  gedieht  Hanns  Ros- 
senplüet.  Anno  1524.  (?)  ^). 


*)  Rosenblüt's  lit.  Thätigkeit  fällt  zwischen  die  Jahre  1425  und  1460. 

8 


—     114     — 

Bl.  ir>4.     22.  Ain   hübsche   red   von  ritterlich  tatt: 

Mit  ainfaltiger  frag 

Kam  ich  an  ainem  tag 

Zu  ainer  frawen  niinneckhch  etc. 

Lassberg's  Liedersaal  8,  305.  Auch  in  Heidelb.  Hs.  313. 
Vergl.  die  angeführte  Stelle  in  Meister  Altswert. 

Im  nämlichen  Gedicht  ein  Zeugniss  zur  Heldensage: 
—  —  Den  kus  man  geleichen  mag 

Der  marggraf  AVilhalm  geschach 

An  dem  tag 

Da  er  gen  Orlens  kam  geriten 

Vnd  mit  den    hayden  het  gestritten 

Auf  dem  velld  zu  allerschantz 

Ich  wen  das  sein  frewde  gantz 

Ain  tail  nicht  bey  ainander  wer 

Sein  mandlicher  müt  was  frewdenler 

Da  in  ain  kus  empfie 

Der  im  gar  fruntlich  ergie 

Damit  er  seins  trawrns  vergass 

Es  geschach  auf  ainem  grünen  gras  etc. 

Als  nämlich  Willehalm  in  der  Schlacht  von  Alischanz 
(»allerschantz«)  sein  Heer  verloren  hatte  und  hülfesuchend 
zu  König  Ludwig  eilte,  schwur  er  seiner  Frau,  Niemanden 
zu  küssen,  bis  er  wieder  nach  Hajise  kehre ,  und  hielt  das 
auch.  So  die  Darstellung  in  Wolframs  Willehalm  und  dem 
franz.  Original  der  bataille  d' Aleschans  aus  dem  Gyclus  des 
Guillaume  d'Orenge. 

Bl.  158.     23.  Von  ainem  Trawm: 

Mir  trawmt  ain  wunniclicher  Trawm 

Kund  ich  den  geloben  schon 

Dartzue  bedurfft  ich  kunst  vnd  witze  bas 

Ich  wil  ew  sagen  wie  mir  was. 

Do  ich  ainest  schlaffen  lag 

Eya  was  grosser  wun  ich  pflag 


—     115     — 

Von  manigem  wime  werden  spill 
Ich  hört  der  klainen  vogelin  vill 
Mit  irem  frewdenreichen  schall 
Das  es  in  dem  walld  erhall  etc. 
Unvollständig  gedr.  in  Lassbergs  Liedersaal  I,  131.     In 
der  Hs. ,  der  sich  Lassberg  beim  Abdruck  dieses  »  schönen 
Gedichtes  «  bediente ,    fehlt   ein  Blatt    und   ein   anderes  ist 
theilweise   zerrissen.     Die  vorliegende    Fassung  zum    Theil 
verkürzt,  eine  vollständige  Bearbeitung  desselben  Gegenstan- 
des folgt  später. 
Bl.  163.  24.  Aber  ain  gutte  red  wie  ainsel  so  kläg- 
lich dem  leichnam  zusprach: 
Hie  vor  ainer  winderzeit 
Geschach  ein  iemerlicher  streitt 
Bei  nacht  als  ich  beschaiden  will. 
Frostes  und  reiffes   vill 
Betwungen  betten  alle  lannd  etc. 
Auch  im  Münchner  cgm.  714.  Vergl.  Keller  Fastnachtsp. 
III,  1380,  und  in  der  Wiener  Hs.  Nro.  78. 
Bl.  165.     25.  Wie  der  leib  antwort  gab: 

Nw  boret  wie  der  korper  sprach 
Do  dise  red  also  geschach 
Von  der  seil  ciaglich. 
Das  haubt  sich  auf  hueb  sicherlich 
Recht  als  es  nicht  war  todt 
Mit  seuftzen  vnd  mit  iamers  not  etc. 
Bl.  170.     26.    Ainen    widerwärtigen    krieg    entschied 
die  wellt: 

Höret  frawen  vnd  ir  man 
Hie  ist  komen  auf  den  plann 
Die  wellt  das  sie  vernemen  will 
Ungeleich  lewf  gar  vil  etc. 
Bl.  177.     27.  Von  den  wuecherern: 

Bei  ainen  zelten  das  geschach 

Epfell  vnd  roszorten  man  swymen  sach 


—     IIG     — 

Bei  Einander  in  ainem  bach. 
Ain  rosszort  zu  den  epfellen  sprach 
Wir  öpfel  swymen  hie  in  dem  bach  etc. 
Später  in  die  Sprichwörtersammlung  Sebastian   Frank's 
übergegangen. 

Bl.  179.  28.  Wie  die  frawen  vnstäten  mannen  fluechen: 
Ich  hon  dick  gehöret  woll 
Wenn  ain  ding   geschehen  soll 
Das  geschech  gar  snellich 
Simst  fliegt  es  sich  also  das  ich 
Kam  zu  mynicklichen  frawen  etc. 
Abgedr.  in  Lassbergs  Liedersaal  II,  419.     Auch  in  einer 
Heidelb.  Hs.    vergl.  Vorrede    zu    Meister  Altswert    p.    VIII. 
Münchner  cgm.  270  u.  379. 

Bl.  184.     29.  Von    gesellschaft  etlich   hübsch  history 
vnd  wie  gros  kraft  die  haben  soll: 
Geselschaft  die  ist  so  rain 
Das  ich  den  von  ir  schaiden  main 
Des  hertz  nit  hat  ganntze  tugent 
Ertzaiget  von  kintlicher  jugent  etc. 

Bl.  202.     30.  Von   ainem    Avirth    zu  sant   iakob  in  Ga- 
lilcia: 

Ains  mals  zwen  billgrin 
Ain  sun  vnd  auch  der  vatter  sin 
Zu  sant  Jacob  wollten  gan 
Sy  waren  zwen  getrew  man 
Gen  valschait  gen  vntrewen   blmd 
Als  man  es  beschriben  vindt  etc. 

Bl.  204.     31.  Das   man  gewunnen  gut  schon  behalten 
soll: 

Es  schreibt  Claudianus 
In  seinem  grossen  buech  alsus 
Wer  behallten  kann  gewunnens  gut 
Das  der  an  dem  loblicher  tut  etc. 


—      117     — 

Bl.  209.     32.  Andres   von  Esperdingen  rede: 
Wolauf  ir  werde  cristenheit 
Wacht  hie  vnd  seitt  beraitt 
Gen  disem  lieben  newen  jar 
Seit  sich  der  edell  got  so  dar 
Zu  ainer  magt  hatt  getrewett 
In  kindsweis  hat  er  sich  vernewett  etc. 
Der  Dichter   nennt    sich    am  Schhisse  :   Also    red  andre 
von  esperdingen. 

Bl.  210.     33.  Ain  dyrunday  ist  halbs  leynen: 
Ain  red  bringt  die  andern 
Von  übrigem  wandern 
Gewint  man  müed  hamen 
Es  tut  sich  gern  samen  etc. 
Gedr.  b.  Gl.  Hätzlerin  p.  201.  dyrunday,  dirdendei  halb 
wollenes  Zeug.     Benecke-MüUers  Mhd.  Wb.  I,  366. 


Bl.  211 — 218.  VI.  Wie  der  haidnisch  maister  Jcatho  seinem 
sun  rat  vnd  khig  ler  gab. 
Das  folgende  Gedicht  ist  eine  der  ältesten  sog.  >  Rumpf- 
übeisetzungen «  des  unter  dem  Namen  Gato  bekannten 
mittellateinischen  Spruchgedichtes.  Vergl.  Fr.  Zarncke :  Der 
deutsche  Gato,  Geschichte  der  deutschen  Uebersetzungen  der 
im  Mittelalter  unter  dem  Namen  Gato  bekannten  Distichen, 
Leipzig  1852.  Diese  älteste  Uebersetzung  stammt  noch  aus 
der  besten  Zeit  der  mhd.  Poesie  und  ist  nach  Zarncke  nicht 
über  die  Mitte  des  13.  Jahrh.  hinauszusetzen.  Da  die  Les- 
arten unsrer  guten ,  sprachlich  zwar  modernisirten  Hand- 
schrift mit  keiner  der  bei  Zarncke  gedruckten  Hss.,  noch 
mit  einem  bei  Scherer :  St.  Gallische  Handschriften  (St. 
Gallen  1859)  ausgezogenen  Manuscripte  stimmen  ^),  so  gebe 
ich  hier  das  Gedicht  in  seinem  ganzen  Umfang. 


•)  Treffliche  Varianten  in  den  VV. :  51,  129,  133,  244,  27-5,  429. 


—     118 


W= 


areii  die  kündigare 

Giitter  red  nit  geuaere, 

Wa  sy  die  horten  sagen, 

Und  wollten  auch  dartzüe   gedagen 
5.    Oder  tawgenleichen 

Von  den  maeren  sleichen, 

So  wollt  ich  jungen  lewtten 

Gern  lesen  vnde  bedewtten 

Gar  schon  1er  vnd  weisen  ratt, 
10.    Die  ein  vil  weiser  haiden  hatt 

Seinem  sun  furgelait 

Durch  witz  vnd  durch  bescheidenhait. 

Er  was  ein  Romaer; 

Wie  er  ain  haiden  waer, 
15.    Er  was  vil  witz  reich 

Vnd  rett  gar  cristenleich 

Baide  spatt  vnd  fruo, 

Denn  noch  vil  maniger   cristen  tuo, 

Der  ain  maister  wenett  wesen 
20.    Wenn  er  zu  schuell  het  gelesen 

Von  getwsch  vnd  von  krieg, 

Wie  er  die  lewt  betrieg 

Vnd  an  maniger  hand  sach 

Das  recht  ze  vnrecht  mach, 
25.    Des  nw  laider  vil  beschicht. 

Des  entett  doch  der  haiden  nicht; 

Weder  liegen  noch  triegen, 

Noch  ze  vnrecht  kriegen 

Er  niemant  enlertt; 
iO.    Das  recht  er  ze  recht  kertt, 

Des  ward  sein  lob  weit  erkannt. 

Er  was  her  katho  genant. 

Wer  noch  nach  seiner  1er  vertt 

Der  hat  sich  schänden  gar  erwertt. 


—     119     — 

Sus  vieng  er  an  vnd  sprach: 

Do  ich  genüg  lewt  sach 

Verirret  durch  ir  turnen  sitt, 

Da  wawnd  ich,  in  war  wol  damitt, 
5.    Ob  ich  in  gab  sollchen  ratt, 

Das  sy  verbern  missetatt 

Und  nach  ern  strebten 

Und  tugentlichen  lebten. 

Er  sprach:  viel  Heber  sun  mein, 
10.    Willtu  mir  gefollgig  sein 

Dw  macht  von  meiner  1er 

Gewynen  gut  vnd  er! 

Lis  vnd  hör  mein  gebott 

Vnd  vernym  es  recht  durch  gott! 
15.    Wer  lisett  vnd  des  nit  verstatt, 

Vil  gar  er  sich  gesumet  hatt 

Vnd  flöch  gott  mit  synnen. 

Dein  frewnd  solltu  mynnen. 

Hab  dein  magg  lieb. 
20.    Suech  den  marckt,  fleuch  den  dieb. 

Mitt  gutten  lewten  gang  vnd  leb. 

Behallt  das  man  dir  geb. 

Kum  nymer  in  den  ratt, 

Da  man  dich  nit  gebetten  hatt. 
25.    Bis  rain  vnd  grues  die  lewtt. 

Dein  eelich  weib  dy  trewtt. 

Du  sollt  deinen  merern  entweichen. 

Entleib  deinem  vngeleichen. 

Bis  deinem  maister  vndertan. 
30.    Gros  schäme  solltu  han. 

Dw  sollt  dein  dmg  wol  bewarn, 

Das  fromd  solltu  lassen  varn. 

Dein  haws  solltu  beruechen. 

Den  Wechsel  solltu  suechen. 


—     120     - 

Sich  recht  auf,  wen  du  borgest, 

Das  du  darnach  icht  sorgest. 

Du  sollt  vil  gern  gellten. 

Hab  Wirtschaft  seilten. 
5.    Du  solt  schallen  ze  masse, 

Damit  daz  guot  nit  lasse. 

Man  soll  etwan  hoch  zerrn 

Und  darnach  sich  kost  wern. 

Als  du  werdest  reich, 
10.    So  iietrag  dich  fruntleich. 

Schlaf  nit  vil  durch  trackheit. 

Hall  gesworn  aid. 

Misch  den  wein,    streit  vmb  dein  land. 

Gelaub  nit  böses  allzuhand. 
15.    Las  dir  vnstatte  weib  vnmaer  wesen. 

Dy  buecher  solltu  gern  lesen. 

Behab  das  man  dir  sag. 

Lere  zucht  alle  tag. 

Dw  sollt  dich  senfte  machen, 
i20.    Zurii  nit  an  Sachen. 

Spott  niemants  icht. 

Bis  gern  an  dem  gericht. 

Bleib  da  man  tayding  hatt 

Vnd  sag  auch  da  den  pesten  ratt. 
25.    Gehl  üb  nicht  dem  los. 

Spill  mit  ainem  klos. 

Spill  solltu  fliehen, 

Dem  gutlen  zu  ziehen. 

Dw  sollt  dein  haws  berueclien, 
30.    Nit  schellten  noch  fluechcn. 

Entzeuch  mit  scnft  deinen   zorn. 

Vertrag  von  dem  dw  seyest  geborn. 

Deinen  myndern  nit  verschmach, 

Durch  dein  kraft  dich  nit  vergach. 


—     121     — 

Wer  dir  woll  hab  getann, 

Den  solltu  des  geniezzen  lan. 

Du  sollt  dich  auch  erparmen 

An  dem  gericht  vber  den  armen: 
5.    Sprich  recht  vrtaill, 

Den  zung  sey  nit  vaill  ^) ; 

Stannd  vnrechts  niemand  bey, 

Wie  lieb  dir  der  ander  sey. 

Wach  tags,  schlaf  die  nacht, 
10.    Das  geitt  dir  kraft  vnd  macht; 

Slaffen  ist  gewonhaitt, 

Slaf  ist  alltzeit  berait. 

Bis  ob  deinem  tisch  fro, 

An  fromder  stat  nit  also: 
15.    Bey  fromdes  wirtes  brott 

Hüet  deiner  red  genott ; 

Merck  was  der  wirt  tue 

Vnd  schweig  alltzeit  dartzue; 

So  der  wirt  iht  frage  dich, 
20.    So  antwurt  im  vnd  sprich. 

Schwaigen  ist  ain  rechte  tugent 

An  allter  und  an  jugenntt. 

Flewch  newe  mär, 

Bis  nit  ain  sagaer: 
25.    Schweigen  schatt  kainen  tag, 

Klaffen  wol  geschaden  mag. 

Mit  ainem  redereichen  mann 

Sollt  dAv  mit  wortten  nil  krieg  hann; 

Dw  sollt  auch  zu  kainer  zeitt 
30.    Wider  dich  selbs  haben  streitt. 

Wie  lieb  dir  sei,  das  dw  es  last 

Des  dw  grozzen  schaden  hast! 


')  »  Den  «  wohl  Schreibfehler  statt  »  Dein 


122     

Enruech  was  dein  weib  sag, 

So  sy  von  dem  knecht  clag: 

Weib  hassent  oft  ainen  man, 

Dem  der  wirt  güts  gan. 
5.    Manest  dw  deinen  frund  vill, 

Vnd  er  dir  nit  vollgen  will, 

Ist  er  dir  lieb,  wie  er  dann  tütt, 

So  man  in  aber,  ob  es  sey  gütt. 

La  dir  niemant  so  lieb  sein, 
10.    Das  dw  icht  vergessest  dein. 

Lob  dich  yemant  dir  ze  behag. 

So  merck,  ob  er  recht  sag  ; 

Gelaub  im  nit  bas  dann  dir. 

Dein  selbes  lob  das  verbir. 
15.    La  dich  müen  nicht  ze  vill, 

Ob  yemand  bey  dir  rüen  will. 

Wellicher   man  ist  selber  pös, 

Der  furchtett  hinderkos. 

Wirdestu  güttes  vberladen, 
20.    So  hüet  dich  vor  grozzen  schaden. 

Das  anfang  vnd  das  end 

Haben  dick  missewemid. 

Seilt  vns  allen  ist  gegeben 

Ain  hertt  imgewissez  leben, 
25.    So  hab  kain  Zuversicht 

Auf  ains  andern  tod  niht. 

Eins  armen  mannes  gäblein 

La  dir  gar  genäm  sein, 

Danck  im  sein  volkomenleich, 
30.    Als  ob  er  war  reich. 

Wann  du  nackent  wurt  geporn, 

So.la  dir  nit  wesen  zorn. 

Ob  dir  dein  armütt 

Vnderweiln  gepresten  tut. 


—     123     — 

Willt  dw  furchten  den  tod, 

So  müest  dw  leiden  gross  nott. 

Ob  dir  dein  frund  vbell  tut, 

So  tue  im  hinwider  gut. 
5.    Willtu  yemand  geben  icht, 

Das  solltu  zwayen  gehaizzen  nicht. 

Der  mit  der  red  geleichsnen  kan 

Vnd  dir  im  hertzen  vbels  gan, 

Dem  tue  dw  recht  allsam, 
10.    So  betrewgst  dw  in  on  schäm. 
Du  sollt  hinderreden  nicht 

Den  lewten,  des  nw  vil  geschieht. 

Wer  kint  hatt  vnd  arm  ist. 
Der  soll  sy  lernen  ainen  list, 
15.    Damit  sie  erwerben. 
Das  sy  icht  ersterben. 
Was  dich  bedunck  missetan, 
Das  solltw  nymer  an  gan: 
Dem  maister  es  nit  wol  anstat, 
20.    Ob  er  tut,  das  er  verpolten  hatt. 
Gewerlicher  ding  beger, 
Willtw  das  man  dich  gewer: 
Der  ist  nit  weis,  der  des  begertt, 
Des  man  in  von  recht  entwertt. 
25.    Wellich  ding  dir  sein  vnbekant, 
Dem  zaig  sy  künde  hannd  ^). 
Seit  vns  ain  vngewisses  leben 
Mitt  gewissen  fraisen  ist  gegeben, 
So  sich,  das  dir  der  Ion  sey  beraitt, 
30.    Wellichs  tags  dw  leidest  arbaitt. 

Macht  dw  deinem  gesellen  angesigen, 
Dw  sollt  doch  siglos  geligen: 


')  Lies:  Zaig  den,  die  syn  (sin)  künde  hant. 


"24 


Mit,  dienst  manniguallten, 

So  macht  dw  frewnd  behallten, 

Dw  sollt  des  klainen  den  gewern, 

Von  dem  dw  willt  ain  gros  begern: 
5.    Mitt  so  getanen  sachen 

Muest  dw  dir  frund  machen. 

Hab  zorn  kain  vrist 

Mit  dem  dir  gnad  berait  ist. 

Poser  has  gepirt  zorn, 
10.    Von  ebenlieb  wird  liel)  geporn. 

Wenn  dein  schad  dich 

Ertzurnet  hab,  so  sich, 

Das  dir  icht  werd  zu  gach, 

Das  dich  icht  gerew  hernach. 
15.    Wer  hat  gut  sytt. 

Dem  vollget  er  mitt. 

Dw  vberwindest  mer  mit  gut, 

Dann  mit  zorn  vnd  vnmüt. 

Behallt  das  mit  weishait, 
20.    Das  dw  gewinst  mit  arbait. 

Dem  zu  arbait  kumet  schaden, 

Der  muess  mit  armuot  sein  geladen. 

La  got  des  himel  ahten. 

Von  der  erd  sollt  trabten. 
25.    Dw  sollt  mit  losbüchen 

Gotes  willen  iiiht  versvicchen. 

Willtu  kvndig  Averdcn 

Ze  vben  die  orden, 

Das  sy  dir  friichtig  mues  worden, 
30.    So  sollt  dw  virgilium  lesen: 

So  tut  dir  maccr  bekant 

Wiirtz  vnd  krewter  kraft  zu  hand ; 
Streit  vnd  vrliug  lucanus, 
Der  slain  kraft  lapidar  ins. 


—     125     — 

Willtu  abe  dein  synn 

Legen  an  weibes  mynn, 

Das  soll  dich  naso  lern. 

Zeweh  dein  ding  nach  ern 
5.    Vnd  mynn  vor  allen  dingen  got, 

Das  ist  mein  ler  vnd  mein  gepott. 

Dw  sollt  ser  meiden 

Hazzen  vnd  neiden. 

Der  man  ist  werd  alle  frist, 
10.    Die  weil  er  vnuerwissen  ist. 

Durch  zorn  hab  kain   zeit, 

Von  unerkanten  dingen   streitt: 

Zorn  verirret  den  müt 

Das  ain  man  nit  wais,  was  er  tut ; 
15.    Gedenck  nit  kain  frist 

Des  zorns  der  versumet  ist. 

Grozzen  ernspruch  sollt  dw  nit  sparn 

Vnd  vor  bosshait  dich  bewarn, 

Vil  schier  hat  verlorn  ain  man 
20.    Das  er  in  lannger  zeit  gewan  ; 

Doch  muest  dw  vnderweiln  geben, 

Willtu  nach  wirdikait  leben. 

Nicht  versmach  kraft  noch  list 

Des  mannes,  der  doch  wenig  ist: 
25.    Der  an  dem  leib  nit  krefft  hatt, 

Der  geit  doch  oft  gutten  ratt. 

Hab  nit  mit  ainem  losen 

Vil  red,  noch  streit  ze  kosen  : 

Es  kvmbt  zu  etlicher  zeitt 
30.    Von  klainer  red  michel  streitt. 

Hab  an  dem  gericht  starken  müt, 

So  man  dir  vnrecht  tut : 

Sich  fräwt  nit  lanng  ain  man, 

Der  mit  vnrecht  sig  gewan. 


—     126     — 

Sich,  das  dw  ymer  so  ertobest, 

Das  dw  dich  schelltest  oder  lobest. 

Dw  sollt  vnderweiln  sein 

Vnweiser,  dann  ain  kindlein: 
5.    Es  ist  dick  ain   weisshait, 

Der  ze  tumbhait  ist  berait. 

Dw  sollt  des  posen  enbern, 

Vnd  geitigkait  nichtes  gern: 

Wer  durch  geitikait  zu  vil  gert, 
10.    Der  wirt  damit  vngewertt. 

Wer  ain  maerer  wesen  will, 

Dem  glaub  nit  zu  uil. 

La  dir  lanng  wesen  laid, 

Begangest  frauell  nach  trunckenhait ; 
15.    Wem  truncken  ist  der  sin, 

Der  ist  schulldig  vnd  nit  der  wein. 

Deinen  tawgen  rat  sag 

Deinen  gesellen,  der  in  verdag. 

Dw  tue  ainem  trewen  artzat  kund, 
20.    Wenn  dw  werdest  vngesund. 

La  dich  ser  müen  nicht. 

Ob  dir  von  schullden  icht  geschieht. 

Es  tut  ain  gut  tail  rnynder  we, 

Dauor    ain  man  sich  warnt  ee. 
25.    Hab  vnmuet  nit  all  frist, 

So  es  dir  misseganngen  ist. 

Welich  ding  dir  geschehen  mag. 

Das  betracht  vor  manigen  tag. 

Wer  ist  der,  dem  nie  missegie? 
30.    Der  nie  gewan,  verlos  auch  nie. 

La  von  dir  nit  was  dir  sey  frum, 

Ob  es  dir  mit  füeg  zu  kvm. 

Enthabung  ist  der  pesst  sitt, 

Der  an  der  arzat  buechen  ist. 


—     127     — 

Widerred  nicht  allain 

Der  lewt  vrtail  gemain, 

Durch  das  dw  in  allen 

Nicht  mugest  missefallen. 
5.    Dw  sollt  nicht  trawen  ^)  rüchen. 

Wir  lesen  an  den  biiechen 

Der  trawm  sey  nicht,  dann   vppikait, 

Auch  hand  die  weisen  vns  gesait, 

Das  ain  man  wachent  gertt, 
10.    Das  in  des  leicht  ain  trawm  gewert. 

Weih  leser  das  geticht 

Wir  2)  mercken  von  geschieht, 

Der  sech,  das  er  ker 

Sein  muet  zu  gantzer  1er, 
15.    Vnd  das  er  gern  lerne: 

Wann  wer  nit  lernet  gerne. 

Dem  ist  sein  leben  willd 

Vnd  alls  des  todes  pilld. 

Dw  sollt  versweigen,  wa  du  macht, 
20.    Deins  frundes  laster  tag  vnd  nacht. 

Huet  dich  vor  ainem  man, 

Der  mit  listen  kosen  kan: 

Sein  er  wert  lanng  frist, 

Der  ainfallt  mit  warhait  ist. 
25.    Die  lewt  er  oft  trewget. 

Der  ainfallticklich  lewget. 

Vill  schlaffen  machet  trackhaitt, 

Nach  schlaf  ist  schwär  beraitt. 

Deinen  sorgen  grozzen 
30.    Solltu  frod  vnderstozzen, 

Duestu  das,  so  vertraitt 

')  Lies:  trawme. 
'^)  Lies:  wil. 


-     128     - 

Dein  inuet  taglich  arbait. 
Ains  andren  red  vnd  getatt, 
Die  dich  nit  ser  angat 
Die  la  dir  wol  geuallen, 
5.    So  liebest  dw  in  allen. 
So  dh^  got  verleich  gut, 
Sich,  wie  das  ward  behüt, 
Vnd  wie  dw  das  mügest  gemern, 
So  alltest  mit  ern: 

10.    Wann  verleust  dw  dein  hab, 
So  gawnd  dir  dein  frund  ab. 
Versmach  niemants  ratt, 
Obe  er  dir  zu  nütz  gatt: 
Deines  knechtes  rat  verbir  nit, 

15.    Ratt  er  dir  mit  trewen  icht. 
Wirstu  ymer  reich, 
Ob  dir  das  gut  gesweich, 
So  gehab  dich  wol  vnd  leb. 
Das  dir  die  zeit  denn  geb. 

20.    Dw  sollt  das  weib  erkennen  woll, 
Das  dir  ze  ee  werden  soll : 
Dich  rewet  vileicht  hernach, 
Wirt  dir  icht  ze  gach. 
Dw  sollt  bey  genügen  billd  nemen 

25.    Wellich  ding  dir  mug  missezemen. 
Dem  frumen  solltu  vollgen, 
Dem  bösen  bis   erbollgen. 
Dw  sollt  dich  daran  wenden, 
Das  dw  mugest  vollenden: 

30.    Wer  ain  ding  vecht  an, 
Das  er  nit  vollenden  kan, 
Der  hett  me  er  gewunen, 
Hett  er  sein  nie  begunen. 
Dw  sollt  verschweigen  lanng  nicht, 


—     129     — 

Wa  dir  bosshait  beschicht: 
Man  wenett  annders  das  dw 
Gebest  rat  vnd  hillf  dartzue. 
Kainen  trost  sollt  dw  dir  geben, 
5.    Das  dw  lanng  sullest  leben  ; 

Man  waist  wol,  das  der  tod  geschieht, 
Von  seiner  kunft  wais  man  nicht; 
Er  kvmbt  geschlichen  als  ein  diep 
Vnd  schaidet  laid  vnd  auch  Kep; 
10.    Doch  hab  gutte  Zuversicht, 
Furcht  den  tod  so  ser  nicht: 
Wann  furchtest  in  ze  ser, 
Dw  gewynnest  fröd  nymermer. 
Dw  sollt  des  rechtes  hillf  gern, 
15.    Da  man  richtens   nit  will  enpern : 
Das  gericht  hat  die  sitt, 
Es  will,  das  man  es  bitt. 
Dw  sollt  die  füg  gern  lesen 
Vnd  nicht  an  füg  wesen. 
20.    Hab  der  er  mynne, 
Sy  ziert  dein  synne. 

Furcht  deines  weibes  wort  nit  vill 

So  sy  mit  zorn  kosen  will; 

Auch  la  dein  weib  zorns  frey, 
25.   Ob  ir  zung  nutz  sey; 

So  sy  icht  guttes  will  sagen, 

So  sollt  ir  vollgen  vnd  gedagen. 

Gewynnest  dw  gut ,  so  nymb  war, 

W^ie  dw  es  zerest  vnd  nit  gar; 
30.    Wann  wer  das  sein  vertut. 

Der  mynnet  leicht  ain  ander  gut. 

Dw  solt  mit  allen  synnen 

Dein  vordem  mynnen. 

Ertzurn  nit  die  muetter  dein, 


-     130    — 

Willtu  deinem  vatter  lieb  sein. 

Wellest  dw,  das  dir  werd  gegeben 

Ain  rain  sicherliches  leben, 

Das  dein  gemüt  sey 
5.    Von  welltlichen  schänden  frey, 

So  hais  dir  tuen  ze  maniger  stund 

Diese  wort  mit  lesen  kund ; 

Hör  merk  wol  dabey, 

Was  dir  gut  vnd  schad  sey; 
10.    Dw  vernymbst  vnderweiln  etwas, 

Das  du  geuerst  dester  bas. 

Dw  sollt  lernen  alle  frist: 

Gelernest  ainen  fromden  list, 

Derselb  dich  nymer  verlatt, 
15.    So  dir  geluck  abgatt. 

Dw  waist  nit  zwar. 

Wie  es  vmb  dein  ding  gevar. 

Du  sollt  nit  sprechen  kain  frist, 

Sälld  sey   blind,  das  nit  ennist. 
20.    Dir  gebrist  nit  güttes. 

Ob  dw  züuil  nit  müttes ; 

Dw  sollt  daran  genüg  han, 

Damit  dw  dich  macht  began. 

Vnrecht  gut  las. 
25.    Mynn  pfenning  ze  mass. 

Wirb  vmb  ain  ding,  das  dir  ze  fromen 

Mug  vnd  nit  ze  schaden  kommen. 

Was  dir  ze  verbern  geschieht, 

Des  tu  des  ersten  nicht. 
30.    Manig  ding  verdirbett 

Das  man  zum  ersten  nit  wirbett. 

La  dich  der  arbait  verdriezzen. 

Der  dw  nit  macht  geniezzen. 

La  dich  dein  frunt  nit  vbergan, 


—     131     — 

Wa  dw  sein  schaden  mügest  han. 
Lern  weisshait  vnd  list, 
Ob  dw  an  leib  stark  bist: 
Macht  dw  die  zway  han, 
5.    So  bistw  ain  starcker  man. 
Hab  deiner  frund  ratt, 
So  es  dir  kumerlichen  gatt: 
Wer  ainen  glitten  frund  hatt, 
Das  ist  der  pest  artzatt. 

10.    Willtu  ainen  gesellenn  suechen, 
Kaines  reichen  solltu  ruechen : 
Suech  ainen  der  synnig  sey, 
Dem  macht  dw  lanng  wesen  bey. 
Dw  sollt  schaffen,  das  dein  mütt 

15.    Vor  böser  frod  sey  behütt. 
Willtu,  das  dich  mynne  gott, 
So  hab  nit  allter  leute  spott, 
Wann  ainem  allten  vollgett  mitt 
Ain  tail  tumblicher  sitt. 

20.    Still  schweigent  dw  verdag. 
So  man  ichtes  bey  dir  sag: 
Die  lewt  tuend  dir  selber  kund 
Ir  synn,  ir  rede  zu  aller  stund. 
Den  tot  den  furchtett  niemant, 

25.    Denn  der  leben  versmehen  kan. 
Dir  soll  zelob  nit  wesen  gach. 
Das  es  dich  müg  gerewen  hernach. 
Lob  ze  massen  ainen  man, 
Der  deiner  schaden  nie  gewan: 

30.    Der  wirt  kund  in  kurtzer  frist. 
Wie  gut  er  dein  frund  ist. 
Wenn  dein  ding  woll  stee, 
So  furcht  das  dir  missege  ; 
Als  dir  misselinge, 


—     132     — 

So  hab  gut  gedinge. 

Wilen  du  lernen  kurtze  stund 

So  weistüm  seilten  kund  ^). 

Wer  icht  kan,  der  ist  wertt, 
5.    Vngelernten  niemant  gertt. 

Wer  sweiget  vnd  trawrn  kan, 

Mit  dem  nymb  dich  nit  krieges  an. 

Sich,  das  du  schier  last 

Den  krieg,  den  dw  nit  recht  hast. 
10.    Du  sollt  auch  schier  entweichen, 

Wa  dw  nit  macht  geleichen. 

Den  frewnd  du  nit  versmahen  sollt 

Der  dir  sey  gewesen  hoUt: 

Wie  reich  dw  werdest  vber  in, 
15.  Nymb  doch  sein  trew  vnd  seinen  sin. 

Gewynnest  dw  gewalltes  icht. 

Des  vberheb  dich  nicht. 

Dein  frund  denne  kiesest 

So  dw  den  gewallt  verliesest. 
20.    Des  knechtes  dw  dann  schone, 

Der  dir  dien  vmb  lone: 

Gedennck,  das  er  ist 

Ain  mensch,  als  dw  bist, 

Schälck  solltu  meiden, 
25.    Willtu  nit  schand  leiden; 

Nymb  war,  wie  er  gesitt  sey, 

Der  dir  sull  wesen  bey. 

Die  vngelerten  1er  gern. 

Von  den  gellertten  gern  lern; 
30.    Was  dir  sey  vnkuntt. 

Des  solltu  fragen  allstund. 

Fraw^),  lern  vnd  ler, 

')  Lies:  So  tvirt  dir  weistum  seilten  kund. 
*)  Wohl  nur  Schreibfehler  statt  frag. 


—     133     — 

So  gewynnest  gut  vnd  er. 
Wie  wol  gelert  dw  bist, 
Dw  sollt  doch  vben  ainen  list: 
Dw  muest  die  list  treiben, 
5.    Willt  das  sy  bey  dir  beleiben. 
Wes  der  man  nie  began, 
Des  ist  wunder  ob  ers  kan. 
Pflig  gutter  gewonhaitt, 
Das  kan  dir  nymer  werden  laitt; 

10.    Gewonhait  ist  bey  dem  man, 
Wie  er  lebt  oder  was  er  kan: 
Wes  der  man  gewönnet  hatt 
Des  wundert  mich,  ob  ers  latt, 
Tuestu  in  deiner  tobsucht 

15.    Wider  yeman  kain  vnzucht. 
Das  bües,  so  es  geschieht. 
Versmäch  deiner  frund  nicht. 
Es  ist  niemant  so  schwach, 
Im  mug  sein  vngemach. 

20.    Willtu  säUg  werden. 

Ze  himel  vnd  auf  erden, 
So  meid  posew  weib  vnd  spill: 
Dauon  verderbent  leut  vill; 
Irre  weib  vnd  spilles  lyeb 

25.    Machet  manigen  dieb, 

Sy  stifftend  raub  vnd  mortt 
Vnd  sind  des  tiefells  hortt. 
Darnach  des  weines  trunckenhait 
Den  grosten  schaden  vnd  lait 

30.    Den  lewten  auf  der  erd  tut; 
Sy  nimbt  in  er  vnd  gut, 
Sy  nimbt  in  die   sele  gar. 
Sun,  des  solltu  nemen  war. 
Das  dw  sein  trinckest  ze  masse, 


—     134     — 

Das  er  dir  die  viere  lasse, 

Leib  gilt  seil  vnd  er. 

Was  soll  ich  dir  sagen  mer? 

Tüstu  es,  es  ist  dein  saelikait.  — 
5.    Hiemit  sey  dir  genüg  gesaitt. 

Vollg  der  lere  mir, 

Ich  mag  nit  lennger  sein  bey  dir. 

Nymb  zu  dir  selben  war 

Vnd  wünsch,  das  ich  wol  gefar  ^). 
10.    Damit  hab  die  red  ain  end, 

Gott  behiiet  vns  vor  aller  missewend. 

Hie  endett  sich  her  Katho, 

Des  lere  sind  gewesen  also. 

Das  sy  behuetten  die  menschen  vor  schand, 
15.    Der  sy  recht  hatt  erkantt 

Vnd  auch  darnach  lebt 

Vnd  nit  nach  sunden  strebt. 


VII.    Den  Hauptinhalt  des  letzten  Tlieils  unseres  Hs.  bilden  poe- 
tische Bearbeitungen  der  Gesta  Eomanorum.     Bei    einigen    habe   ich  die 
pros.  Quelle  angegeben  ^). 
Bl.  218.     1.  Von  vnsers  herren  leiden: 

Das  weist  das  cristenlich  gebott 

Das  wir  gelauben  an  gott 


^)  Mit  diesem  Vers  schliesst  der  Text  b.  Zarncke.  Unsre  Schluss- 
verse finden  sich  bei  keiner  der  übrigen  zahlreichen  Handschriften- 
familien. 

^)  Leider  war  es  mir  unmöglich ,  ein  Exemplar  von  Degen's  Lite- 
ratur der  deutschen  Uebersetzungen  der  Römer  (Altenburg  1794—99) 
aufzutreiben.  —  Poet.  Bearbeitungen  der  Gesta  Romanorum  finden  sich 
auch  in  der  Wiener  Hs.  CXVII  (nach  Hoffmann) ,  ebenso  im  Münchner 
cod.  germ.  54,  auch  stammen  von  Suchenwirt  solche. 


—     135     - 

Der  ye  vnd  ye  gewesen  ist 

Gewalltig  vnd  auch  ymer  ist 

Ain  schopfer  himelreichs  vnd  erd  etc. 

Bl.  231.       2.   Ain    herr    het    nach    ainander    drey 

eelich    frawen    die    er    an    dem  ee- 

pruch  begraif   vnd  tottett: 

Es  was  ain  reicher  herr  gros 

An  gut  vnd  an  adel  genos 

Der  pesten  die  da  warn 

An  den  selben  jarn  etc. 
Bl.  239.       3.    Walina    die    ward    betrogen    durch 

geitikait : 

Hort  auf  die  geitikait  allsus 

Spricht  vns  maister  josephus 

Ain  fraw  ain  romerine  was  etc. 
Bl.  245.      4.    Wie    durch    geitikait    ainer    seinen 

aignen  gesellen  ermordet: 

Septenolus  so  hies  ain  man 

Ob  ich  in  recht  genennen  kan 

Den  auch  die  vaig  geitikait 

Laider  zu  bösen  sachen  lait  etc. 
Bl.  246.      5.'Ainer    betrog   ainen  W  e  chsler    vmb 

gellt: 

Ich  hon  wol  gelesen  das 

Ain  kaufman  da  ze  genaw  (Genua)  was 

Der  was  von  asst  (Asti  ?)  vnd  hies  allsus 

Yberius  gutterinus  etc. 

Bl.  247.       6.    Von  der  keusch  vestikait: 
Valerius  der  schreibt  vns  das 
Der  hoch  maister  ypocras 
Sein  keusch  vesticklichen  hiellt 
Vnd  das  in  nie  dauon  geschiellt  etc. 


—     136     — 


Bl.  248.       7.    Das  ain  fraw  von   frewden  starb: 

Es  schreibt  vns  auch  Valerius 

Ain  exempel  das  spricht  allsus 

Das  die  romaer  mit  ir  kraft 

Mitt  grozzer  ir  ritterschaft 

Ains  mals  zu  velld  lagen  etc. 
Bl.  249.       8.    Wie   ainer   kam   durch  frewd  in  not 

vnd  arbait: 

Ich  han  gelesen  auch  alsus 

Der  edel  millt  Tittus 

Von  froden  kam  in  arbait 

Das  widerbracht  ain  hertzenlaid  etc. 
Bl.  251.       9.    Die    schon     lucrecia    erstach    sich 

s  e  1  b  s : 

Hie  vor  ain  romerine  was 

Die  nach  weiblicher  fuor  mas 

Ir  werdes  tugentliches  leben 

Sy  was  der  rainikait  gegeben  etc. 
Die  lat.    Erzählung   b.    A.  Keller's    Gesta    Romanorum. 
Stuttgart  1842.  I.  Bd.,  212. 

Bl    255.     10.    Von  schäm: 

Ain  fraw  hies  archesilla 

Von  der  schreibt  so  seneca 

Das  sy  in  armüt  sach 

Ainen  ir  mag  des  vngemach 

Ir  billichen  zu  hertzen  gie  etc. 
Bl.  255.     11.    Ain    hertzogin    gab    ain    stat    irem 

veind  hin  durch  die  mynne: 

Es  schreibt  sant  Paulus  ditz  mär 

Das  hie  vor  ain  hertzogin  war 

Dy  hies  mit  namen  bosmillda  etc. 
Bl.  257.     12.    Vondervestikait: 

Seneca  der  weis  gerait 

Hat  also  von  der  vestikait 


—     137     — 

Das  Diogenes  der  so  genant 
Was  vnd  in  armüt  erkant 
An  dem  gewallt  grozzer  war 
Den  der  kvnig  Allexander  etc. 

Bl.  258.     13.     Ain    rieht  er    het    ainen    aus  al  Item 
neid  ver  vrtailt : 
Elinandus  der  schreibt  das 
Das  da  zu  Persia  besas 
Das  reich  ein  kunig  hies  cambrises  etc. 

Bl.  258.     14.   Von  strengem  gericht: 
Vns  schreibt  das  Valerius 
Ain  romar  richter  hies  zalengus 
Hett  ainen  sun  von  jungen  tagen 
Nu  hört  von  dem  vater  sagen  etc. 
Die    deutsche    Prosaerzählung   von    » Zelongo    dem   ge- 
pietter«  b.  A.  Keller,   Gesta  Romanorum,  das  ist  der  Rö- 
mer Tat.     Quedlinb.  und  Leipzig  1841  ,    p.  44.    —  Die    lat. 
Erzählung    in    einem   zweiten  Werk    desselben    Verfassers: 
Gesta  Romanorum.     Stuttg.  1842.     I.  Bd.,  74. 

Bl.  259.     15.    Von  ainem  ritter : 
In  den  romischen  märn 
List  man  das  bewarn 
Das  ain  weiser  ritter  was  erkant 
Hie  vor  Malteca  genant  etc. 

Bl.  260.     16.    Aber  von  ainem  ritter: 

St  Paulus  ^)  schreibt  von  ainem  ritter  das 
Der  warer  trew  nie  vergas 
Erkennet  in  nach  seiner  krey 
Er  hies  Onvlfus  von  Pauey  etc. 
Die  lat.  Prosaerzählung   b.  Keller's    Gesta  Romanorum, 
D.  304. 


*)  Nicht  der  Apostel  Paulus  (!),  sondern  Paulus  Diaconus. 


—     138     — 

Bl.  262.     17.    Von  r  i  tt  er  seh  aft : 

Man  list  dauon  das  phiais  ^) 
Der  leben  in  den  trewen  was 
Das  ritters  orden   wol  getzam 
Ainsmals  es  dartzue  kam 
Dauon  ir  trewe  wart  enpart 
Das  in  ainer  gefangen  ward 
Von  dem  kvnig  Dionisio 
Der  zu  cecilie  do 
Das  reich  gewaltickleich  besas  etc. 

Die  Bürgschaft.  (Bekannt  ist  auch  eine  Bearbeitung  vom 
Ring  des  Polykrates  von  Heinrich  von  Mügehi.  Schröer, 
die  Dichtungen  H's.  v.  M.  p.  487.)  Gegen  den  Schluss : 

Er  hies  sy  von  den  banden  nemen 
Er  batt  in  durch  sy  des  getzämen 
Er  wollt  in  ir  gesellschaft 
Das  sy  in  inn  irer  liebe  kraft 
Empfi engen  ze  gesellen  etc. 

Bl.  263.     18.    Von  Alexander: 

Von  Alexandro  Macedo 
Han  ich  gelesen  hört  also 
Das  er  ainsmals  taugenleich 
Als  er  war  arm  vnd  nicht  reich 
Gen  india  fuer  in  das  land  etc. 

Bl.  264.     19.    Ain  exe m pell  von  sterck: 

Nu  mercket  von  der  stercke  das : 

Ze  Athenis  ain  fürst  was, 

Der  was  gehaizzen  codrus, 

Man  schreibt  von  seiner  sterke  alsus. 

Ich  main,  sterck  an  gemütte 

Wie  er  mit  heres  flute 


')  Verdorbener  Vers.     Ungefähr:    Man  list  Dämon  vnd  Phintias. 


—     139     — 

Zoch  gen  den  von  polypony, 

Die  auch  mit  manlicher  kry 

Gen  im  ze  velld  komen, 

Als  die  wer  wollten  ramen. 

Nw  hört  wie  sy  nw  gefarn. 

Es  ward  gelobt  von  baiden  scharn, 

Weiher  schar  herr  tod  belib, 

Das  man  den  sig  denselben  schrib. 

Codriis  der  starck  gemüt  man 

Wellt  durch  die  vorcht  nit  enlan. 

Er  maid  wol  seiner  wappen  schein, 

Beclait  als  ain  billgrein 

Diser  herr  bey  den  seinen  strait, 

Das  riet  die  sterck  der  manheit. 

Durch  das  sein  volk  den  sig  behiellt 

Vnd  furbas  guts  vnd  ern  wiellt, 

Bott  er  sich  in  ain  sterben, 

Nach  dem  wollt  er  ee  werben, 

Ee  das  er  lebt  vnd  das  sein  diett 

Verdurb  vnd  sich  vnbreises  niett. 

Wer  vmb  sein  erb  ^)  stirbet 

Wie  süzzlich  er  verdirbett. 

Die  lat.  Prosaerzählung  in  den  Gesta  Romanorum,  her- 
ausgegeben von  A.  Keller.     Stuttg.  1842.     I.  Bd.,  p.  67. 

Bl.  265.     20.   Von  vestikait: 

Man  list  von  ainem  römar  alsus 
Er  hies  Trogus  pompeyus 
Das  der  etliche  recht  erdacht 
Vnd  auch  die  für  zu  rom  bracht  etc. 

Die    Prosaerzählung    bei    Keller's    Gesta    Romanorum, 
p.  277. 


^)  Statt  erh  wird  besser  ere  zu  lesen   sein. 


—     140     — 

Bl.  266.     21.    Wie  m  andern  rechtennit  soll  wider- 
streben: 

Ain  weiser  hies  temestides 
Zu  dem  ratt  zu  athenis  sprach 
Er  west  für  manig  ir  vngemach 
Ainen  gutten  hillflichen  ratt  etc. 

Bl.  266.     22.  Von  manhait  wie  dy  blöd  n  i  derlegtt: 
Es  schreibt  vns  das  tulius 
Ain  romar  marcus  regulus 
Geriet  das  des  krieges   pflag 
Das  römische  reich  vil  manigen  tag 
Gen  dem  volk  von  kartagine  etc. 

Bl.  267.     23.    Von    g  er  echtikait : 

Man  list  von  ainem  romar  das 

Der  der  gerechtikait  vergas 

Sein  nam  ist  mir  nit  wol  gewis  etc. 

Bl.  268.     24.    Aber  von  gerechtikait: 
Es  schreibt  auch  Valerius 
Von  der  gerechtikait  alsus 
Das  rom  ain  hertzog  besas 
Dem  man  vil  gutter  ding  mas  etc. 

Bl.  269.     25.    Aber  von  gerechtikait:  ■ 

Vns  schreibt  afena  (1.  Annseus)  florus 
Auf  die  gerechtikait  alsus 
Pirrus  ain  kvnig  des  kriegs  pflag 
Mit  ainem  romär  manigen  tag  etc. 

Bl.  270.     26.    Von  barmhertzikai  t : 

Valerius  der  schreibt  vns  das 
Von  ainem  der  die  zeit  besas 
Ze  rom  des  gerichtes  statt  etc. 

Bl.  271.     27.    Aber  von  barmhertzikait: 
Vns  schreibt  das  valerius 
Das  marcus  marcellinus 


—    141     — 

Sein  Volk  ainsmals  gesigen  sach 
Das  vnder  ainer  vest  geschach  etc. 

Bl.  271.     28.    Aber  von  barmhertzikait: 
Vns  hat  auch  von  alexandro 
Valerius  geschriben  also 
Daz  er  ainsmals  mit  grozzer  kraft 
Mit  Werder  stolzer  ritterschaft 
Ze  haws  ab  seinen  veinden  zoch  etc. 

Bl,  272.     29.    So    sich   ainer   ains    amptspessertt 
soll  man  in  on  schuld  nit  verkern: 
Josephus  der  schreibt  vns  das 
Der  hie  vor  das  reich  besas 
Der  kaiser  Tyberius 
Das  er  von  seinem  ratt  alsus 
Straflichen  ward  gefragett  etc. 

Bl.  273.     30.    Von  demütikait: 

Vespasianus  ain  romar  was 
Des  diemvt  man  auch  hoch  mas 
Do  Nero  der  kayser  starb  etc. 

Bl.  273.     31.    Von  ge  d  u  lltikai  t : 

Hort  von  dem  kaiser  Julio 

Von  dem  hon  ich  gelesen  so 

Das  er  kales  haupt  trüg 

Und  das  sein  vleis  darnach  genüg 

Strebt  wie  im  har  wurd  gemacht  etc. 

Bl.  273.     32.    Von  gedulltikait: 
Von  sypio  african 
Den  ich  ee  dick  genenet  han 
Hort  auf  gedullt  was  dem  geschach  etc. 

Bl.  274.     33.    Von  gedulltikait: 

Von  dem  konig  Vespasiano 

Han  ich  gelesen  auch  also 

Das  ain  vnweiser  auch  zu  im  sprach  etc. 


—     142     — 

Bl.  274.     34.    Auch  von  gedullt; 

Vns  schreibt  das  Valeriiis 

Das  ainer  hies  anayiarchus 

Ettlich  straf  verschullt  hett 

Nw  was  der  richter  von  der  stett 

Ain  wuetrich  vnd  ain  scharpfer  man  etc. 

Bl.  274.     35.    Aber  von  gedullt: 
Vns  hat  auch  Valerius 
Geschriben  auf  gedullte  sus 
Ainer  was  archita  genant 
Den  man  auch  bey  geduld  vand  etc. 

Bl.  275.     36.    Ain  ander  exempell: 
Es  schreibt  auch  Valerius 
Das  sypio  Affricanus 
Vor  dem  senat  ward  gesait 
Pflegen  grozzer  geitikait  etc. 

Bl.  275.     37.   Vondiemutikait: 

Ain  kvnig  archagloga  genant 
Nu  hört  wes  vns  des  1er  ermant 
Man  list  das  er  irdische  vas 
Vnd  gulldine  zusamen  mas  etc. 

Bl.  275.     38.    Von  mint ikait: 

Der  kvnig  Vespasianus 
Hat  ainen  sun  hies  titus 
Von  dem  hon  ich  gelesen  das 
Das  er  so  gar  millte  was  etc. 

Bl.  276.     39.    Aber  von  mint  ikait: 
Von  dem  kaiser  Julio 
Han  ich  gelesen  auch  also 
Es  wurd  von  im  gehöret  nie 
Das  er  zu  kainen  rittern    ye  etc. 

Bl.  276.     40.    Ain  exempel  von    dem  ackermannn: 
Uns  schreibt  das  Valerius 
Das  ainer  hies  anthonius 


—     143     — 

Gerügt  vor  dem  gericht  was 

Er  het  sein  kewschlich  ^)  bewart  etc. 

Bl.  277.     41.    Wie  der  wein  erfunden    vnd  erpawt 
ist  worden: 
Joseplius  tuot  vns  bekant 
Das  noe  von  erst  vandt 
Ainen  gar  schonen  willden  reben 
Frucht  die  der  reb  het  gegeben 
Die  brach  noe  mit  seiner  band 
Den  saft  er  aus  den  trauben  wand 
Vnd  tranck  do  was  er  also  sawr 
Er  het  geetzet  durch  ain  mawr  etc. 
Die   lat.  Erzählung   b.    A.   Keller's    Gesta    Ronianonim, 
I.  Bd..  260. 

Bl.  279.     42.    Aber  ain  e  x  e  m  p  e  1  von  wein: 
Valerius  der  sclireibet  das 
Das  hie  vor  ze  rom  was 
Verspotten  ^)  allen  frawen  wein  etc. 

Bl.  279.     43.    Ain  e  x  e  m  p  e  1 1   von  m  a  n  h  a  f  t  e  r  t  r  e  w : 
Vns  schreibt  das  Valerius 
Ain  romar  hies  fabricius 
Het  den  glauben  also  wertt 
Das  er  sein  für  sein  leben  gertt  etc. 

Bl.  280.     44.    Vonmisstrawung: 

Von  dem  wuetrich  dionisyo 
Hab  wir  geschriben  das  also 
Der  konig  zu  cecilj  was  etc. 

Bl.  281.     45.    Vonvnkeusch: 

Ich  hon  gelesen  ouch  alsus 
Das  plato  der  philosophus 


')  Wohl  zu  lesen:  Er  het  sein  kewsch  niht  bewart. 
-)  Verpotten  ? 


—     144    — 

Der  ain  reich  man  von  gute  was 
Trüg  der  vnkeusch  sollchen  has 
Das  er  sein  gut  sein  lancl  verlies  etc. 

Bl.  281.     4G.    Aber  von  vnkeusch: 

St.  Augustin  geschriben  hat 
Auch  auf  die  keusch  seinen  rat 
Von  ainem  romär  vns  alsus 
Der  hies  marcus  marcelhnus  etc. 

Bl.  281.     47.    Von  der  kusch: 

Valerius  der  schreibt  also 

Von  dem  kvnig  dionisio 

Dem  vngerechten  scharpfen  man 

Das  im  sein  volk  was  also  gram  etc. 

Bl.  282.     48.    Ain  exempell  von  aim  wirt: 
Nu  merkent  hie  was  loth  begie 
Der  für  zwen  billgrin  empfie 
Zwen  engel  das  im  vnbekant 
Was  als  er  es  doch  seit  erfant  etc. 

Bl.  282.  49.  Von  dem  hawsknecht  der  das  fueter 
von  der  gest  rossen  aufhüb  vnd 
verstal: 

Nu  höret  ains  das  geschach 
Ze  lamparten  das  sind  ermant 
In  ainer  stat  die  ist  genant 
Barin  ^)  in  aines  wirtes  haws  etc. 

Bl.  283.     50.    Octauianus    der    kaiser    lies    seine 
kinder    lernen    antwerch   ob    sy  in 
armüt  fielen: 
Der  kaiser  octauianus 
Gefur  mit  seinen  kinden  alsus 


')  Bari,  Seehafen  in  Apulien. 


—     145     — 

Was  er  der  werden  knaben  hett 
Die  schuf  sein  hais  vnd  sein  bett 
Das  man  sie  lernet  sprynngen   etc. 

Bl.  284.     51.    Ain    witib    wolt    nit   mer  aus  sorgen 
heyratten: 

Hort  wie  ain  fraw  irer  keusch  pflag 
Ain  witib  auria  genannt 
Do  sye  ain  jungling  ermant 
Irer  schon  vnd  zeitlicher  jugent  etc. 

Bl.  284.     52.  Wie  das  schachzagelspil  erdacht  ist: 
Ain  kvnig  hies  enilmeredag 
Des  reichs  ze  babilonj  pflag 
Ain  scharpf  man  vngerecht  vnrain 
Als  an  seinem  vater  auch  erschain  etc. 

Bl.  285.     53.    Von  vorht  ain  gewarnt  exempel: 
Man  vindt  auch  geschriben  alsus 
Daz  der  kvnig  dionisius 
Der  zu  Sicilj  das  reich 
Hje  vor  besas  gewaltickleich  etc. 

Bl.  287.     54.    Wann    man    reden    oder    schweigen 
s  ülle  : 

Es  was  ye  der  wellte  sitt 
Tue  recht  vnd  furcht  dir  nit 
Damit  ward  ich  betrogen 
Ich  tet  recht  vnd  ward  verlogen. 
Getrew  dw  bist  ain  fremder  gast 
Wer  trew  hat  der  halt  sy  vast 
Wan  man  sieht  laider  seilten 
Trew  mit  trewen  widergellten. 
Vbernymb  dich  sein  an  kainer  stat 
Ob  dirs  geluckhch  gatt 
Was  got  dem  vndanckparn  geit 
Das  nvmbt  er  im  wider  in  kurtzer  zeit  etc. 


10 


—     146     — 

Schi.  :   Ob  allen  nöttcn  ist  ain  not 

Was  lebentig  ist  miies  werden  todt 
Also  hat  ditz  ein  end 
Gott  vnnser  sünd  wend 
In  gottes  namen 
Sprechen  wir  alle  amen. 
Scheint  aus  einer  Cato-Bearbeitung  zu  stammen. 

Bl.  289.     55.   Von  zal  vnd  mas: 

Mit  spähen  listen  heb  ich  an 
Als  ee  die  maister  haben  getan 
Die  da  funden  zal  vnd  mass  etc. 

Bl.  292—293.  56.  (Ohne  Ueberschrift): 

Es  ist  ze  loben  vnd  gueter  sit 
Tue  recht  vnd  furcht  dir  nit  etc. 
Wie  54.     Stark  verändert.     Schluss: 
Ich  wais  ye  pessers  nicht 
Denn  der  all  sein  Zuversicht 
In  gott  setz  den  herren  sein 
Gott  wende  vns  die  ewig  pein 
In  gottes  namen 
Sprechen  wier  all  amen ! 


Wie  ich  das  Manuscript  in  den  Druck  geben  will,  kommt  mir  ein 
»  Catalog  einer  ausgewählten  Sammlung  von  Büchern  zu  haben  bei  T.  0. 
Weigel  in  Leipzig  «  (ohne  Jahreszahl)  zu  Gesicht.  In  diesem  Catalog  ist 
unter  der  Rubrik:  »Codices  germanici  poetici«  unsere  Londoner  Hand- 
schrift, die  also  vor  wenigen  Jahrzehnten  noch  in  Deutschland  war,  auf- 
geführt und  ziemlich  umständlich,  aber  oft  ungenau  ausgezogen. 


III. 

Die  Mörin,  der  goldene  Tempel,  Cato, 
kleine  Gedichte  des  XY.  Jahrli. 

Additional  ms.  10010.  Papierhs.  des  XV.  Jahrh.  in  fol. ')  195  BIl. 
Diese  Handschrift  ist  keine  andere  ,  als  die  seit  vier  Jahrzehnten  für 
verschwunden  geglauhte ,  um  das  Jahr  1503  zur  Bibliothek  des  Bi- 
schofs von  Worms,  Johannes  von  Dalberg,  gehörige,  dann  in  den  Be- 
sitz von  Dr.  Georg  Kloss  in  Frankfurt  a/M.  gekommene  Originalhand- 
schrift, von  der  sich  auf  der  Stadtbibliothek  in  Frankfurt  eine  Abschrift 
befindet ,  die  circa  1825  von  dem  Schneidergesellen  Lepper  verfertigt 
wurde.  Vergl.  Zarncke:  Der  deutsche  Cato,  p.  114  u.  115.  —  Die  Hand- 
schrift wurde  von  dem  Buchhändler  Sothby  in  London  im  December  1835 
an  das  brit.  Museum  verkauft  -).  Auf  der  Innern  Seite  des  Deckels 
steht :  » Georgius  Kloss  M.  D.  francofurti  ad  mcenum. «  Die  Hs.  muss 
vorher  im  Besitz  des  Dr.  Rcemer  gewesen  sein;  auf  dem  folgenden 
Blatte  heisst  es :  Roemeri  et  amicorum  und   ex  bibliotheca  Dr.  Roemeri. 

Noch  ist  ein  Irrthum  zu  berichtigen.  Die  Hs.,  die  —  wie  wir  so- 
fort sehen  werden  —  nebst  der  Mörin  und  dem  goldenen  Tempel  des 
Hermann  von  Sachsenheim  auch  eine  jüngere  Catobearbeitung  und  an- 
dere kleine  Gedichte  des  XV.  Jahrh.  enthält,  führt  keinen  Titel.  Man 
schien  nämlich  angenommen  zu  haben ,  diese  Handschrift  habe  etwa 
die  Aufschrift  gelragen:  Hermann  v.  Sachsenheim's  kleinere  Gedichte, 
und  stützte  sich  hierauf,  um  die  Autorschaft  des  Cato  dem  Hermann  v.  S. 
zuschreiben  zu  können.  Schon  Zarncke  erklärte  sich  gegen  diese  Hypo- 
these.    (Cato,  p.  115.) 


^)  Im  Catalog :  A  coUection  of  old  german  Poetry  written  about  1500. 

-)  Zarncke  vermuthet  a.  a.  0.  richtig ,  dass  diese  Hs.  die  im  Cata- 
logue  of  the  Library  of  Dr.  Kloss.  sold  by  auction  by  Mr.  Sothby  and 
son,  May  7.  1835,  mit  Nummer  4595  bezeichnete  gewesen  ist. 


—     148     — 

I  n  li  a  1 1 : 

Bl.  1  — 109.     Die  Mörin  Hermann    v.  Sachsenheims: 
Anf.  Ir  weysen  markend  mein  gedieht 
Und  laussent  euch  verdriesen  nicht, 
Ob  ich  ain    wail  von  thorhait  sag! 
Es  ist  nit  lang,  an  ainem  tag 
In  ainer  hechten  sumerzeitt, 
Als  sich  die   vogel  widerstreitt 
Erbrachen  nauch  gesannges  weiss 
Vnnd  manig  ast  sein  blüend  reyss 
Nauch  allem  wünsch  erzaiget  hat, 
Do  ward  ich  mit  mir  selbs  zu  raut 
Vnd  gieng  spatzieren  in  ain  wald  etc. 
In  alten  Drucken    des    XVI.    Jahrh.  ^).     Vergl.    Gödeke's 
Grundriss  8G.     Hermann  v.  Sachsenheim,  ein  schwäbischer 
t         Ritter ,    lebte   zu  Gonstanz    und    starb  1458.     Noch  im   90. 
Jahre  dichtete    er    das  folgende  Gedicht ,    den  goldenen 
Tempel.     (Bl.  109-164). 

Folgen  zwei  kleinere  Gedichte  (ohne  Ueberschrift) : 
Bl.  164—167.  1.  Ich  wais  ain  wmidt  die  nie  verhallt 
Und  nymermer  verhaillen  kan 

*)  Es  ist  Aussicht  vorhanden  ,  dass  das  Gedicht  vom  Stuttg.  Lite- 
rarischen Verein  neu  herausgegeben  wird.  —  Im  brit.  Museum  befindet 
sich  auch  der  älteste  Druck  von  1512  u.  einer  von  1539: 

1.  Die  Mörin,  ein  schon  kurtzweilig  lesen,  welches  durch  weiland  herr 
herman  von  Sachsenheim  Ritter  (Eins  obentürlichen  handeis  halb, 
so  im  in  seiner  Jugend  begegnet)  lieplich  gedieht  vnd  hernach  die 
Morin  genempt  ist ;  allen  denen,  so  sich  der  Ritterschaft  gebruchen, 
auch  zarter  freuwlin  diener  gern  sein  wollen  nit  allein  zu  lesen 
kurtzweilig,  sunder  auch  zu  getrewer  Warnung  erschiesslich. — Schluss: 
Hie  endet  sich  das  hofflich  büchlin,  die  Morin  genant.  Getruckt  von 
Johannes  Grüninger  in  der  lobl.  freien  stat  Strassburg  vnd  vollendet 
uff  sant  Katherinenn  abent  inn  dem  Jar  von  gehurt  Cristi  Tausent 
fünffhundert  XII.  —  Mit  Holzschn.  —  Diese  Ausgabe  wurde  von 
Johannes  Adelphus,  Physicus  von  Schaff  hausen,  veranstaltet. 

2.  Mörin ,  eyn  schöne  kurzweilige  vnd  liepliche  Histori  etc.  —  Inn  der 
keyserlichen  frei  vnd  Reichstatt  Wormbs  truckts  Sebastianus  Wag- 
ner im  Jar  nach  der  areburt  vnsers  Herren  MDXXXIX. 


—     149     — 

Mit  schlangen  gyfft  ist  sie  vermailt 
Die  eua  haut  gestrichen  an  etc. 

Gedicht  von  20  achtzeiligen  Strophen. 

Bl.  167 — 179.  2.  Mir  trumpt  ain  wunderlicher  troum, 

Kund  ich  den  globen  schon, 

So  dörfft  ich  kunst  vnd  weissheit  bas. 

Solt  ich  sagen  was  mir  was : 
5.    Do  ich  schlauffend  lag, 

Eya  was  fröd  ich  da  pflag 

Von  mangen  werden  wune  spill ! 

Ich  hört  der  clainen  vögelin  vil 

Mit  irem  frödenrichen  schall 
10.    In  dem  wald  überall; 

Ainer  sang  ciain,  der  ander  gross. 

Das  es  lustiglich  erdoss. 

Si  betten  gar  ain  lange  nacht 

Vnd  enpfiengen  den  tag  mit  süssem  pracht. 
15.    Mein  gemüt  begund  sich  fryen 

Von  der  zarten  vogehn  schryen. 

Ich  gieng  hin  vnd  her  wider 

Inn  dem  wald  auf  vnd  nider, 

Ich  loset  disem,  ich  loset  dem; 
20.    Zu  letst  west  ich  nit  wem 

Ich  do  losen  solt. 

Wann  ainer  dem  andern  wolt 

Nit  vertragen  sein  gall, 

Er  macht  ain  mern  schall, 
25.    Da  von  ward  ich  betöbet  gar. 

Von  dem  gedön  nam  ich  nit  war. 

Was  grosser  Schönheit  hett  der  waldt 

Mit  grönen  Osten  manigualt 

Geschicket  also  waidelich ; 
30.    Noch  schöner  was  das  ertrich 


—     150     — 

Mit  grönem  gras  gezieret, 

Mit  plömlein  geflorieret 

Wyss,  gel,  blaw  vnd  rott, 

Als  jettlicher  ir  artt  gebotl. 

Der  lufft  was  ouch  gesüsset 

Mit  süssem  smack  gegrüset 

Von  wilden  rosen  stüdlin, 

Wa  mocht  besser  wunn  gesein? 

Vnnd  annder  studen  gross  vnd  ciain 

Die  warn  geziert  mit  blümlin  rain, 

Die  schön  mocht  niement  volsprechen. 

Die  sun  begund  her  brechen 

Mit  jrem  frödenrichen  schein 

Zu  trost  den  zarten  blömlin  fein, 

Die  die  nacht  mit  jrem  lufft 

Hett  getailt  jn  tawes  tufft 

Erkücket  jre  hertze  platt; 

Sie  waren  süses  tawes  satt. 

Der  jnn  von  den  wolcken  was  gegeben, 

Das  sie  des  tages  sollen  leben, 

Das  sie  nit  erblichen  hin 

Vonn  der  haisen  sunnen  schein. 

Da  ich  so  vil  Schönheit  sach 

Zu  mir  selber  ich  do  sprach: 

Kum  gang  fürbas  in  den  wald, 

Besieh  wie  es  sey  gestalt! 

Do  gedaucht  ich  wider  mich : 

Ach  vnd  wer  hie  die  minneklich, 

Meins  hertzen  trut,  mein  frow 

In  der  wunenbernden  ow, 

So  möcht  mir  nymer  bas  geschechen!    etc. 

Der  Traum,    unvollst,    gedr.    in  Lassberg's    Liedersaal    I,    131. 
Eino  verkürzte  Bearbeitung  siehe  oben  S.  114,  23. 


-     151     — 

Bl.  179— 190.     Gato: 

An  f.  Hie  ^)  höppt  sich  an  ain  gedieht. 
Das  ist  aus  latin  gericht 
Vnnd  spricht  zu  tütsch  also 
Von  ainem  maister,  haiset   katho. 
5.    Vor  crist  gebart  er  was, 

Seinen  sünnen  ain  gut  lere  vorlas. 
Er  sprach:  vil  liber  sune  mein, 
Laus  dir  das  ingedenck  sein. 
Du  machst  mit  meiner  lere 

10.    Gewinnen  gut  vnd  ere, 
Lis  vnd  hör  mein  gebott 
Vnnd  vernem  das  recht  durch  gott. 
Wer  liset  das  er  nit  verstaut 
Wie  bald  er  sich  versummet  haut. 

15.    Sich,  wem  du  borgest, 

Das  du  darumb  nit  sorgest. 
Du  solt  geren  gelten 
Vnd  hab  Wirtschaft  selten. 
Du  solt  schalin  zu  mauss, 

20.    Das  dich  das  gut  nit  lauss  ; 
So  du  wirdest  reich, 
So  betrag  dich  erberklich. 
Nach  groser  costung  soltu  sparen 
Vnd  vor  schänden  dich  bewarn, 

25.    Schier  haut  verloren  ain  man 

Das  er  jn  langer  zeitt  nit  gewan  etc. 
Schluss:  Also  lert  der  haiden  seinen  sun, 
Wie  er  jn  seinem  leben  solt  thun. 
Wer  das  gebott  will  halten, 
Der  mag  wol  mit  eren  vnd  seiden  alten. 
Amen! 


^)  Der  Schneidergeselle  Lepper  las:    Nie  hoipt  sich  an  etc. 


-     15^2     — 

Der  vorstehende    Cato    gehört    unter   die   von   Zarncke 
unter  die  Gruppe :    » Umordnung   und  Interpolation  des  äl- 
testen   deutschen  Cato «   zusammengefassten  Bearbeitungen. 
(Zarncke,  p.  113  u.  ff.) 
Bl.  190—194.      Ich  laus  hoch  kirnst  vallen  zu  tal 

Wann  es  ist  mh'  ain  ciain  zu  schmal 
Nauch  der  Vernunft  zu  reden  mir 
Wan  was  ich  doch  ymaginier  etc. 
Siehe  oben  p.  110,    10. 
Bl.  194—195  (Schluss): 

Die  lieb  mein  verdienst  vernicht 
Von  Wandel  den  sie  an  mir  sieht  etc. 


IV. 
Von  den  edeln  stainen. 

Sloane  coli.  448.  Papierhs.  des  XV/XVI.  Jahrh.  in  Oclavo.  75B11.') 
Ohne  Titel. 

Eine  poetische  Bearbeitung  des  Abschnittes :  » Von  den  edeln 
Stainen «  aus  dem  Buch  der  Natur,  das  von  Conrad  von  Megen- 
berg  (t  1374  in  Regensburg)  zwischen  1349  und  1350  aus  dem  Lateini- 
schen des  Thomas  Gantimpratensis  in's  Deutsche  übersetzt  wurde  ^). 
Vrgl.  Fr.  Pfeiffer:  Das  Buch  der  Natur  von  K.  v.  Megenberg.  Stuttg.  1861. 
—  Die  folgenden  Texte,  die  ich  ebenfalls  genau  nach  der  Hs.  gebe,  sind 
unrein,  aber  in  den  meisten  Fällen  leicht  zu  heilen: 

Bl.  1  — 11.  Vorrede:  Hie  wil  ich  sagen  von  den  edeln  ge- 
stainen,  wie  die  gevar  sind  vnd  Avie  man  ir 
krafft  pesseren  mugi  vnd  wil  an  dem  ge- 
stain  anheben,  der  namen  sich  an  ainem  A 
anhebend  und  darnach  an  dem  B,  vnd  (unz 
Pf.)    das    wir    das  abc    mit  Edeln   gesteinen 


^)  Im  Gatalog:  »A  treatise  of  precious  stones,  in  prose  and  vei'se  in 
german,  written  by  a  person  named  Megenberger.« 

^)  Es  befinden  sich  4  alte  Drucke  des  Buches  der  Natur  in  dem 
brit.  Museum:  zwei  Ausgaben  von  1475,  eine  v.  1481,  gedruckt  bei 
Hans  Bämler  in  Augsburg,  und  eine  von  1499  ,  gedruckt  bei  Hans 
Schönsperger  in  Augsburg.  —  Ich  erwähne  hier  beiläufig ,  dass  ich  auf 
der  Pariser  Nationalbibliothek  unter  den  » fragments  de  manuscrits  al- 
lemands  recueillis  par  Oberlin«  (signirt  ms.  all.  118)  2  Perg.  Bll.  des 
XIV.  Jahrh.  gefunden  habe  ,  die  Bruchstücke  aus  Megenberg's  Buch  der 
Natur  enthalten.  Sie  beginnen  mit  p.  39,  Zeile  9  nach  Pfeiffer.  Unter 
ebendenselben  Fragmenten  befinden  sich  auch  4  Perg.  Bll.  aus  Stricker's 
Karl. 


-     154    — 

durchlegen.  Yedoch  wil  ich  des  ersten  reden 
von  den  stainen  jn  der  gemain. 

Es    ist    ain    frag ,    wie    die    edlen  stain 
wachsend  jn  der  erden  etc. 

Diese  Vorrede  varirt  in  Einzelnheiten  von  dem  in  Pfeiffer's  Aus- 
gabe p.  427—31  gegebenen  Texte. 

Hierauf  folgt  eine  kurze  poetische  Einleitung ,  nach  welcher  der 
Dichter  die  »  zwelf  schatzpaern  auzerwelten  stain  «  behandelt : 

Wenne  nun  krafft  aller  wyshait 

Hat  gott  an  drü  ding  geleit 

An  werchen  an  Worten  vnd  segen 

Die  zway  lauss  ich  vnderwegen 
5.    Vnd  wil  nu  allain  sagen 

Von  edelem  gestaine 

Wie  jr  krafft  sye  vnd  gestalt. 

Nun  merckend  jung  vnd  alt 
Zwelf  stain  jn  kurtzem  zil 
10.    Die  ich  üch  benemmen  wil 

Die  Salomon  der  wyse 

Gab  besunder  hochem  bryse 

An  tugend  vnd  wirdigkait. 

Von  dem  ersten  er  vns  seit 
15.    Das  ist  ain  Alraantin 

Des  varb  sol  rott  sin 

Wer  den  Ireit  an   sinem  vinger 

Dem  ist  gar  dester  ringer 

Kein  zember  ward  nie  so  räss 
20.    Der  es  trunck  alder  äss 

Es  schadet  nit  zu  aller  frist 

Die  wil  der  stain  by  jm  ist 

Darzü  ist  ouch  der  stain  gut 

Wer  jn  jn  ain  vingerlin  tut 
25.    Der  ist  kuon  vnd  manhaft 

Stätz  von  des  stain  krafft. 


—     155      — 

Ist  der  Almantin  vielleicht  der  Amandin?,  den  Konrad  von  Me- 
genberg  (Pfeiffer  p.  435)  folgenderweise  beschreibt:  »Amandinus  ist  aiu 
stain,  der  ist  puntvar  oder  vechvar,  also  daz  er  manigverbig  ist.  der 
stain  erlescht  all  vergift  und  macht  den  menschen  sighaft  wider  all  sein 
veint  und  macht  ainen  guoten  bedäutaer  und  auzlegaer  der  treum.  «  — 
Bei  dem  zweiten  Stein  Torposius  (b.  Pfeiffer  p.  464  Topazi)  geht 
der  poetischen  Bearbeitung  K.  v.  Megenberg's  Prosabeschreibung  in  ver- 
kürzter Fassung  voraus: 

Von  dem  Torposius:  Topasius  ist  der  zwölf  stai- 
nen  oiich  ainer,  den  Johannes  in  appocalipsi  sach,  das  ist  jn 
dem  buch  der  haimlichkait  gottes  vnd  gehchet  gold  an  der 
varb.  Vnd  der  ist  der  edelst  vnder  dertey  stainen,  aber  ist 
der  ainer  anderly.  Vnd  ist  vil  lichter  vnd  liechter  vnd  ist 
an  der  varb  tümmer  ,  aber  ist  er  besser  denn  der  erst  ^). 
Der  stain  hilffet  zu  den  afftern  andern,  die  zu  der  mystpor- 
ten  nider  gant.  Man  spricht  ouch,  das  er  des  mon  enpfmd 
vnd  setz  siedent  wasser  wann  man  jn  (darin)  stosset,  vnd  verkert 
zorn  vnd  ouch  vnküüschhait.  Der  stain  kumpt  von  dem 
land  arabia  vnd  ward  des  ersten  funden  jn  der  Insel  To- 
pasis.  Plinius  spricht,  das  man  den  stain  so  gross  hab  fun- 
den, das  Ptholomeus  philodelphus  ain  sul  daruss  liess  machen 
vier  dumelen  lang,  wiltu  den  stain  schön  maclien  so  wirt 
er  vil  dunkler,  laust  du  jm  aber  sin  aignen  natur,  so  schint 
er  glych  als  gold. 

Rigmatice  ^). 

Der  ander  haisset  Topasius 

Den  sol  man  versuchen  also 

Wer  sich  besieht  darjnne 

Dem  ist  zepers  ^)  das  kinne 
5.    Darzü  verkert  der  mund 

Vnd  die  äugen  biss  an  den   grund. 


')  Nach  Pfeiffer's  Lesung:  »der  ist  vil  liehter    und    ist  an  der  varb 
dünner,  aber  er  ist  poeser  wan  der  erst.  « 
^)  rigmatice  =  metrice  cfr.  Du  Gange. 
^)  zepers  =  das  Schweiz,  zweris,  zwerch ,  quer. 


—     156     — 

Vnd  wa  der  stain  fiel 
In  ain  wasser  das  da  wiel 
Alder  wer  jn  dar  jn  stiess 
Das  wasser  sin  wallen  Hess. 
5.    Wer  den  stain  by  jm  trait 
Dem  geschieht  ouch  kain  laid 
Von  kainen  rouberen 
Wie  vil  jr  doch  werend 
Noch  von  dieben  kain 
10.    Ob  das  hus  stund  allain 
Vnd  offen  alle  türen 
Kain  dieb  kern  darfüre. 

Von  dem  Smaragden.    • 

Smaragdus  ist  der  dritt  stain 
Vnd  ist  ouch  der  besten  ein 
Der  ist  grün  als  ain  grass 
Vnd  luter  als  ain  spiegel  glas 
5.    Wer  den  täglich  ane  sieht 
Dem  geschieht  laides  nicht 
An  den  ougen  das  ist  war 
Sy  werden  jm  luter  vnd  dar 
Vnd  jm  wechset  ymer  mere 

10.    Sin  gut  vnd  sin  ere. 

Er  vertribt  ouch  vnstätten  müt 
Vnd  ist  ouch  zu  tedingen  gut. 
Vnd  wer  das  vallend  we  hat 
Dem  wirt  ouch  von  dem  stain  rat 

15.    Ob  er  jn  an  dem  hals  treit 
Das  ist  ain  grosse   wirdigkait. 
Vnd  ist  dem  stain  grosser  schad 
Wer  sein  treit  zu  dem  bad 
Vnd  verlüret  also  gar 

20.    Sin  crafft  vnd  ouch  sin  var 


—     157     — 

Vncl  laus  daby  vnderwegen 
Das  er  der  minne  nit  (mag)  pflegen 
Alder  er  bricht  zu  klainen  stücklin 
Die  krafft  hat  das  edel  stainlin 
5.    Das  er  der  minne  nit  mag  vertragen 
Er  bricht  als  hab  man  jn  zermalen. 
Prosa  bei  Pfeiffer,  p.  459. 

Von  dem  Garbuncul. 
Prosa  (hier  verkürzt)  bei  Pfeiffer  437. 
Carbunculus  ist  der  fierde  stain  vnd  ist  der  edelst  vnder 
allen  stainen  vnd  (hat)  aller  stain  krefft.  Er  ist  so  dar,  das  er 
mit  siner  clorhait  ain  kranckes  gesicht  widerschlecht  vnd 
widertribt.  Aber  er  brait  des  menschen  gedank,  des  staines 
varb  ist  füren  vnd  schinet  des  nachts  mer,  denn  des  tags, 
wann  des  tags  ist  er  tunckel ,  aber  jn  der  nacht  so  schinet 
er  so  dar,  das  er  by  nacht  tag  machet :  Vnd  haisset  der  stain 
kriechesc  antrax.  Der  stain  wachset  jn  dem  land  hbia  vnd 
ist  dryerlay.  der  erst  ist  der  wirdigest  vnd  haist  karbunkel. 
Der  ander  haist  Rubin  vnd  ist  ouch  fürvarb ,  aber  nit  so 
gar  liecht  vnd  so  schinbar,  als  der  erst  Carbunkel,  vnd  schinet 
an  der  vinstry,  nitjn  der  nach.  Er  ist  jm  ouch  vngelych  an 
den  krefften  vnd  an  der  varbe.  Der  dritte  ist  der  böste  an 
krefften  vnd  an  der  varbe  vnd  haisset  Balastus,  yedoch  achtet 
man  jnn  besser,  dann  den  Saphir  alder  den  Jaspis. 

Rigmatice. 
Der  vierd  stain    haisset  Carbunkelstain 
Nie  kain  sterne  so  liecht  schain 
Als  der  stain  des  nachtes  tut 
Wann  er  brinnet  als  ain  gliit 
5.    Des  staines  krefften  der  ist  vil 
Der  ich  hie  nit  nemmen  wil 
Denn  es  wer  gar  ein  wicht 
So  man  jnn  gar  lutzel  sieht 


—     158     — 

Vnder  mannen  die  jnn  habend 
Was  ich  jn  sag  dar  abe 
Darvon  ist  es  besser  verkoren 
Es  wer  doch  gantz  verloren. 
So   beginnt    auch    ein    niederdeutscher  Lapidarius    in  Wiener  Hs. 
Nro.  94,  Bl.  98—109: 

Van  den  eddele  ghestenten. 
De  erste  het  kerbunkelsten 
Dat  ny  sterne  also  sehen 
Also  de  sten  des  nachtes  doet 
Vnde  bernet  rechte  so  en  gl  od  etr. 
Wahrscheinlich  dieselbe  Abhandlung  über  die  zwölf  Steine,  nur  in 
veränderter  Reihenfolge. 

Von  dem  Saphir, 
(b.  Pfeiffer  p.  457.) 
Saphirus  ist  gar  ain  edel  stain  vnd  ist  der  zwölffen 
ainr,  den  Johannes  sach.  der  stain  ist  himelvar,  wann  er  ist 
Hecht  blaw.  Yedoch  mag  er  niemer  luter  werden,  das  er  ain 
bild  jn  sich  niem  als  ain  Spiegel,  vnd  wenne  sich  der  sun- 
nenschin  widerschlecht  uff  dem  stain  so  gibt  er  ainen  prin- 
nenden  schin  von  ym  vnd  ist  den  himelkrefften  allezyt  an- 
naigenlich.  Aber  der  ist  der  beste,  der  von  India  kumpt  vnd 
ist  kainer  durchlüchtend.  Der  stain  behelt  die  gelyder  gantz 
jn  jr  narung  von  natur.  Die  zu  latin  vegitatio  haisset,  vnd 
senfftiget  die  jnwendigen  brunst  vnd  verstellet  den  schwaiss 
vnd  benempt  er  den  ougen  vnd  der  stirnen  schmertzen.  Vnd 
hauet  ouch  der  zungen  siechtum.  Vnd  setzet  die  geschwulst 
vnd  hallet  die  geschwer  vnd  scheucht  den  grusamen  siech- 
tagen, der  das  anthtt  negt,  vnd  haisset  zu  latin  noH  me  tan- 
gere.  Das  spricht:  rür  mich  nit.  Aber  er  verlüret  sin  varb 
dar  nach.  Der  stain  ist  ouch  gut  wider  schrecken  ,  vnd  ist 
gnädig  zu  frid.  Aber  der  jnn  treit,  müss  sich  gar  ser  vlys- 
sen ,  das  er  gar  küüsche  sy.  Es  sind  ouch  Saphir  zu  poy, 
das  ist  ain  statt  gegen  der  sunnen  nydergang,  die  sind  klains 


—     159     — 

gelts  werdt  vnd  habend  klain  krefft  vnd  sind  glich  als  ain 
tunckel  cristall  gevar.  aber  man  vndersetzt  sy  mit  blawen 
vndersetzlin  jn  die  vingerlin,  das  sy  blaw  schinend,  vnd  der 
bringt  man  vil  jn  tütsche  lannd  vnd  die  habend  nit  krefft. 
yedoch  die  da  herkomend  vnd  bettend  sy  gestalt  als  die  Sa- 
phir von  Orient  habend,  daz  ist  von  der  simnen  uffgang,  die 
wärind  die  besten  vnder  jn.  Aber  man  vindet  jr  wenig,  die 
Saphir,  die  von  Orient  komend,  die  sind  die  besten  vnd  aller- 
maist,  die  obnen  wyslet  wölken  händ  vnd  dicker  varwen  sind. 
Es  sind  oiich  ettlich  Saphir ,  die  sind  die  klarsten  vnd  die 
kreftigesten  vnder  den  andern.  Vnd  die  zoubrer  handlend 
den  stain  vil  jn  zober  künsten. 

Rigmatice. 

Saphirus  der  fünfte  was 

Für  war  sag  ich  üch  das 

Der  wol  ist  dryer  hande 

Zu  Orient  jn  dem  lande 
5.    Da  sollend  die  besten  jnne  sin. 

In  ainen  gnldin  vingerlin 

Sol  man  den  knschlichen  tragen 

Für  war  ich  üchs  wil  sagen 

Der  ist  wol  lang  gesund, 
10.    Ich  thun  üch  me  von  jm  kmid 

Die  geschwulst  von  jm  entwichet 

Wo  man  den  stain  hin  strichet 

Die  vil  schier  zergaut 

Wer  die  rotten  hytz  haut 
15.    Die  ist  wol  schier  zergangen. 

Wer  mit  vnmüt  ist  vmfangen 

Nimpt  er  den  stain  jn  sinen  mund 

Er  wird  ledig  jn  kurtzer  stund. 

Vnd  ist  gut  zu  den  ougen 
20.    Offenbar  vnd  tougen 

Wird  er  nit  vnrechts  gezigen 


—    ir.o    — 

Die  wil  jm  der  stain  ist  by 
Als  lieb  jm  sin  kraft  sy. 

Von  dem  Jacinten. 
(b.  Pfeiffer  p.  449.) 

Jacinctus  haisset  ain  Jachant.  der  stain  ist  gelvar  vnd 
ist  jn  der  vinstry  tunckel  vnd  an  dem  lieclit  dar,  wen  er  en- 
pfmdet  des  lufftes,  als  man  spricht,  der  jachant  ist  der  beste, 
der  weder  dunckel  noch  gar  claur  ist.  Er  ist  ouch  gar  hertt 
vnd  lat  sich  nit  geren  spalten  noch  graben.  Yedoch  grept 
man  jnn  mit  adamasstücklin ,  vnd  ist  gar  kalt  wanne  man 
jn  jnn  den  mund  leit.  er  sterket  sinen  graber  vnd  benimpt 
vppig  truren  vnd  süüfftzen  von  dem  hertzen  vnd  machet  den 
sicher,  der  jn  frömbde  land  ferdt  vnd  sichert  den  mentschen 
vor  dem  gemainen  schelmentod  vnd  vor  vergyfft  vnd  vor 
schlangen.  Er  macht  sinen  trager  vor  gott  vnd  der  weit  ge- 
nem.  der  stain  kompt  von  der  moren  land,  vnd  verbt  sich 
nach  dem  wetter  vnd  ist  claur  jn  schönem  wetter  vnd  ist 
dunckel  jn  duncklem  wetter. 

Rigmatice. 

Der  sechste  stain  ist  ain  jachant 

Wer  den  treit  an  siner  band 

Dem  dienet  wol  mit  rechte 

Sin  mayd  vnd  ouch  sin  knechte 
5.    Gar  allesampt  gelych 

Vnd  tünd  das  willeklich. 

Vnd  wer  zu  jm  haut  keinen    zorn 

Der  wirt  ouch  schier  verloren 

So  er  jn  rüret  da  mit. 
10.    Das  ist  ouch  des  staines  sitt 

Das  er  sich  wandlet  ze  aller  frist 

Als  das  wetter  gethan  ist 

Wanne  ouch  schinet  die  sunne 

So  wirt  er  als  ain  brunne 


-     161     — 

So  aber  das  wetter  ist  dunckelvar 
So  wirt  der  stain  trübe  gar. 
Ouch  sind  die  jachant 
Gevar  mengerley  band 
5.   Des  seilend  jr  geloben  mir 

Der  beste  ist  blaw  als  ain  saphir 
Der  ander  wys  mit  alle 
Gemacht  als  ain  cristalle 
Der  dryt  weder  blaw  noch  wyss 
10.    Wer  jn  besieht  mit  vlyss 
Der  ist  an  ettlicher  statt 
Recht  als  ain  viyolblat. 

Von  dem  Gri  st  allen, 
(b.  Pfeiffer  441.) 
Gristallus  wachset  vs  ysse  ,  wann  das  verhertet  jn  vil 
jaren.  Yedoch  widerspricht  das  Salomon  ^) ,  wann  er  spricht, 
das  man  cristallen  vind  jn  vil  landen ,  da  niemer  kam  ge- 
früst  noch  yse  hin.  kum  ein  sinwel  cristalle  an  der  sunnen 
stat,  so  enzündet  er  ainen  ziinder  recht  als  der  berill.  Der 
stain  hat  ouch  die  art ,  wenne  man  jn  zerstösset  vnd  jn 
mischet  mit  honig  ,  wölche  frow  das  trincket ,  die  ain  kind 
souget ,  der  meret  er  die  milch,  der  stain  ist  ouch  gut  zu 
den  ougen. 

Rigmatice. 
Der  sibend  ist  ain  cristalle 
Der  wachset  vnder  jn  alle 
Der  selben  der  ist  vil 
Von  dem  besten  ich  üch  sagen  wil 
5.    Der  ist  luter  als  ain  brunne 
Wer  jn  helt  gegen  der  sunne 
Er  brinnet  als  ain  zunder 
Das  ist  wol  ain  wunder 


^)  Nach  Pfeiffer:  Solinus. 

11 


-     162     - 

Wer  den  treit  jn  der  hand  sin 
Dem  mag  der  frost  kain  schad  sin 
Und  wer  jn  jnn  sine  acker  iiat 
Dem  tut  der  schür  kain  not. 

Von  dem  Achat. 

Zuerst  die  Prosa    in    verkürzter  Fassung    (Pfeiffer  p.  432) ,   dann 
rigmatice : 

Der  ahtet  stain  haisset  achat 

Er  wol  jn  golde  staut 

Der  ist  schwartzer  den  ain  kol 

Als  ich  üch  nun  sagen  sol. 
5.    All  vmm  des  staines  braw 

Gaut  ain  ring  der  ist  graw 

Vnd  ist  von  selber  daran 

Ergraben  wib  vnd  man 

Mengerley  tier  wilde 
10.    Und  mängerley  gschlächt  bilde 

Ir  kainer  ist  dem  andern  gelich 

Das  ist  genüg  wunderlich 

Sy  sind  erwachsen  vnd  nit  graben 

Das  kan  niemand  abschaben 
15.    Er  breche  denn   ze  stucke  dein. 

Die  kraft  hat  der  stain 

Wer  jn  treit  vnd  by  jm  hat 

Wo  er  rittet  oder  gat 

Der  wirt  niemer  gefangen. 
20.    Nauteren  noch  schlangen 

Schadent  im  nit  vmm  ain  har 

Ob  sy  by  jm  schlieffend  zwar 

Vnd  dunckt  die  lütte  alle  gut 

Was  er  yemer  mer  tut. 


-     163     — 

Von  dem  Ametisten. 
Zuerst  Prosa  (b.  Pfeiffer  p.  431). 
Der  nünd  ist  ain  amatiste 
Wer  des  kraff't  recht  wiste 
Der  solt  jn  behalten  wol 
Sin  gevar  ist  als  ain  viol. 
5.    Wer  jn  des  tags   ansieht 

Der  mag  des  tags  ertrincken  nicht. 
Er  machet  lüttselig  den  man 
Der  jn  dick  sichet  an 
Vnd  war  werd  vil  gutes 


10. 


Wan  das  ist  also  vil 
Das  man  ir  nicht  achten  wil 
Welche  frow  jn  treit  jn  gold 
Die  hat  jren  man  gar  hold. 

Von  dem  G  r  i  s  o  1  i  t. 
Ohne  vorhergehende  Prosa  (b.  Pfeiffer  p.  442). 

Der  zechent  ist  ain  Crisolit 

Der  ist  gut  jn  dem  strit 

Vnd  ist  dem  gold  gelich 

Das  wissend  sicherlich 
5.    Vnd  stat  jn  dem  gold  wol 

Da  brünnet  er  jnne  als  ain  kol. 

Wer  nachtes  tregt  den  stein 

Dem  mag  geschaden  der  tüffel  klain 

Schaden  noch  sin  getätt 
10.    Die  wil  er  den  by  jm  treitt 

Und  ob  ain  man  ist  starck  wund 

Und  ist  da  vngesund 

Vnd  zwifflet  ob  er  müg   genesen 

So  enmag  nit  übrig  wesen 
15.    Er  muos  spyen  sy  das  blüt 

Ob  er  das  nit  entüt 


—     164     — 

So  stirbt  er  von    den    wunden  nicht 
Was  jm  denn  darnach  geschieht. 

Von  dem  Onichilus. 
(b.  Pfeiffer  p.  453.) 
Der  ainlfft  stain  haisset  Onichilus 
Des  varw  ist  geschaffen  also 
Weder  schwartz  noch  wyss 
Den  gibt  man  wol  mit  vlyss 
5.    Wie  den  man  duncket  gilt 
Wer  den  jn  ain  vingerly  tut 
Vnd  es  tregt  an  siner  band 
Der  trompt  des  nachtes  allesampt 
Was  jm  geschehen  soll 
10.    Das  siecht  er  jn  dem  schlauff  wol. 

Von  dem  Jaspis. 
Zuerst  Prosa  (b.  Pfeiffer  p.  448). 

Der  zwölfft  ist  Jaspis  genant 
Den  vindt  man  wol  bekant 
Vnd  ist  mengerlay  gevar 
Der  aber  grün  ist  gar 
5.    Der  ist  der  beste  nach   siner  art 
Vnd  sol  jn  golde  sin  verspart 
Der  stain  büsset  den  ritten 
Der  sich  bestrichet  da  mitte 
Vnd  ain  frow  die  mit  kinde  gat 

10.    Vnd  jn  an  jr  hende  hat 

Die  genist  in  vil  kurtzer  zitt 
So  man  jn  jr  jnn  die  hend  gytt 
Vnd  ist  ouch  der  stain  guott 
Das  er  verstellet  das  blüt 

15.    An  der  nasen  vnd  an    dem  mund 
Dar  nach  jn  kurtzer  stund 


-     165     - 

So  er  jn  nimpt  jn  die  band 
Verstaut  das  blüt  zehand 
Vnd  wer  ain  vihe  erschlüge 
Vnd  den  stain  by  jm  trüge 
5.    Es  plütet  nicht  vmm  ain  bar 
Das  wissend  alle  für  war 
Wer  sich  welle  versinnen 
Der  sol  daby  nit  minnen 
Wenn  er  den  stain  by  jm  hat 
10.    Wan  sin  krafft  gantz  zergat. 

Das  sind  die  zwölf  stain 

Die  Aaron  alle  tag  gemain 

Vor  jm  jn  dem  tempel  trüg 

Ane  die  sind  ander  stein  genüg 

Die  ouch  sind  vil  türe 

Von  jr  'edelen  nature 

Der  ist  vss  der  maussen  vil 

Der  jch  ain  tail  hie  benemmen  wil, 
Folgen  nun  die  übrigen  Steine  in  poetischer  Bearbeitung,  der  hie 
und  da,  wie  oben,  ein  Auszug  aus  Megenberg's  Prosa  vorangeht. 
Bl.  67.      beginnt  das  Thetelbüchlein  (b.  Pfeiffer  p.  469  u.  ff.) 
Bl.  71.       Wenne    die  Edeln  stain  belediget    sin    mit    sünden 

alder  mit  vnküüschen  vnliitern  dingen,    wie  man 

jr  krafft  wider  bringen  sol.  (b.  Pfeiffer  p.  472.) 
Bl.  75,  a.  Diss  ist  die  Segnung  der  stain. 

Pfeiffer  p.  473  gibt  nur  den  Text  der  latein.  Benedictio 

lapidum  (in  unsrer  Hs.  auf  Bl.  71,  b.).  Die  deutsche  Ueber- 

setzung  derselben    scheint    sich   in  keiner   der  von  Pfeiffer 

benutzten  Handschriften  vorgefunden  zu  haben. 

Der  herr  sy  mit  iuch.  Wir  bittend  Allmach- 
tiger gott  vatter,  der  du  geöffnet  haust  da  die  fu- 
gend den  menschen  ouch  durch  ettleich  vnss  en- 
pfintlich  geschöpft  vnd   du  der  da  hast  gebotten 


—     1G6     — 

dinen  knocht  vnd  diener  Aaron,  daz  er  zierti  sine  priesterliche 
klaider  mit  den  zwölff  trefflichen  kostbarlichen  edelstainen  vnd 
der  du  hast  gezögt  sant  Johansen  dem  evangelisten  wesen- 
lich zu  buwen  die  himelschen  stat  Jherusalem  jn  den  bedü- 
tenden  diser  stainen :  wir  syend  demütiklichen  bitten  din  gött- 
lich mayenstat,  daz  du  dise  din  stain  oder  den  stain  wellest 
segnen  vnd  hailigcn  durch  die  hailgung  dines  names  vnd  an- 
rüffung,  daz  sy  syend  gehailget  vnd  gesegnet  vnd  daz  sy  ne- 
mend  oder  daz  er  nem  den  nutz  der  fugend,  die  din  göttlich 
wishait  jn  zu  geaignet  haut  vnd  ain  yetlicher  der  die  oder 
den  by  jm  sy  tragen ,  dem  werd  mittailt  din  fugend  durch 
die  oder  durch  den  vnd  werdent  ouch  verdienen  die  gauben 
diner  gnaden  vnd  die  sicherhait  diner  fugend  durch  dinen  sun 
jhm.  cristum,  jn  welhem  alle  hailigung  ist,  der  ouch  by  dir 
lebt  vnd  regiert  gott  durch  alle  die  weif  der   weit.     Amen, 


Der  liute  syte  der  edilen  ampt  in  deme 
schachzcabil  spil. 

Additional  manuscript  Nro.  15,555.  Pergamenthandschrift  des 
XIV.  Jahrh.  56  Folioblätter.  Ich  theile  den  Anfang  und  Schluss  des 
Gedichtes  mit : 

Bl.  2.  Anfang.  lli  hebit  sich  diz  buch  an,  daz  do  heist  der 
liute  syte  der  edilen  ampt  jn  deme  schach- 
zcabil spil.    dy  vorrede  sich  begynnet. 

Alliz  daz  geschrybin  stat 
daz  Pauli  schryft  gesprochyn  hat 
in  eynir  epistyln  zcu  den  romer 
geschrybin  ist  zcu  vnsir  1er 
5.    daz  wir  myt  der  schryfte  trost 
und  myt  gedult  wem  sy  genost 
mogyn  hofenunge  habyn 
ane  zcwyuillichiz  snabyn 
dez  hebit  sich  an  der  prologus 

10.    den  machte  brudir  iacobus 
von  tessolis  eyn  kunstiger 
dez  ordinz  munch  der  prediger 
eyn  meystir  in  der  heylgin  schril 
der  lert  in  dysiz  buchiz  stipht 

15.    der  lute  hobischeit  vnd  syte 
vnd  der  edlyn  ampt  da  myte 


—     168     — 

in  dem  schachzcabil   spil 
sust  ich  daz  anhebyn  wil 
uon  tessolis  ich  iacobus 
eyn  meistirlich  theologus 
5.    vnd  bruder  munch  zcim  predigern 
byn  vil  gebetyn  von  schulern 
vnd  von  brudirn  unsir  cluz 
daz  ich  wolde  legyn  uz 
schachzcabil  der  kurzcewil  eyn  spil 

10.    daz  ich  virsagit  habe  vil 
vnd  nv  doch  dy  selbe  gobe 
begynne  in  gotiz  lobe 
daz  ist  wy  sich  regyren 
mit  gutyn  syten  zcyren 

15.    dy  lute  suUyn  vnd  dysen  stritt 
haldin  als  dyse  rede  quyt 
betalle  do  ich  den  lutyn 
dy  rede  wart  bedutyn 
vnd  iz  vil  hern  behayte 

20.    alz  man  myr  das  sayte 
durch  ir  wirdekait  vnd  er 
hab  ich  geschrybin  dise  1er 
vnd  mane  sy  in  der  norme 
daz  sy  dez  spiliz  forme 

25.    slyssin  in  ir  gedanckyn 
so  daz  sy  sundir  wankyn 
den  strit  diz  spilis  vnd  syn  tvgint 
beide  daz  aldir  vnd  dy  iugint 
mogin  baz  behaldyn 

30.    in  iryz  herzein  valdin.  etc. 

Bl.  56.     Schluss: 

Ane  tugint  uf  erdin 
lebin  in  vn^eberdin 


—     169     ~ 

ist  nicht  eyn  menschlichiz  lebin 
sundir  billichir  vie  gegebin, 
dorum  so  laufe  wir  an  crist 
der  der  selikeite  togint  ist 
5.    von  dem  di  tugint  vluzet 
vnd  alle  genade  entspruzet 
der  mir  virlegin  hat  den  ruch 
daz  ich  voltychtit  hab  daz  buch 
den  livtin  wol  zcu  erin 

10.    vnd  zcu  gutin  lerin 

der  virly  vnz  syne  genade 
in  dysir  werlde  stade 
daz  wir  ewiclichin 
dort  mit  em  richin. 

15.    uon  thessoMs  ich  munch  iacop 
gewurbin  habe  der  herren  lop 
in  dysiz  buchiz  zcile 
durch  kurzcewile 
besundir  di  iz  kunnen 

20.    daz  si  mir  gunnen 

eyn  munch  der  predigere  stift 
eyn  meistir  in  der  heiligin  schrift 
vnd  hab  iz  bracht  anz  ende  blat 
daz  mir  der  virlegin  hat 

25.    der  vnz  gebit  van  hobin 
di  vollinkomenen  gobin 
der  habe  lop  vnd  ere 
nu  vnd  ymmyrmere. 
Diz  buchiz  wandelunge 

30.    hat  in  divzsche  zcunge 
getichtit  gar  rechte 
der  pherrer  zcu  dem  hechte 
von  gotiz  gibiurt 
gar  kusch  begurt 


—     170     — 

liisint  iar 

daz  di  reyne  mait  gebar 
darzcu  dryhundirt 
syn  gesundirt 
5.    vinfzcic  darzcu 
merkit  nv 

vnd  in  dem  vinftyn  , 

do  mit  virnumftyn 
wart  getychtit 
10.    gar  glich  gerichtit 
nach  deme  latyne 
hye  zcu  schyne 

diz  buch  vnd  an  eyn  ende  qwam 
gelobit  sy  der  hoe  nam. 
amen ! 

Dieses  Gedicht  ist  eine  rein  mitteldeutsche  Uebersetzung  der  von 
Jacobus  de  Gessolis,  Predigermönch  zu  Rheims,  gegen  Ende  des  13.  Jahr- 
hunderts verfassten  Abhandlung  über  das  Schachspiel ,  betitelt:  De 
moribus  hominum  et  de  officiis  nobilium  super  ludo  scaccorum,  und  ist 
18  Jahre  nach  der  bekannten  Bearlieitung  desselben  Stoffes  von  Konrad 
von  Ammenhausen  entstanden ^).  Der  Dichter  nennt  sich :  der  pherrer 
zcu  dem  hechte,  und  datirt  seine  Uebersetzung  aus  dem  Jahre  1355. 


^)  Vergl.  die  schöne  Abhandlung  WackernageFs,  das  Schachspiel  im 
Mittelalter  in  den  Beiträgen  zur  Geschichte  und  Literatur  des  Kantons  Aar- 
gau von  Kurz  u.  Weissenbach  ,  I.  Bd.  p.  28  u.  ff.  Dieser  Aufsatz  wird  in 
der  von  Moritz  Heyne  besorgten  Ausgabe  der  » Kleinen  Schriften «  von 
Wackernagel  neu  gedruckt  werden.  Gessolis  Schachbuch  wurde  später  noch 
bearbeitet  von  Heinrich  von  Berngen  im  Jahre  1438.  (Vergl.  Mo ne's 
Anzeiger  vom  Jahre  1838,  Spalte  287)  ,  niederdeutsch  von  Stephan  (in 
einem  Druck  von  1498,  vergl.  Gödeke's  Grundriss  p.  1157)  und  von  Jacob 
Mennel  von  Gonstanz  im  Jahre  1507. 


Zusätze. 


Zu  p.     60  Münchner  cod.  germ.  2928  erweist  sich   wirklich    als   blosser 
Auszug  des  »lat.  Originals». 

>    p.     91,  29  lies:  der  was  wolgestalt  ir  lib. 

»    p.  115,  24  u.  25  vrgl.  Max  Rieger  in  Pfeiffer's  Germania  111,  396  u.  ff.: 
»Zwei  Gespräche  zwischen  Seele  und  Leib.» 

»    p.  126,  33  statt  sitt  wird  zu  lesen  sein  list. 

»    p.  140,  22.     Die  Hs.  gibt:  Geuuet  das  der  krieges  pflag 

Durch  römische  recht  vil  manigen  tag. 

»    p.  136,  7  vergl.  Hermann  Oesterley,  Gesta  Romanorum  (Berlin  1872) 
p.  259,  48  (latein.  Prosaerzählung. 

»    p.  136,  9  ibid.  p.  489  u.  734. 

»    p.  136,  11  ib.  p.  347  (Rosimila  duxissa) ,  720  u.  211,  95  (Losmild.). 

»    p.  136,  12  ib.  p.  589  u.  742. 

»    p.  137,  14  ib.  p.  347  u.  720. 

»    p.  137,  16  ib.  p.  -584  (Onulphus  papiensis)   u.  742. 

»    p.  138,  17    ib.    p.  440    u.   729.     (Valerius  Maximus   überliefert  statt 
Phintias  Pythias.) 

»    p.  138,  19  ib.  p.  340  u.  718. 

»    p.  139,  20  ib.  p.  557,  740  u.  211,  96. 

»    p.  141,  29  ib.  p.  348,  721  u.  211,  97. 

»    p,  142.  40  ib.  p.  669. 

»    p.  153.  Die  Quelle  des  Buches  der  Natur.     Joseph  Haupt   behauptet 
in  seiner  neuesten  Arbeit:    lieber    das    mitteldeutsche  Arz- 
neibuch  des  Meisters   Bartholomaeus ,    Sitzungsberichte  der 
k.  k.  Akademie  Wien  1872,  p.  559  (Note) :  »  Was  Fr.  Pfeif- 
fer über  die  Quelle  Konrad's  ,    p.  XXIX— XXXH  ,    sagt ,  ist 
vollkommen  falsch.« 
Zu    spät   sehe    ich,    dass    ich  mit   dem  Auszug    »von   den   edeln 
Steinen»  nichts  wesentlich   neues   biete,    indem   ein   ähnliches    Gedicht 
in  von   der  Hagen  und  Büsching's  Museum  für  altd.  Kunst  und  Literatur 


—     172     — 

vom  Jahre    1811,    II.   Bd.,  52  u.  ff.    gedruckt    ist   und   zwar   nach   einer 
Dresdener  Hs.  von  1470  (17  Seiten  stark)  und  einem  Erfurter  Druck  von 
1498  (19  Seiten).     Der  Dichter  nennt  sich  dort  Joseph: 
V.  26.     >Yoseph  bin  ich  genant 
vnd  bin  darbey  bekant, 
das  ich  hon  vor  gedieht 
vndt  die  weit  bericht 
von"  liegen  vnd  warheit.» 
Die  Londoner  Hs.  nähert  sich  in  dem  ersten  Abschnitt,   von  den 
zwölf  Steinen,  in  ihren  Lesarten  dem  Erfurter  Druck,    welcher,   wie  die 
Dresdener  Hs. ,    ihrem  Umfang  nach  zu  urtheilen ,    ein  Auszug  aus  dem 
grössern  Gedicht,  das  in  der  Londoner  Hs.  vorliegt,  sein  werden.     Ein- 
leitung und  Schluss  sind  in  den  beiden  Fassungen  ganz  verschieden. 
Zu  p.  154,  19  Dresdener  Hs.  czawber,  der  Druck:  zucker  statt  zember  = 
Zirbelnuss  (pinus  cembra  =  Zirbeltanne).    V.  23 — 26  fehlen- 
»    p.  155,  4  statt  zepers  gibt  Dr.  Hs.  zcu  berge,  der  Druck  zeberg. 
»    p.  159,  21  fehlt  ein  Vers,  wahrscheinlich  dui'ch  mein  Versehen.  Nach 
dem  Druck :  Wirt  er  vnrechts  zigen, 
nicht  bey  weihen  ligen. 
»    p.  161,  7,  oben,  statt  mit  alle  gibt  Dr.  Hs. :  ametalle,  der  Druck:  betall. 
»    p.  163,  9  u.  10.     Der  Druck:  Wirt  er  frölichs  mutes 

vnd  wercket  vil  guttes. 
Die  Dr.  Hs. :  So  wirt  her  froes  gemuthis; 
Sy  werin  wert  vil  gutis. 
»    p.  164,  4,  oben,  statt  gibt:  grebet. 


In    den  Verlag   von  C.  Baader    in    Schaffliausen    sind 
mi  t  Eigenthumsrechten  übergegangen : 

Oeschielite  des  acbtzelinten  Jalirliuuderts.     Von 

Aug.  Fr.  Gfrörer.  Nach  dem  Tode  des  Verfassers 
herausgegeben  von  Dr.  J.  B.  W  e  i  s  s  ,  Professor  der  Ge- 
schichte an  der  k.  k.  Universität  Graz. 

Inhalt : 

I.  Band:  Ludwig  XIV.  Wilhelm  der  Oranier.     Vrinz  Eugen.     Karl  XII. 

Petei-  der  Grosse.     Die  Kaiser  Leopold  I.  und  Joseph  I.  Eleg.  ge- 
heftet tl.  3.  — ,  rh.  1.  m,  fr.  6.  40. 

II.  Band:  Geschichte  Europa's   von  1715—1740.     Die  Freidenker.  Frie- 

drich Wilhelm  1.  Die  Jugendjahre  Friedrich's  II.    fl.  3.  34,  rh.  2.  — , 
fr.  7.  25. 

III.  Band:  Maria  Theresia,  die  grosse  Kaiserin-Königin,  fl.  4.  — ,  rh.  2.12, 

fr.  8.  40. 

IV.  Band,    L  Abtheilung:    Der   siebenjährige  Krieg.     Eroberungen  der 

Engländer  in  West-  und  Ostindien,     fl.  2.  36,  rh.   1.  15,  fr.  5.  60. 


Zur  Oeschiclite  «letitscher  Volksreclite  im  Mittel- 
alter. Von  Aug.  Fr.  Gfrörer.  Nach  dem  Tode 
des  Verfassers  herausgegeben  von  Dr.  J.  B.  W  e  i  s  s. 
2  Bde.     9  fl.  36  kr.  =-  5  Thlr.  18  Ngr.  =  20  Fr. 

Eine  Beurtheilung  findet  in  dem  vorliegenden  Werk  »  eine  Samm- 
lung der  geistvollsten  Excurse ,  über  deren  Scharfsinn  man  staunen 
müsse.  Dasselbe  errege  ein  ungemeines  Interesse  und  sei  mit  einer 
Frische ,  einer  Lebendigkeit  geschrieben  ,  dass  man  sagen  möchte  ,  es 
mache  sich  einmal  ein  jungfräulicher  Jurist  an  die  alten  Volksrechte, 
um  die  Männer  aus  ihrem  Schlafe  aufzurütteln.  Aber  auch  ihr  sach- 
licher Werth  sei  ein  höchst  bedeutender. « 


Urgescliichte  des  menselilielien  Oescbleelites.  Von 

Aug.  Fr.  Gfrörer,  ordentl.  Professor  der  Geschichte 
an  der  Universität  Freiburg.  Erster  Band.  Eleg.  geh. 
1  fl.  48  kr.  =  1  Thlr.  =  3  Fr.  80  Cts.  Zweiter  Band. 
3  fl.  =  1  Thlr.  21  Ngr.  =  6  Fr.  50  Cts. 

Ueber  den  zweiten  Band  speciell  äussert  sich  eine  Be- 
urtheilung : 


wn..i.        1  ,     r^^^'l^  ^r?"'^  "^^^"  Urgeschichte,  der  mit  Spannung  erwartet 
Ä.m.V"r^'«1''i^''r':f""^  "'-^^^^  zurückblieb,  behandeU  in  zw^f 
Abbchnilten  Jie    Schicksale   der  Reiche  Babylonien ,    Assyrien      Medien 
Lydien,  Aegyptien,  Israel,  sowie  der  Phönizier  und  der  a   en  Gded  e  ' 
Eme  schwierige  Periode    für    den    Geschichtschreiber!     Die  Sach  ichten 

BberZ'''^  '/'■^'•'^T'^''^^'?  '''^''    "^'^  ^1^^^'ker  reden  ander-s  als  die 
Bibel ,    die  Angaben  sind  vieldeutig.     Dazu  kommen  die  Funde     welche 
m  neuerer  Zeit    in  Aegypten  wie   in  Babylon  und  Ninive    gemaditwo r- 
den  sind,  und  der  Streit  über  die  Lösung  der  Räthsel,  welche  de  biegen 
Wahrlich,  es  ist  ein  schweres  Stück  Arbeit,  auf  diesem  mit  Hypothesen 
durchwühlten  Boden    einen    festen    Standpunkt    der  Betrachtung  luge 
winnen  und  in  das  Dunkel,  welches  die  Nachlässigkeit  der  alte,^%vie  die 
Grübeleien  neuerer  Schriftsteller    über  so    ferne  Zeiten  verbreitet  haben 
einiges   Licht    zu    bringen.     Wir    sagen    einiges    Licht,    denn    volle 
Mensr-hhlf'      "f"^*^«^!^!' !  gewisse  Fragen  der  Periode  der  Geschichte  der 
Menschheit  werden    nie    mehr    beantwortet    werden    können.     Soweit  es 
aber  menschlichem   Wissen  und  Scharfsinn  möglich  ist,  hat  hiei^^frö! 
QtoH  ^"'''"'"'?  """^  ''}  ^°'^  ^""^  ^'"^'  widersprechende  Angaben  gebracht 
Statt  des  verdummenden  Dunstes    von  Schulmeinungen  , 'den   wir  sonst 
m  derartigen  Buchern  finden,    ist    hier   Alles    vom  Licht    des  gesunde' 
^cE     i^rT^r"*^''    f^'fhdrungen.     Die  Darstellung    ist    klar  Snd    ein- 
ach;    der  Verfasser    legt  uns  die  Fragen    vor  und   führt    uns  durch  all' 

rpLh  ,  r^"^  ^'^''/  '^^ '}"■''  ^^'""§'  •^^^•^"^■^^^  ^^'"■'i  das  Buch  so  lehr- 
uZ\r  f  ^""*^'^^-  '^«"^f  ^egt  es  ohne  Bereicherung  seines  Wissens 
P,fL  l-'l  ^''V?Tf -f"'  der  Hand,  den  der  Anblick  scharfsinniger  und 
erfolgreicher  Thatigkeit  gewährt.« 

Oeschichte  der  cleutsclieii  Vuiou ,    von    den  Vorbe- 
reitungen des  Bundes    bis    zum  Tode  Kaiser  Rudolfs  II 
(1598-1612).     Von  Moriz  Ritter,    Privatdocent  der 
beschichte  an  der  Universität  zu  München.  Erster  Band 
2.  fl.  36  kr.  =  1   Thir.  15  Ngr.  =  5  Fr.   40  Cts. 
•     M"  ^r^  Verfasser  standen  als  Mitglied    der  historischen  Kommission 
in  München  die  wichtigsten  archivalischen  Quellen  zur  Aufhellung  einer 
noch  wenig  bekannten  Periode  der  deutschen  Geschichte  zu  Gebote. 

»er    Aiitheil   der   Eidgenossen   au  der  europäi- 
.selien  Politik  in  den  Jahren  1512—1516.    Ein  histo- 
rischer Versuch  von  Dr.  phil.  Wilhelm  Gisi. 
2  fl.  =  1   Thlr.  6  Ngr.  =  4  Fr.  20. 


Ostafrikaniselie IStudien.  Von  Werner  Hunzinger. 
Mit  einer  Karte  von  Nord-Abvssinien  und  den  Ländern 
am  Mareb,  Barka  und  Anseba.  8.  6  fl.  =  3  Thlr 
18  Ngr.  =  12  Fr.  60  Cts.  Elegant  gebunden  6  fl.' 
40  kr.  =  4.  Thlr.  =  14  Fr. 


Die  Raben  des  heiligen  Meinrad.  Vortrag,  in  der 
Zürcher  antiquar.  Gesellschaft  gehalten  von  Eduard 
Osenbrüggen.     16  kr.  ^  5  Ngr.  =  50  Cts. 


Wanderstudien  aus  der  Sehweiz.    Von  Ed.  Osen- 
brüggen,   Professor  der  Rechtswissenschaft  und  Mit- 
glied des  schweizerischen  Alpenclubs. 
Erster  Band.    2  fl.  20  kr.  —  1  Thlr.  10  Ngr.  =  5  Fr. 

Inhalt:  I.  Entwicklungsgeschichte  des  Schweizerreisens.  II.  Die 
Ormontsthäler.  III.  Aus  dem  Bündnerlande.  IV.  Das  Maderanertlial. 
V.  Reichenau  und  Arenenberg.  VI.  Das  Entlebuch.  VII.  Die  Froburg. 
VIII.  Das  Kloster  Fischingen.  IX.  Am  Walensee.  X.  Die  Schweiz,  das 
Land  der  Gegensätze. 

Zw^eiter  Band.  ±  ^.  —  \  Thlr.  6  Ngr.  =  4  Fr. 

Inhalt:  I.  Stachelberg.  II.  Das  Muota-Thal.  III.  Kleine  Städte. 
IV.  Das  Münsterthal  und  Bormio.  V.  Die  Kyburg.  VI.  Die  Gebirgs- 
pfarrer.     VII.  Der  schweizerische  Alpenclub.     VIII.  Reisen  alter  Züricher. 

Dritter  Band.  3  fl.  =  1  Thlr.  6  Ngr.  —  4  Fr. 

Inhalt:  I.  Toggenburg.  II.  Im  Oberland  St.  Gallen.  III.  Ragaz. 
IV.  Obwalden.  V.  Am  Jura.  VI.  Rheinfelden.  VII.  Einsiedeln.  VIII.  Kleine 
Häuser  und  grosse  Männer.    IX.  Dozebabi. 


Oescliielite  der  fStadt  und  liandseliart  Bern  von 

E  d.  V  o  n  W  a  1 1  e  n  w  y  1  von  D  i  e  s  b  a  c  h.  I.  Bd.  Drei- 
zehntes Jahrhundert,  gr-  8.  1867.  fl.  4.  48.  Rthlr.  2. 
Ngr.  24.     Fr.  8.  — 


Früher  sind  erschienen  untl  im  Preise  bedeutend  herab- 
gesetzt worden: 

Osenbrüggen,  I>r.  Ed.,    Ji>.'S   alamauische   Straf  recht 

im  deutschen  Mittelalter,  gr.  8.  1860.  (fl.  3.  20.  Reichs- 
thaler 2.   Fr.  7.  20)  ä  fl.  2.  10,   Rthlr.  1.  7^2.  Fr.  5. 
—  —  Das  Strafrecht  der  Langobarden,  gr.  8.  1863.  (fl.  1. 
36.    Ngr.  28.   Fr.  3.  50)   ä   fl.  -  .  54.   Rthb.  -.  15. 

Fr.  2. 

Studien  zur  deutscheu  und  schweizerischen  Rechts- 
geschichte. 8.  1868  (fl.  4.  12.  Rthlr.  2.  15.  Fr.  8.  80) 
ä  fl.  3.  —  Rthlr.  1.  22^2.    Fr.  6.  40. 


Eine  Recension  über  die  „Studien  der  dentsehen  und 
schweizerischen  Rechtsgeschichte  von  E.  Osenbrüggen  sagt: 

Zu  einem  stattlichen  Bande  vereinigt,  überarbeitet  und  umgeformt, 
»wie  es  die  vermehrten  und  veränderten  Rechtsquellen  und  die  im  letzten 
Jahrzehend  aufgeblühte  Literatur  verlangten,»  werden  uns  die  in  ver- 
schiedenen Zeitschriften  zerstreuten  Abhandlungen  eines  der  geistvollster  '• 
und  scharfsinnigsten  Forscher  in  dem  weiten  Gebiete  der  deutschen 
Rechlsgeschichte  dargeboten.  Stoff  und  Inhalt  wird  am  besten  eine 
Aufzählung  der  Ueberschriften  charakterisiren : 

1.  Der    ethische    Factor    im    altdeutschen    Recht.      2.   Die    Gast- 
(Fremden-)  gerichte.     3.  Morgengabe  und  Abendgabe.     4.  Das  ius  primae 
noctis.     5.  Ein  Rebenweisthum.    6.  Die  bürgerliche  Ehre,  ihre  Entziehung 
und    Schmälerung.     7.  Die    Personificirung    der    Thiere.     8.  Die    Talion. 
9.  Das  Strafrecht  in  Kaiser  Ludwigs  Landrechtsbuch  von  1346.     10.  De 
Nachtschach  (nächtlicher  Angriff  und  Raub  oder  deren  Versuch).     11.  BU 
Theilnahme  am  Verbrechen.     12.  Schweizerische  Hochgerichtsordnungen. 
13.  Hans  Hotterer  (ein  die  Stadt  St.  Gallen  am  Ende  des  15.  Jahrhunderts 
mit    seinen   Gesellen  hart  bedrängender  Raubmörder).  '  14.  Der    Process 
gegen    einen    abwesenden    Todtschläger.      15.    Das    Bahrrecht.      16.    Die 
Ladung   in  das  Thal  Josaphat  (eine,    namentlich    von   solchen   die   sich 
ungerecht  verurtheilt  glaubten,  ausgesprochene  Verwünschung  der  Richter). 
17.    Die    Behandlung    der    Selbstmörder.     18.   Das    Ertränken    und    das 
Schwemmen.     19.  Das    Lebendigbegraben.     20.  Der    Brand    von    Zürich 
im  Jahre  1286.     21.  Gnade  bei  Rech*  (eine  vor  dem  Urtheil  vorgebrach'     ^ 
Bitte  von  Seiten  der  Geistlichkeit,       „  .-andtschaft  u.  s.  w.  um  Richte  '-^ 
nach  Gnade,   das  sich  meist  als  Ve    '^  ^  Uing  der  härtesten  oder  unehi 
lieh  machenden  Strafe  in  eine  mild'./.,''ll.rliche,    äussert).     22.  Das  Ab- 
trinken des  Friedens  (Beendigung  einer  Foindschaft  und  des  wegen  der- 
selben   gebotenen    besondern    Friedens    durch    Schmaus     und    Trunk). 

23.  Das  koblenberger  Gericht  in  Basel  (Sackträger  richteten  hier  über 
die  Injurien,  Schulden  und  Frevel  der  Scharfrichter,  Schinder,  fahrenden 
Frauen,  Bettler  und  Vagabunden :  derselbig  richter  muoss  alle  zeith,  so 
lange  er  zuo  gericht  sitzt,  es  sey  s^-^.nmer  oder  winter,  den  rechten  Schenkel  i 
bloss  in  einem  neuwen  ziber  mit  wasser  haben,  und  alle  und  iede  gerichts- 
tag  muoss  man  ime  ein  anderen  ziber  kauffen,  der  nie  broucht  wollen  1 
sey.     Die    anderen   6  richtei    sitzen    mit    dem    rechten    schenket    bloss).     ! 

24.  Der  letzte  Hexenprncess    (zu  Glarus  1782  —  das    durch  eine  Dienst-     ' 
magd  verhexte  Kind  des  Doctors  und  Fünferrichters  Tschudi  hatte  Steck- 
nadeln —  an  einem  Tage  über  hundert  —  ausge.spieen,  war  auch  sonst 
krank,   wurde    durch    die   Magd  geheilt;    »die  arme  Uebelthäterin»    aber 
doch  »als  eine  Vergifterin»  geköpft). 

Wenn  auch  die  meisten  dieser  Aufsätze  dem  Strafrecht  angehören, 
so  wird  doch  Niemand,  der  überhaupt  der  mittelalterlichen  Kultur  sein 
Interesse  zugewendet  hat,  die  »Studien»  aus  der  Hand  legen,  ohne  ihnen 
grossen  Genuss  und  reiche  Belehrung  zu  verdanken. 


Jede  einzelne  Abhandlung  der  Studien  der  deütsclieii  und  sclnvei- 
zerischeu  Eeclitsg'escliichte  weist  dieEigenthümlichkeiten  auf,  welche  man 
bei  dem  Verfasser  zu  finden  gewohnt  ist,  die  aber  zugleich  als  hohe  und 
seltene  Vorzüge  bezeichnet  werden  müssen:  vollste  Beherrschung  des  im- 
mensen, »von  der  Wassersäule  des  Geisers  bis  zu  den  Quellen  des  Rheins» 
zerstreuten  Materials,  welche  überall  grade  das  Schlagendste,  Treffendste 
unter  dem  innerlich  Verwandten  zur  Vergleichung  und  Erläuterung  her- 
beizuziehen gestattet;  gewissenhafteste  kritische  Forschung,  die  keine 
Einzelheit  vernachlässigt,  keine  Dunkelheit  übrig  zu  lassen  strebt;  edle, 
anmuthige  Form  der  Darstellung,  die  dem  Leser  zwar  Gang  und  Schwierig- 
keit der  Untersuchung  zum  Bewusstsein  bringt,  ihn  aber  leicht  und  sicher 
zu  den  Resultaten  hinführt. 

Die  Mehrzahl  der  hier  behandelten  Stoffe  ist  dazu  angelhan.  ge- 
wisse harte  und  rohe  Züge  des  mittelalterlichen  Rechtszustandes,  wie 
z.  B.  die  grosse  Mannigfaltigkeit  und  überaus  häufige  Anwendung  grau- 
samer Strafen,  dem  Leser  vorzugsweise  zum  BeAvusstsein  zu  bringen. 
Mit  Recht  hat  aber  doch  der  Verfasser  an  die  Spitze  der  Sammlung  den 
Vortrag  über  den  ethischen  Factor  im  altdeutschen  Recht  gestellt  und 
hier  nachgewiesen,  wie  sehr  in  Rechtsbildung  und  Rechtsübung  doch 
auch  die  Rücksicht  auf  bloss  sittliche  Pflichten  waltete,  wie  die  gemüth- 
liche,  rein  menschliche  Auffassung  in  vielen  Fällen  das  starre  Recht 
milderte.  So  erscheint  die  Treue  als  innerster  Kern  des  Lehnwesens; 
hundertfach  tritt  die  zarte  Rücksicht  auf  Frauen,  namentlich  Kind- 
hetterinnen,  Wittwen,  Waisen  und  Fremde  in  den  Rechtsquellen  uns 
entgegen;  eine  feinere,  meb"- moralische  Auffassung  führte  zur  Unter- 
scheidung ehrlicher  und  r  \  -her  Verbrechen,  die  auch  auf  die  Wirk- 
samkeit der  Asyle  Einfli  ^  ,.e,  zur  Anerkennung  einer  Beleidigung  des 
Verstorbenen,  dem  gegenüber  die  Einrede  der  Wahrheit  ausgeschlossen 
blieb  u.  s.  w. 


Früher  ist  erschienen: 

»er  I^auzelet   des   Ulrieli    von   Zatziklioveii   von 

Dr.  J.    Baechtold.     55  S.     Fr.    1.   50.     (Frauenfeld, 
J.  Huber  1870.) 


Terlaj  m  C.  Baaäer  in  Scliaffliaiisen. 

ISliiiiier.  ]>r.  J.  J., 

Handbucli 

des 

Sclnveizerisclioii  15uii<lcssta{itsreclites. 

Xwei    Uarulf. 

(Herabgesetzter  Preis  Fr.  10.  -  .  Eleg.  gebdn.  Fr.  12.  -  ). 

Es  ist  allseiliL:  auei  kaniit .  ilass  diese  Üarstelliing  des  schweizer. 
BunJeästaatsrechles  durcli  seltene  Gründlichkeit,  sowie  durch  Yollständig- 
keil  des  Inlialtes  allen  Anforderungen  genüge.  Als  erste  wissenscliaft- 
liche  Behandlung  des  Schweiz.  Staatsrechtes  seit  Entstehung  des  neuen 
Bundes  wird  sie  nicht  minder  das  Interesse  ausländischer  Staatsmänner 
und  Politiker  erwecken,  als  sie  schweizerischen  Beamten  und  Allen,  die 
sicli  üherhaupt  für  die  vaterländisclien  Einrichtungen  interessiren,  unent- 
behrlich ist. 

CASUISTIK  DES  CRIMINALRECHTS. 

Von 

Eduard  Oseiibrüggen. 

Herahgesetzter  Preis  il.  ±  —  P.thlr.  1.  7V-2.  Fr.  4.  20. 
In  2U0   wirklichen  Kechtsfäilen   liefert   dieses    Bucli    eine   Veran- 
schaulichung der  wichtigsten  Leliren  des  Strafrechts  und  kann  Studiren- 
den  als  praktisches  Lehrbuch,    angehenden  Praktikern  als  Wegweiser  in 
das  Gebiet  einer  wissenschaftlichen  Praxis  dienen. 


|)b  ^tl|uinr-0ürir|l0 


ni 

Strafsachen  und  bürgerltrlieit  HecJttsstfeitUjkeiteti. 

Gescliiclite  dersellien  in  Eiiglaiid,,  Fraiikreicli  und  DenlsclilaM, 

vom  wissenschaftlichen  Standpunkte,  mit  zahlreichen  Beispielen  aus  der 

englischen  Praxis  erläutert  von 

II.  £schci*, 

Professor  an  der  staatswisseuschat'tliclicu  Fakultät  der  Hoclisclmle  Zürich. 

Herabgesetzter  Preis  11.  —  54.  Hthlr.  —  15.  Fr.  2. 

Vergleichendes  Handbuch 

der 

^i  y  II1 1>  o  1  i  k    der    Freimaurerei, 

mit  l'cfoiulcrcr  iiückWit  mit  die  iHülfioiogiccii  iiiiil  JHijftcricii  des  iKtrdliuiiis 

von 

Dr.  J.  Schauberg 

in    Zürich. 

Dritte  iiiiveräiiderte  Ausgrabe. 

In  12  Lieferungen  ä  11.  1.  0.     Rthlr.  —  19V2.     Fr.  2.  25.     (Complet   in 
3  Bänden  fl.  13.  12.     Rthlr.  7.  24.     Fr.  28.  — .) 


ri^j^mr^QUBT   nOV  5    \98Z 


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